Insolvenzen Auferstehung mit Hindernissen

Die Reform des Insolvenzrechts sollte zum Sanierungsturbo für klamme Unternehmen werden. Doch exklusive Daten zeigen: Die Bilanz der ersten Monate fällt ernüchternd aus.

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Unternehmer Karl-Heinrich Thiele Quelle: Michael Löwa für WirtschaftsWoche

Karl-Heinrich Thiele wird den sonnigen Frühlingstag im März 2012 nie vergessen. Sein Steuerberater hatte ihm offenbart, dass sein Unternehmen am Ende war. Seit sechs Jahren führte Thiele Karlshütte. Sein Großvater hatte die Gießerei, die Pumpenteile, Zylinderköpfe oder Zahnräder für die Industrie herstellt,1949 gegründet. "Ich will doch nicht derjenige sein, der nach drei Generationen den Betrieb zumacht", sagte er sich.

Der Steuerberater hatte einen Trost für Thiele: ESUG. Das Kürzel steht für das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, das wenige Wochen später in Kraft trat. Kern der Reform: Unternehmer, die rechtzeitig Hilfe suchen, erhalten mehr Einfluss auf den Verlauf des Insolvenzverfahrens, können vor Gläubigerforderungen unter einen Schutzschirm fliehen und ihre Firma im besten Fall selbst aus der Krise steuern.

Erfolgreiche Sanierung durch Eigenverwaltung

Unterstützt von Sanierungsberater Jochen Vogel aus der Düsseldorfer Kanzlei Buchalik Brömmekamp, macht Thiele als einer der Ersten Gebrauch von den ESUG-Möglichkeiten. Anders als beim regulären Insolvenzverfahren konnte Thiele und nicht ein vom Gericht eingesetzter Insolvenzverwalter weiter die Geschäfte führen. Heute ist Karlshütte erfolgreich saniert.

Seit Frühjahr vermelden gestrauchelte Unternehmen im Wochentakt, dass sie das Schutzschirmverfahren durchlaufen oder sich per Eigenverwaltung sanieren wollen. Unter ihnen fanden sich prominente Namen wie die Schuhkette Leiser, die Nachrichtenagentur dapd oder die Solarunternehmen Solarwatt und Sovello.

Doch ist eine solche Sanierung in Eigenregie überhaupt die richtige Lösung? Oder werden Pleitekandidaten durch das ESUG nur ein paar Monate länger am Leben erhalten – zur Freude des Geschäftsführers und zulasten der Gläubiger?

Bisher 26 erfolgreiche Fälle

Zehn Monate nach dem ESUG-Start liegt der WirtschaftsWoche exklusiv eine erste Leistungsbilanz des neuen Insolvenzrechts vor. Die Experten der Online-Plattform Insolvenz-Portal haben dafür die Veröffentlichungen deutscher Amtsgerichte zu Firmenpleiten ausgewertet. Das Resultat: 124 Mal beantragten Unternehmen 2012 Schutzschirm- oder Eigenverwaltungsverfahren. 26 Fälle wurden erfolgreich abgeschlossen oder stehen kurz vor dem Finale. 29 ESUG-Fälle wurden in reguläre Insolvenzverfahren überführt. In den übrigen Verfahren ist der Ausgang noch offen.

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