Die Kanadier halten Einzug bei Deutschlands erfolgreichster Warenhauskette Kaufhof. Liegen jetzt bald nur noch Pelzmützen, Holzfällerhemden und Ahornsirup in den Regalen? Natürlich nicht. Änderungen stehen nach der Übernahme durch die Hudson’s Bay Company (HBC) aus Toronto trotzdem bevor. Denn für den Kaufpreis von 2,825 Milliarden Euro werden die Kanadier einiges von ihrer Neuanschaffung erwarten. Die wichtigsten Antworten zum Kaufhof-Deal:
Was wurde alles verkauft?
Für gut 2,8 Milliarden Euro übernimmt Hudson’s Bay 103 deutsche Filialen von Galeria Kaufhof von der Metro Group - davon 59 in attraktiver Innenstadtlage. Zusätzlich gibt es 16 Sportarena-Filialen und 16 Kaufhäuser des belgischen Tochterunternehmens Galeria Inno.
Was hat HBC mit Kaufhof vor?
Der neue Kaufhof-Eigentümer setzt auf Wachstum. „Bigger is better“, tönte Don Watros, Präsident von HBC International nach Bekanntgabe des Deals. Die Kanadier wollen die Umsätze der Warenhauskette deutlich pushen. Dazu sollen zunächst nicht neue Geschäfte eröffnet, sondern die bestehenden stärker ausgelastet werden, erklärte HBC-Chef Richard Baker. Dazu setzt „The Bay“ auf Änderungen an den Filialen, beim Warenangebot und im Onlinehandel.
Das ist die Hudson's Bay Company
Die Hudson´s Bay Company ist Kanadas größtes Kaufhaus und gilt als ältestes Unternehmen Nordamerikas. Die Geschichte von HBC begann 1670, als Charles II von England der Company Eigentum über Land und Bodenschätze in Kanada übertrug. Der damals vollständige Name der Unternehmung: „The Governor and Company of Adventurers of England trading into Hudson´s Bay“.
Rund 200 Jahre kontrollierte HBC vor allem den lukrativen Handel mit Pelzen, dann kaufte Kanada der Gesellschaft die Rechte wieder ab. HBC änderte daraufhin die Ausrichtung, stieg in den Großhandel ein und versorgte Siedler. Auch in der Schifffahrt und im Handel mit Öl und Gas war HBC tätig, bevor sich die Gesellschaft in den 1990er Jahren wieder auf den klassischen Einzelhandel konzentrierte.
Die Hudson’s Bay Company fokussierte sich stets auf Aktivitäten in Kanada und Nordamerika - bis 1970 war ihr Sitz aber London.
Die Historie der HBC ist derart eng mit der Kanadas verknüpft, dass seine Chefs bis heute Gouverneure heißen. Heute hat diesen Posten der US-Amerikaner Richard Baker inne, der das Unternehmen 2008 erwarb. Baker gilt als strategischer und ehrgeiziger Konzernlenker
Schon vor der HBC-Übernahme hatte Baker 2006 amerikanisch Traditionskaufhauskette Lord & Taylor für knapp eine Milliarde Euro gekauft und das Geschäft durch Beleihung der Immobilien finanziert. Auch den vollständigen Kauf der Hudson’s Bay Company im Jahr 2008 finanzierte Baker hauptsächlich durch Schulden. Für rund 2,2 Milliarden Euro kaufte HBC 2013 schließlich die amerikanische Nobelkette Saks Fifth Avenue und deren Ableger OFF 5th. Erneut die entscheidende Geldquelle: beliehene Immobilien. 2015 machte der Konzern klar, in Zukunft auch außerhalb des nordamerikanischen Marktes wachsen zu wollen - durch Zukäufe wie Kaufhof. Neuestes Projekt ist die Einführung der Discount-Luxuskette Saks Off 5th in Deutschland.
Neben der namensgebenden Hudson’s Bay Company gehören zum HBC-Imperium eine ganze Reihe von Handelsunternehmen in Nordamerika. In Kanada ist es die Einrichtungshauskette Home Outfitters. In den USA hat HBC das Luxuskaufhaus Lord & Taylor, die Edelkaufhauskette Saks Fifth Avenue und deren Discount-Designer-Ableger Saks Fifth Avenue OFF 5th übernommen.
Als starkes Rückgrat der Hudson’s Bay Company gelten die Warenhausimmobilien im Besitz des Konzerns. Ihr Wert wird auf etwa 9,6 Milliarden kanadische Dollar geschätzt, rund 6,7 Milliarden Euro. Allein der Saks Fifth Avenue Flagship Store in New York soll mehr als drei Milliarden Euro wert sein.
Mit Saks Fifth Avenue, der Kernmarke Hudson's Bay, der Modekette Lord & Taylor und dem Haushaltswarenhändler Home Outfitters machte HBC zuletzt einen Umsatz von gut neun Milliarden Euro und rund 420 Millionen Euro Gewinn.
