Reiten die Spezialröster bloß aus wirtschaftlichen Gründen auf der aktuellen Fairtrade-Welle mit? „Man kann den Unternehmern natürlich nicht in ihre Köpfe hineingucken“, sagt Experte Schäfer. „Aber Unternehmer haben nun mal die Aufgabe, Bedarfe in der Gesellschaft aufzunehmen und dementsprechend Produkte anzubieten.“ Angesprochen werde ganz bewusst eine kaufkräftige Kundschaft, nicht die breite Masse. Kaffeehaus-Inhaber Hagen sagt, seinen Kunden sei bewusst, dass guter Kaffee aus nachhaltigem Anbau auch etwas kosten könne. Es gehe eben nicht um „billig, billig, billig“ wie beim Discounter.
Das Kaffeehaus Hagen zählt mit 60 Mitarbeitern zu den Etablierten in der Nischenbranche. Die Kölner Kaffeemanufaktur hingegen steckt noch in den Anfängen. Chef Georg Hempsch hat seinen Vier-Mann-Betrieb erst vor einem halben Jahr aufgemacht, der 41-Jährige hatte zuvor lange bei einem großen italienischen Pasta-Fabrikanten gearbeitet.
Das Marktpotenzial für regional geröstete Kaffeebohnen sei groß, sagt Hempsch und vergleicht das mit dem Bio-Boom vergangener Jahrzehnte. „Regionalität und Heimatgefühl werden in der globalisierten Welt immer wichtiger“, sagt Hempsch. „Wir sind ein Kölner Betrieb, der auf Köln setzt - dass uns in Düsseldorf niemand kauft, ist eh klar.“
Günstig ist die Kaffeeherstellung hier nicht, ein halbes Pfund kostet etwa sieben Euro. In einer ähnlichen Preisklasse liegt die Rösterei Cross Coffee in Bremen. Oliver Kriegsch gründete das Geschäft 2013, er machte sein Hobby damit zum Beruf. Sowohl der Hanseat Kriegsch als auch der Rheinländer Hempsch sind noch in den roten Zahlen. Zum Leben reiche es bsiher nicht, aber es gehe aufwärts, sagen sie.
Beide sprechen mit großer Begeisterung vom Geschäft. Wie Wein entfalte Kaffee unzählige Aromen, erklärt Kriegsch und beschreibt dann einen Schluck Kaffee wie folgt: „Der hat wenig Körper, eine leichte Säure. Er hat etwas von Orangenschalen und Milchschokolade.“ Hempsch sagt: „Jeder Kaffee besitzt einen eigenen Charakter.“
Regional, fair, umweltfreundlich - Verbraucher setzten verstärkt auf bewusstes Genießen, sagt Trendforscher Andreas Steinle. „Es ist eine Form der urbanen Avantgarde, sich abzugrenzen.“ Also Kaffee lokaler Röstereien statt Coffee-to-go, Handfilter statt Kapsel oder Pad.
Aus Sicht des Stuttgarter Fachmanns Schäfer wollen sich die Kunden kleiner Röstereien von Konsumgewohnheiten der Masse abheben: „Das Wachstum dieser großen Ketten ist ausgereizt, zumal sie sich untereinander inzwischen starke Konkurrenz machen.“ Die Perspektiven für die Spezial-Kaffeeröstereien seien hingegen sehr positiv. Ein Starbucks-Sprecher wollte sich auf Anfrage nicht zur Herausforderung durch die Spezialröstereien äußern.