Jeff Bezos und Donald Trump Was hinter den 100.000 Amazon-Jobs steckt

Amazon will in den USA 100.000 feste Stellen schaffen. Jeff Bezos, im Wahlkampf noch mit Donald Trump über Kreuz, liefert dem neuen US-Präsidenten so eine Steilvorlage. Doch einige Experten sehen das Manöver kritisch.

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Der weltgrößte Online-Händler will mehr als 100 000 neue Arbeitsplätze in den USA schaffen. Quelle: AP

New York Amazon will in den USA 100.000 neue Stellen schaffen. Gesucht werde alles - von Software-Entwicklern bis zu Lagerarbeitern -, teilte der US-Einzelhändler am Donnerstag mit. Die Zahl der Vollzeitkräfte werde damit in den kommenden 18 Monaten um mehr als die Hälfte auf über 280.000 steigen. Amazon nimmt gegenwärtig Geld für den Bau neuer Lager in die Hand, um die Transportzeiten möglichst gering zu halten.

Dass so viele neue Stellen geschaffen werden, ist angesichts der jüngsten Vorstöße von Amazon nicht außergewöhnlich. Schließlich stößt der Online-Riese immer weiter in so unterschiedliche Branchen wie Einzelhandel, Hardware, Video, Mode oder Cloud-Computing vor.

Ein Sprecher von Donald Trump sagte, die Ankündigung sei auch auf die Politik des künftigen US-Präsidenten zurückzuführen. „Es ist eine sehr mächtige Schlagzeile, und das Timing lässt Trump definitiv gut aussehen“, sagt Ivan Feinseth, Analyst bei Tigress Financial Partners. „Das wird in den ersten anderthalb Jahren seiner Präsidentschaft passieren. Jeff Bezos hätte ihm das nicht besser servieren können.“

Trump und Amazon-Gründer Jeff Bezos hatten sich im Wahlkampf gegenseitig schwere Vorwürfe gemacht. Bezos hatte gescherzt, er werde den republikanischen Kandidaten mit einer seiner Raketen zum Mond schicken. Trump wiederum hatte Amazon bezichtigt, nicht genug Steuern in den USA zu zahlen. Außerdem benutze Bezos seine Zeitung „Washington Post“, um Politiker in Sachen Steuern zu beeinflussen. Doch nach der Wahl hatte der Milliardär bereits auf Twitter erklärt: „Ich für meine Person werde ihm unvoreingenommen gegenübertreten.“

Bezos gehörte auch zu den Chefs von Technikkonzernen, die sich im Dezember mit Trump in New York getroffen hatten. Der designierte Präsident hatte die Manager aus dem Silicon Valley aufgefordert, Arbeitsplätze und Fertigungsstätten im Land zu behalten. Seitdem haben zahlreiche Konzerne von IBM über Ford bis Alibaba massive Neueinstellungen angekündigt. In vielen Fällen handelte es sich dabei aber um bereits angekündigte Pläne.

Die neuen Jobs bei Amazon seien „für Menschen im ganzen Land und mit jedem Niveau an Erfahrungen, Bildung und Kenntnissen – von Ingenieuren und Entwicklern bis zu Neueinsteigern“, erklärte Amazon. Außerdem würden durch Geschäftsfelder wie Marketplace oder Amazon Flex hunderttausende Arbeitsplätze für selbstständige Kleinunternehmer geschaffen.


Unter dem Strich vernichtet Amazon-Jobs

Laut Analyst Feinseth sind die Neueinstellungen mehr als nur ein politisches Manöver. „Es ist ein gutes Unternehmen, das in einem Bereich Leute einstellt, in dem viele Tech-Konzerne eher Jobs auslagern“, sagt er. „Das ist sehr positiv, egal ob es politisch motiviert ist. Es sind immer noch 100.000 Menschen mehr in den USA.“

Die neuesten verfügbaren Zahlen für Neueinstellungen bei Amazon stammen aus dem Jahr 2015. Damals schuf der weltgrößte Online-Händler weltweit rund 6.400 Arbeitsplätze im Monat. Daraus lässt sich schließen, dass ein guter Teil der nun angekündigten Jobs ohnehin entstanden wäre.

Außerdem könnte die Offensive der US-Wirtschaft weniger nutzen, als es auf den ersten Blick scheint. Analysten argumentieren, dass Amazon unter dem Strich mehr Arbeitsplätze vernichtet als schafft, weil durch den Vormarsch des Online-Riesen Stellen im stationären Einzelhandel verloren gingen. Kritiker bemängeln zudem, dass Amazon beim Bau von neuen Lagern Steuererleichterungen und andere Subventionen kassiert habe, die ihr Geld nicht wert waren. Denn dort werden vor allem gering bezahlte und oft befristete Jobs geschaffen.

Josh Olson, Analyst bei Edward Jones, sagt, dass der Schritt von Amazon ein gefährliches Signal aussenden könne. „Es ist merkwürdig, dass die größten und erfolgreichsten US-Konzerne sich vor einem republikanischen Präsidenten verbeugen müssen, wenn die Partei traditionell unternehmensfreundlich ist“, sagt er. „Ich glaube nicht, dass das langfristig ein gesundes Klima ist, wenn ein Präsident öffentlich Firmen an den Pranger stellt.“

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