Industriellen-Clans Pudding, Persil und Patriarchen

Kaum Skandale, keine Zockereien, gelungene Nachfolge: drei Beispiele für erfolgreiche Familienclans.

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August Oetker Quelle: dpa

Am liebsten las der alte Patriarch Rudolf-August Oetker in der Zeitung Berichte über Fehden in anderen Familienunternehmen: über Neid und Missgunst bei den Bahlsens, den Porsches oder dem Tchibo-Clan Herz.

Der Pudding-Unternehmer ließ die Artikel von seiner Sekretärin kopieren und kritzelte Anmerkungen an den Rand. Sodann gingen sie an seine Kinder August, Rosely oder Richard, der seit 2010 dem Oetker-Clan vorsteht und das gleichnamige Bielefelder Unternehmen führt.

Die Abschreckung zeigte Wirkung. Die Oetker-Geschwister praktizieren, zumindest für Außenstehende, eine ungewöhnliche Harmonie. Und das, obwohl das ostwestfälische Imperium mindestens so viel Konfliktstoff hergibt wie das Haniel-Reich.

Auch bei Oetker ist die Zahl der Eigentümer groß, acht Familienstämme halten die Anteile an dem weit über 100 Jahre alten Unternehmen mit 25 000 Beschäftigten und mehr als neun Milliarden Euro Umsatz.

Das Firmenportfolio enthält sechs Sparten, über deren Sinn und Ausrichtung sich noch mehr als bei Haniel streiten ließe: Lebensmittel (Dr.Oetker), Sekt (Henkell & Co.), Bier (Radeberger), Containerschifffahrt (Hamburg Süd), das Bankhaus Lampe und Randbereiche wie Chemiefabriken und Luxushotels.

Ausschüttung quasi garantiert

Dass sich die Oetkers über das zusammengewürfelte Sammelsurium ohne großartige Synergien nicht zerstreiten, könnte einen ganz pragmatischen Grund haben.

Das Imperium steht für die gelungene totale Diversifikation des Familienvermögens – Ausschüttungen quasi garantiert: Wird in einem Jahr weniger Bier getrunken, fahren eventuell mehr Schiffe, backen Hausfrauen und -männer mal weniger Kuchen, landen vielleicht mehr Fertigpizzen im Ofen.

Das verhindert dramatische Umsatzeinbrüche und sorgt für Ruhe bei den Gewinnempfängern. Auch das Risiko, dass ein übermütiges Clan-Mitglied das Gesamtwerk gefährden könnte, ist überschaubar. Die sechs Sparten werden jeweils von einem Manager geführt, nur einer von ihnen trägt den Namen Oetker, eben Richard Oetker.

Dazu bewiesen die Oetkers bisher eine glückliche Hand bei der Nachfolgesuche. Stets fand sich ein geeigneter Oetker, und kein Oetker klammerte am Chefsessel.

Sauber aufgeteilt

Quandt-Erbin Susanne Klatten Quelle: AP

Auch wenn die Oetkers sich ostwestfälisch verschlossen geben, von der Familie Quandt könnten sie sich noch eine Scheibe abschneiden. An der fällt vor allem eines auf: ihre Unauffälligkeit. Abgesehen vom Herbert-Quandt-Journalistenpreis, tauchen die Clan-Mitglieder freiwillig so gut wie nie in den Medien auf.

Die 85-jährige Patriarchin Johanna Quandt ist Deutschlands zweitreichste Frau mit einem geschätzten Vermögen von über sieben Milliarden Euro und muss sich nur ihrer Tochter Susanne Klatten geschlagen geben: Deren Vermögen wird auf auf knapp elf Milliarden Euro taxiert.

Die Geschichte der Quandts
Die Anfänge Quelle: Aus: Joachim Scholtyseck: Der Aufstieg der Quandts
Erster Weltkrieg Quelle: Aus: Joachim Scholtyseck: Der Aufstieg der Quandts
Luftrüstung Quelle: Aus: Joachim Scholtyseck: Der Aufstieg der Quandts
NS-Regime Quelle: Aus: Joachim Scholtyseck: Der Aufstieg der Quandts
Zwangsarbeit Quelle: Privat, aus: Joachim Scholtyseck: Der Aufstieg der Quandts
Nachkriegszeit Quelle: Aus: Joachim Scholtyseck: Der Aufstieg der Quandts
Eine Generation weiter Quelle: Aus: Joachim Scholtyseck: Der Aufstieg der Quandts

Jedem Kind sein Unternehmen

Sohn Stefan Quandt kommt angeblich auf acht Milliarden Euro. Ein Grund für die geräuschlose Quandt’sche Vermögensanhäufung: Herbert Quandt, der verstorbene Ehemann von Johanna, teilte sein Konglomerat sauber unter den Kindern auf und gab damit jedem Kind ein eigenes Betätigungsfeld.

Sven bekam den Batteriekonzern Varta, der allerdings Ende der Neunzigerjahre zerschlagen wurde. Susanne erhielt den Chemiekonzern Altana, der teilweise versilbert wurde.

Sie ist unter anderem als Großaktionärin bei BMW, beim Windradbauer Nordex und beim Carbonhersteller SGL beteiligt.

Quandt-Sohn Stefan erhielt den größten Teil der BMW-Anteile. Zusammen mit ihrer Mutter sind sie die einzigen Mitglieder der Familie, die aktiv ihr Erbe verwalten. Die anderen Erben lassen ihr Vermögen verwalten und mischen sich in strategische Entscheidungen nicht ein.

Ein Stamm - eine Stimme

Henkel-Erbin Simone Bagel-Trah Quelle: dpa

„Bei uns gilt seit jeher: Die Firma geht vor Familie.“ Das sagt Simone Bagel-Trah, Chefin des Gesellschafterausschusses des Düsseldorfer Waschmittel-, Klebstoff- und Kosmetikriesen Henkel. Die Clan-Chefin ist die Ururenkelin von Fritz Henkel, dem Gründer des gleichnamigen Konzerns.

1930 vermachte er seinen Söhnen Hugo und Fritz jeweils 40 Prozent am Unternehmen, Tochter Emmy erhielt 20 Prozent. Bis heute sind das die drei Stämme der Familie mit rund 150 Personen, die die Mehrheit der Stammaktien halten. Bei Abstimmungen innerhalb der Familie hat jeder Stamm nur eine Stimme.

Mit 14 auf Unternehmerfreizeit

Das verhindert ein Patt und zwingt die Familienmitglieder innerhalb der Stämme zur Disziplinierung. Seit 1985, mit einer Verlängerung im Jahr 1996, sind rund 51 Prozent der Stammaktien in einem Aktienbindungsvertrag gepoolt. Frühestens 2016 besteht die theoretische Möglichkeit auszutreten.

Damit ihnen der 48 000-Mitarbeiter-Konzern nicht als anonymes Investment erscheint, werden Henkel-Erben ab 14 Jahren mit Werksführungen und gemeinsamen Ferien ans Unternehmen herangeführt – damit Pattex und Persil den Clan auch nach mehr als 130 Jahren weiter zusammenhalten.

Wie gut der Kleber hält, wird sich 2012 zeigen. Dann will Henkel-Chef Kasper Rorsted die versprochene Gewinnmarge von 14 Prozent abliefern – ein Ziel, an das einige Analysten im frostigen Wirtschaftsklima nicht mehr glauben.

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