Ikeas neuer Konkurrent Wie Home24 die Schweden unter Druck setzt

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Probeliegen bald möglich

Doch Ikea genießt einen hohen Vertrauensvorsprung, die Kunden kennen die Möbelstücke genau. Auch Home24 setzt deshalb verstärkt auf eigene Marken. Zwölf Kollektionen hat das Unternehmen in nicht mal einem Jahr auf den Markt gebracht: Vom Schranksystem Smood bis zum Boxspring-Bett Kinx. Gerade erst hat Home24 deshalb den Konkurrenten FashionforHome übernommen, der früher ebenfalls zu einem Teil Rocket Internet gehörte. Mit günstigen Designermöbeln soll FashionforHome das Marken-Portfolio von Home24 noch erweitern.

Vielleicht ein noch größerer Vorteil sind jedoch die sieben Ladenräume, die FashionforHome im deutschsprachigen Raum betreibt. Der große Treiber für den Kauf seien die Showrooms nicht gewesen, beteuert Cipolla immer wieder. „Das ist eine spannende Möglichkeit. Wir können uns durchaus vorstellen, dort bald unsere Eigenmarken auszustellen.“ Dann könnten die Kunden die Boxspringbetten auch endlich Probe liegen, bevor sie es kaufen.

Dass einmal das Kinx-Bett so bekannt wird wie das Billy-Regal oder der Pax-Schrank ist eher unwahrscheinlich. „Um die Produkte wirklich bei den Konsumenten bekannt zu machen, müsste Home24 hohe Werbeinvestitionen vornehmen“, sagt Onlinehandels-Forscher Kai Hudetz. Für seine eigene Matratze Smood wirbt Home24 immerhin mit einem Fernseh-Spot, doch sonst fehlt es an großen Werbekampagnen.

Ein Blick hinter die Kulissen
Die Heimat von IkeaDer Geburtsort des Mythos: In unscheinbaren grauen Bürokästen im verschlafenen schwedischen Städtchen Älmhult residiert die Ikea-Zentrale. Von hier wird das globale Imperium mit knapp 150.00 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 29 Milliarden Euro minutiös gesteuert. So verspielt sich der Konzern nach außen hin gibt – hier wird nichts dem Zufall überlassen. Im Bild ist das Ikea Kulturzentrum, das im Keller auch ein kleines Museum beherbergt, das an die Anfänge des Konzerns erinnert. Im kommenden Jahr wird genau gegenüber ein neues großes Ikea-Museum eröffnet.Foto: Florian Kolf Quelle: Handelsblatt Online
Der Ikea-ChefDie Konzernführung tritt locker auf, alle sind per du, selbst Chef Peter Agnefjäll wird nie mit Krawatte gesehen. „Wir müssen verstehen, was die Wünsche der Kunden sind und wir müssen sie erfüllen“, gibt Agnefjäll die Richtung vor. Dazu werden aufwendige Kundenbefragungen in Auftrag gegeben, fast jeden Tag besuchen Researcher von Ikea gemeinsam mit Produktentwicklern Kunden in ihren Häusern und Wohnungen um ihre Gewohnheiten zu erforschen und so auf Ideen für neue Produkte zu kommen. Quelle: Ikea
Das EntwicklungszentrumIm Design-Center in der Konzernzentrale entstehen viele der Ideen für die rund 2000 Produkte, die jedes Jahr neu in die Kataloge aufgenommen werden. Im großen Aufenthaltsraum herrscht eine Atmosphäre fast wie bei einem Start-up.Foto: Florian Kolf Quelle: Handelsblatt Online
Prototypen-BauDie Entwicklung ist auf höchstem Standard, bereits seit 2003 nutzt Ikea auch 3D-Drucker. Hier das Modell eines Wasserhahns frisch aus dem Drucker. Die meisten Prototypen entstehen jedoch ganz traditionell in der Werkstatt mit handwerklichen Methoden aus Original-Werkstoffen.Foto: Florian Kolf Quelle: Handelsblatt Online
Die Arbeit der EntwicklerNeue Kollektionen entstehen in Kooperation aus internen oder externen Designern zusammen mit Produktentwicklern. James Futcher ist verantwortlich für die Weiterentwicklung der PS Kollektion für das Produktjahr 2017: "Wir entwickeln einen neuen Zugang zum Thema Komfort, wir wollen damit die junge Generation aus der Stadt erreichen." Unter den Ideen sind Decken im Stil von Schlafsäcken oder Sessel mit 3-D-Strick wie ihn zum Beispiel Nike für seine Turnschuhe verwendet.Foto: Florian Kolf Quelle: Handelsblatt Online
Die Kollektion von Katie EaryUm dem Programm einen Touch Avantgarde zu geben, arbeitet Ikea jetzt mit international bekannten Modedesignern zusammen. So hat die Herrenmodedesignerin Katie Eary eine farbenfrohe Kollektion mit Geschirr, Textilien und Notizbüchern entworfen, die unter dem Namen "Giltig" im März 2016 in die Möbelhäuser kommt.Foto: Florian Kolf Quelle: Handelsblatt Online
Designs aus IndienDer Designer Martin Bergström, der sonst Stoffmuster für Couture-Häuser in Paris entwirft, ist im Auftrag von Ikea nach Indien gereist, um dort mit Studenten des National Institute of Fashion Technology in Neu Delhi moderne indische Motive in schwarz-weiß zu entwickeln. Quelle: Ikea

Über 1200 Mitarbeiter hat das Start-up, der Großteil davon sitzt im Berliner Großraumbüro an langen Tischreihen und starrt auf die Computerbildschirme. Cipollas Büro liegt an der linken Seite des Raumes, er teilt es sich mit sieben anderen Kollegen. Tische, Laptops, an der Garderobe hängt zwischen den Jacken ein einzelnes Hemd. „Das teilen wir uns auch“, sagt Cipolla und lacht. Eine Reserve für wichtige Termine, wenn Liefranten kommen, oder Investoren.

Erst im Sommer sammelte Home24 bei seinen Investoren 120 Millionen Euro ein. Das Unternehmen ist damit fast eine Milliarde Euro wert, obwohl es weiter Verluste schreibt. Im ersten Halbjahr lag der Verlust mit 37,3 Millionen Euro sogar noch über dem des Vorjahreszeitraum. Spricht man ihn darauf an, Cipolla wiederholt das Mantra eines jeden Start-up- Unternehmers: Man müsse eine Balance finden zwischen Wachstum und Profitabilität. Home24 setzt weiter auf das Wachstum – und auf Angriff. „Ich habe keinen Zweifel, dass sich der Möbelhandel immer mehr von offline nach online verlagert“, sagt Cipolla. „Die Fahrt in die Vorstadt wird meiner Meinung nach in den kommenden Jahren der Vergangenheit angehören."

Vor Jahren schon hat Cipolla überlegt, seine Kunden mit eingeschweißten Hot Dogs zu jeder Lieferung zu überraschen, mit einer Karte dazu. „Damit fehlt auch der letzte Grund, zu Ikea zu gehen“, sollte drauf stehen. Viel schlechter als dort hätten die Hot Dogs auch nicht sein können, scherzt Cipolla. „Aber wir haben die Idee schnell wieder verworfen."

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