Der erste Laden der amerikanischen Luxux-Kaufhauskette wurde 1924 von Horace Saks zusammen mit einer Geschäftspartner auf der New Yorker 5th Avenue eröffnet. 1992 gründete das Unternehmen sein erstes Outletgeschäft in Pennsylvania. Als 1995 weitere Läden eröffnet werden sollten, wurde das Geschäft in Saks Off 5th umbenannt. 2013 übernahm HBC das Unternehmen. Im Jahr 2016 gab es weltweit 41 Fililalen von Saks Fifth Avenue und 117 von Saks Off 5th.
Am grundsätzlichen Warenhauskonzept wird also nicht gerüttelt?
Viele Handelsexperten haben bereits das Ende der Vollsortimenter vorausgesagt und prophezeien ein Filialsterben in den kommenden Jahren. Das sieht die HBC-Spitze anders. Das Warenhauskonzept sei unglaublich flexibel, ist sich HBC-CEO Jerry Storch sicher. „Es ist eine Box, in die man alles reinpacken kann“. Anders ausgedrückt: Große Häuser haben auch weiterhin eine Chance, wenn man nur die richtige Ware in die Regale legt.
Was haben die Kanadier mit den Filialen vor?
Aufhübschen. Das HBC-Management verkündete, das Einkaufserlebnis deutlich verbessern zu wollen. Geld soll in Optik und Ausstattung der Geschäfte gesteckt, Präsentations- und Verkaufsflächen aufgewertet werden.
Eine beruhigende Botschaft für Angestellte und Kunden: Erstmal sollen keine Filialen geschlossen werden. Diese Standortgarantie gilt für drei Jahre.
Die Top 10 Warenhausbetreiber Europa 2015
Unternehmen: Dunnes
Land: Großbritannien
Brutto-Außenumsatz (2013): 2.365 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 155
Verkaufsfläche: 293.113 m²
Quelle: Planet Retail - 9. Juni 2015
Unternehmen: Karstadt (ohne Karstadt Feinkost (Perfetto))
Land: Deutschland
Brutto-Außenumsatz (2013): 2.770 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 86
Verkaufsfläche: 1.263.254 m²
Unternehmen: Debenhams
Land: Großbritannien
Brutto-Außenumsatz (2013): 3.199 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 186
Verkaufsfläche: 1.264.607 m²
Unternehmen: Home Retail Group
Land: Großbritannien
Brutto-Außenumsatz (2013): 3.299 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 754
Verkaufsfläche: 544.533 m²
Unternehmen: Metro Group (nur Galeria Kaufhof (ohne Sport Arena und Dinea))
Land: Deutschland
Brutto-Außenumsatz (2013): 3.336 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 120
Verkaufsfläche: 1.298.820 m²
Unternehmen: Galeries Lafayette
Land: Frankreich
Brutto-Außenumsatz (2013): 3.604 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 64
Verkaufsfläche: 530.048 m²
Unternehmen: John Lewis
Land: Großbritannien
Brutto-Außenumsatz (2013): 3.764 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 41
Verkaufsfläche: 437.839 m²
Unternehmen: Casino
Land: Frankreich
Brutto-Außenumsatz (2013): 4.051 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 304
Verkaufsfläche: 546.700 m²
Unternehmen: El Corte Inglés
Land: Spanien
Brutto-Außenumsatz (2013): 9.531 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 88
Verkaufsfläche: 2.420.000 m²
Unternehmen: Marks & Spencer (ohne Spezialkonzepte)
Land: Großbritannien
Brutto-Außenumsatz (2013): 11.258 Mio. Euro
Anzahl Filialen: 387
Verkaufsfläche: 1.404.958 m²
Wird es Änderungen bei den angebotenen Marken geben?
Ziemlich sicher sogar. Die Hudson’s Bay Manager wurden nicht müde, die Bedeutung von Qualitätsprodukten zu betonen. Das Produktportfolio dürfte sich in Übereinstimmung mit dem Ladendesign in den kommenden Jahren in Richtung edel verschieben und einen noch stärkeren Schwerpunkt auf Bekleidung legen.
Zudem könnte die Produktlinie deutlich internationaler werden, wenn der Konzern amerikanische Marken auch in Deutschland verkauft und so Synergien nutzt. Unter anderem plant „The Bay“, edlere Mode von Saks Fifth Avenue und dessen Designer-Discount-Ableger OFF 5th in den Kaufhof-Filialen zu platzieren.
Das ist nicht die schlechteste Idee. Denn mit Textilien, die sonst nicht in Deutschland erhältlich sind, würde sich Kaufhof ein weiteres Alleinstellungsmerkmal erarbeiten. Auch bescheren Eigenmarken, vor allem im Mode-Sektor, Händlern regelmäßig höhere Margen als Ware von Markenherstellern - ein Segment, in dem sich bei Kaufhof zuletzt wenig tat. Kreationen wie Fabiani, Manguun oder Bob der Bär mag die Kundschaft noch kennen. Doch was sich hinter Labels wie Goldfish oder Moncara verbirgt, ist wohl selbst hartgesottenen Kaufhof-Fans ein Rätsel.