Image-Gau für United Airlines Flugticket, na und?

United Airlines hat einen Passagier mit Gewalt aus einem überbuchten Flieger zerren lassen. Der Protest ist groß. Dabei sind Überbuchungen bei Fluggesellschaften die Regel. Wer gefährdet ist, am Boden bleiben zu müssen.

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Eine Maschine von United Airlines: Auch die US-Fluggesellschaft preist Überbuchungen in ihr Geschäftsmodell ein. Quelle: dpa

United Airlines hat einen Passagier gewaltsam aus einem überbuchten Flieger zerren lassen. Dieser Vorfall wirft die Frage auf: Was dürfen Fluggesellschaften? Überbuchungen vor allem von Inlandsflügen stehen in den USA an der Tagesordnung. Die Fluggesellschaften sichern sich schon beim Ticketkauf die Möglichkeit, ihre zahlenden Gäste nicht mitzunehmen. Einmal das Häkchen bei „Ich akzeptiere die Geschäftsbedingungen“ gesetzt, akzeptiert der Passagier den dahinter liegenden zig Seiten langen Vertrag.

Um möglichst viel Profit aus der Strecke zu schlagen, verkaufen Airlines oft mehr Tickets als tatsächlich Plätze an Bord sind. Dazu nutzen sie einen Algorithmus. Der kalkuliert aus Erfahrungswerten, wie wahrscheinlich es ist, dass Kunden ihren Flug canceln, nicht antreten oder zu spät kommen. Die mathematische Formel geht allerdings nicht immer auf. Vor allem zu beliebten Reisezeiten wie den Osterferien kommt es daher oft zu Chaos an Flughäfen.

Bei dem jüngsten United-Airlines-Flug 3411 von Chicago nach Louisville war das Problem nicht das Überbuchen, obwohl die Fluggesellschaft das zunächst behauptet hatte. Stattdessen ging es darum, eine Crew für einen anderen Flug nach Louisville zu fliegen, um sie dort einzusetzen. Aber die Regeln, die in diesem Fall angewendet wurden, sind die gleichen. Und sie ähneln sich unter den Fluggesellschaften.

 

Erst bieten die Airlines Geld, Gutscheine für Übernachtungen oder First-Class Upgrades für den nächsten Flug oder Geld an, damit die Kunden freiwillig ihren Platz freigeben. Wenn sich nicht genügend Freiwillige finden, kann die Airline einfach allen noch wartenden Gästen den Zutritt zum Flieger verweigern.

Das passiert allerdings äußerst selten. Laut der jährlichen Studie zur Qualität der Fluggesellschaften Airline Quality Rating (AQR) der Wichita State University und der Embry-Riddle-University lag die Quote der Gäste, die gegen ihren Willen am Boden blieben, im vergangenen Jahr bei 0,62 pro 10.000 Gäste. Im Vorjahr waren es noch 0,76 pro 10.000 Passagiere. Das besondere Problem beim Flug 3411 war, dass die Gäste schon alle an Bord waren. Jemandem den Zutritt zu verwehren, ist einfacher als jemanden wieder hinauszubefördern.

Wie werden diejenigen ausgewählt, die gegen ihren Willen am Boden bleiben müssen? Das richtet sich laut United-Airlines-Vertrag nach verschiedenen Kriterien: Dazu zählt die Buchungsklasse – also wieviel Geld der Passagier für das Ticket bezahlt hat. Aber es zählt auch sein Vielflieger-Status, wie früh der Kunde beim Check-In war, und ob er noch einen Weiterflug hat. Außerdem werden Familien mit Kindern und Menschen mit Behinderungen grundsätzlich nicht gegen ihren Willen am Boden gehalten. Wer also gerne Fluggesellschaften wechselt, immer mit Schnäppchen fliegt und auf den letzten Drücker alleine zum Flughafen kommt, riskiert am meisten.


Wie sieht die Rechtslage in der EU aus?

In der EU ist die Rechtslage vor allem durch die Verordnung 261/2004 geregelt. Danach gilt folgendes: Übersteigt die Zahl der Fluggäste die Zahl der verfügbaren Sitze, muss die Fluggesellschaft zunächst feststellen, ob Passagiere bereit sind, ihre Plätze gegen vereinbarte Entschädigungen aufzugeben. Dabei müssen sie zwischen der Erstattung des Ticketpreises – notfalls ein kostenloser Rückflug zum Abflugort – oder einer anderen Beförderung zum Zielort wählen können. Stellen sie ihren Platz nicht freiwillig zur Verfügung, muss ihnen die Airline folgende Entschädigung leisten:

  • 250 Euro bei Flügen unter 1.500 Kilometer
  • 400 Euro bei längeren Flügen innerhalb der EU und anderen Flügen zwischen 1.500 und 3.500 Kilometer
  • 600 Euro bei Flügen über 3.500 Kilometer außerhalb der EU

Die Entschädigung kann nur die Hälfte betragen, wenn sich die Reise, je nach Entfernung, nicht länger als zwei, drei oder vier Stunden verzögert. Der internationale Dienstleister für die Rechte von Fluggästen, „refund.me“, rechnet allein in Deutschland über die Osterfeiertage mit mehr als 500 überbuchten oder massiv verspäteten Flügen. In Europa könnten es mehrere tausend Flüge sein. 

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