Johannes Neckermann "Der Name Neckermann zieht doch noch immer"

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Gravierende Fehler


Ihre Familie hat Neckermann in den Siebziger Jahren an Karstadt verkauft. Da sollte die Finanzierung doch kein Problem sein. 

Wir haben damals fast alles verloren, das Unternehmen stand ja auf der Kippe. Sicherlich hatten wir noch genug Geld zum Leben, aber die Millionen waren fort. Ich musste meinen Lebensstil ändern und war dann Angestellter bei Neckermann. Das persönliche Kapital war weg und wir mussten uns einschränken. Zum Glück hatten wir keine Schulden. Wenn uns damals noch Hypotheken oder Kredite belastet hätten, wäre alles sehr viel schwieriger geworden – auch der Neuanafang in den USA.

Was ist damals schief gelaufen bei Neckermann?

Es wurde ein gravierender Fehler gemacht: Wir sind durch einen Jubiläumsverkauf ins Minus gerutscht. Wir haben zehn Prozent Rabatt auf alles gegeben, die Nachfrage war enorm. Zugleich hatte der Einkauf aber nicht richtig mitgezogen. Kurz: Wir hatten die von den Kunden bestellte Ware nicht  auf Lager und mussten teuer nachordern. Da sind einige Millionen Mark den Bach runter gegangen. Nach heutigem Stand war es gar nicht so viel. Aber uns hat es das Genick gebrochen, zumal sich der Übernahmeprozess durch Karstadt hinzog und das Bundeskartellamt sehr lange prüfte. Unsere Kunden bestellten in der Folge entsprechend vorsichtig. Dadurch sind dann die wirklichen Verluste aufgelaufen.

Der Niedergang von Neckermann.de

Wie unterscheidet sich die damalige Situation von der heutigen?

Mein Vater hatte alles daran gesetzt das Unternehmen zu retten und ohne große Entlassungen durch die Krise zu kommen und dabei auch persönliches Vermögen verloren. Viele Mitarbeiter haben sich umso stärker mit Neckermann identifiziert – das war die eigentliche Stärke des Unternehmens. Das hat sich bis in die heutigen Tage bei vielen Mitarbeitern gehalten. Ich arbeite für Neckermann, ich bin ein Neckermann. Insofern tut mir die Entwicklung ganz besonders leid.  Auf der anderen Seite muss man auch einsehen, dass es keinen Sinn hat, ein Unternehmen so weiterlaufen zu lassen, wenn es wirtschaftlich keinen Erfolg hat.

Wenige Jahre nach dem Verkauf sind Sie in die USA ausgewandert. Was läuft dort anders?

In den USA ist eine Pleite nichts Besonderes, sondern gehört zum Geschäftsalltag dazu. Die Insolvenz ist hier nichts, worüber man sich schämen muss. Wenn in Deutschland jemand eine Pleite hinlegt, dann muss er sich ins Mauseloch verkriechen und darf nie mehr rauskommen. So war es zumindest lange Zeit. Scheitern galt als Schande. In den USA ist mit Donald Trump einer der größten Pleitiers zugleich einer der prominentesten Unternehmer – das zeigt das andere Extrem.

Was würden Sie einem Investor empfehlen, der Interesse an Neckermann hat?

Ich glaube, auf den gedruckten Katalog muss das Unternehmen verzichten. Da führt kein Weg dran vorbei.

Vergrault man damit nicht Stammkunden wie Sie, die noch immer gerne im Katalog blättern?

Ich vertrete zwar tatsächlich noch die Kataloggeneration. Aber schon meine Kinder zählen zur Internetgeneration, die können mit Katalogen nichts mehr anfangen. Meine Enkel erst recht nicht. Es gibt noch die Spezialversender, die Kataloge brauchen, aber für Universalisten wie Neckermann ist das Kataloggeschäft ein Auslaufmodell.

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