Iran Nach dem Ende des Atomstreits fehlt noch der Schwung

Vor einem Jahr legte der Westen den Atomstreit mit Teheran bei. Die Hoffnungen deutscher Unternehmen auf Milliardengeschäfte im Iran waren groß. Doch noch immer gibt es Hürden.

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Nach dem Ende des Atomstreits fehlt noch der Schwung Quelle: REUTERS

Den Hotelkonzern Steigenberger zieht es in den Iran, Airbus hofft auf den Abschluss eines Großauftrags und Lufthansa fliegt wieder Nonstop von München nach Teheran: Ein Jahr nach dem Ende des Atomstreits geht es voran - allerdings nur in Trippelschritten. „Die Wirtschaftsbeziehungen haben großes Potenzial. Allerdings können wir dieses nur dann wirklich realisieren, wenn die Probleme bei der Finanzierung endgültig gelöst sind“, sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.

Zwar können deutsche Unternehmen ihre Iran-Geschäfte inzwischen mit Exportgarantien des Bundes absichern, nachdem Teheran Altschulden bei sogenannten Hermes-Bürgschaften bezahlt hat. Bei den Bürgschaften springt der deutsche Staat ein, wenn ein ausländischer Partner eines deutschen Unternehmens nicht zahlt. Die Unternehmen könnten die Hermes-Deckung faktisch aber nicht nutzen, wenn die Banken die Geschäfte nicht begleiten würden, sagt der Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbandes (VDMA), Thilo Brodtmann. „Abgesehen von einigen technischen Detailfragen sind unsere größte Sorge die fehlenden Bankverbindungen.“

Viele europäische und deutsche Großbanken mit USA-Geschäft schrecken vor Krediten bei Iran-Geschäften zurück, weil noch einige US-Sanktionen in Kraft sind. „Es gibt noch keine Rechtssicherheit für die Institute“, argumentiert der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes BdB, Michael Kemmer. Zudem habe der Iran internationale Vorgaben im Bereich der Geldwäsche noch nicht umgesetzt. Auch die iranische Großbestellung von 118 Airbus-Flugzeugen liegt wegen nicht geklärter Finanzierung auf Eis. Wegen der Probleme mit europäischen Banken könne man das Geld nicht überweisen, sagte Irans Transportminister Abbas Achundi jüngst.

„Geldverkehr mit dem Iran wird von den USA bisher drastisch geahndet, daran haben sich einige die Finger verbrannt. Deshalb warten alle auf die Amerikaner, hier den ersten Schritt zu tun“, erläutert der Chefvolkswirt des Kreditversicherers Euler Hermes, Ludovic Subran. Zwar gebe zahlreiche Verhandlungen zwischen deutschen und iranischen Unternehmen, Geschäfte in größerem Umfang seien bisher jedoch nicht bekannt. „Die Kontakte in den Iran haben seit vergangenen Herbst deutlich zugenommen, aber die Umsetzung ist weiterhin schwierig. Es macht sich zunehmend Ernüchterung breit“, sagt VDMA-Außenwirtschaftsexperte Klaus Friedrich. Dabei ist „das Interesse deutscher Unternehmen an Investitionen im Iran ist riesig“, wie Treier berichtet. In den Startlöchern stünden nicht nur Großunternehmen, sondern auch viele Mittelständler. Unter anderem Maschinenbau, Fahrzeugbau, Baustoffe, erneuerbare Energien und Gesundheitswirtschaft könnten von dem Nachholbedarf des Landes profitieren.

Nach dem Inkrafttreten des im Sommer geschlossenen Atomabkommens Anfang 2016 öffnete sich ein jahrelang abgeschotteter Markt mit 80 Millionen Menschen. Die deutsche Wirtschaft hofft, dass ihre Exporte in den Iran innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre wieder ein Volumen von fünf Milliarden Euro erreichen. In fünf bis sieben Jahren sind sogar um die zehn Milliarden möglich - dies würde den Iran in die Top 25 der deutschen Exportrangliste hieven, so der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Die Unternehmen hoffen dabei, an die guten Beziehungen der Vergangenheit anknüpfen zu können.

In den 1970er Jahren war der Iran laut DIHK für die deutsche Wirtschaft der zweitwichtigste Exportmarkt außerhalb Europas hinter den USA. Dann schrumpfte die Bedeutung stetig: 2005 vor den Sanktionen habe das Land Waren „Made in Germany“ im Wert von 4,4 Milliarden Euro importiert. 2015 waren es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes noch knapp 2,1 Milliarden - Rang 55 auf der Liste der deutschen Exportmärkte. Immerhin: Von Januar bis April 2016 stieg der deutsch-iranische Außenhandel dem DIHK zufolge gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 7 Prozent auf 807 Millionen Euro. Deutschland lieferte dabei Waren im Wert von 689 Millionen Euro (plus 11 Prozent). Trotz politischer Spannungen in der Region, ungelöster Finanzierungsfragen und bürokratischer Hürden wird der Iran nach Einschätzung Subrans „langfristig ein sehr interessanter Markt werden, gerade auch für deutsche Exporteure“.

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