Kaffee Wie die Reimanns gegen Starbucks und Nestlé antreten

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Konter vom Brausegiganten

Die Frage ist nur, ob sich Reimanns Kaffeetruppe schon jetzt auf die hehren Ziele konzentrieren kann – oder nicht erst noch Kärrnerarbeit im Kerngeschäft anfällt. Denn: So gut sie auch geplant ist, so wird die Kaffeefahrt der Reimanns doch nicht ganz reibungslos ins Ziel laufen. „Es bleibt noch eine Weile hoch riskant“, glaubt Ali Dibadj, Konsumgüteranalyst bei Sanford C. Bernstein & CO in New York. Wie sehr, erlebte JAB bei seinem größten Zukauf Keurig. Kurz nachdem die Reimann-Holding den US-Kapselkönig zu einem Aufpreis von fast 80 Prozent auf den Börsenkurs übernommen hatte, musste sie mit dem neuen Chef Robert Gamgort nicht nur sofort einen Sanierer engagieren. Sie kippte auch gleich Keurigs wichtigstes Zukunftsgeschäft: die Kold-Kapselmaschine für Cola oder Limonade, die sich nach einem aufwendigen Start als Ladenhüter entpuppte. Das wird nicht die letzte harte Entscheidung bleiben.

Die wichtigsten Marken des Reimann-Reiches

Auch bei der Qualität des Keurig-Kaffees müssen die Reimanns nachlegen. Denn während der Rest des US-Kapselmarktes im vorigen Jahr zweistellig wuchs, sackte der Keurig-Umsatz nach unten. „Der Kaffee schmeckt einfach noch nicht besonders“, kommentierte „Bloomberg-News“-Moderator Jeff McCracken.

Das zweite Risiko ist die wachsende Konkurrenz. Die spürt JAB bereits beim Einkauf. In diesem Jahr droht ein Engpass bei hochwertigen Arabica-Bohnen aus Brasilien. Die Grundlage aller Premiumkaffees kostet bereits 22 Prozent mehr als im Januar. Laut Insidern beliefern Brasiliens dominierende Kaffeedynastien in Zeiten der Knappheit bevorzugt traditionelle Stammkunden wie die Hamburger Neumann Gruppe, den weltgrößten Kaffeehändler, statt Neulingen.

Coca-Cola mischt mit

Aber auch im Endverkauf wächst der Gegenwind. Der wohl gefährlichste Gegner ist ebenfalls recht neu im Geschäft: Coca-Cola. Der weltgrößte Limonadenhersteller hat sein Geschäft um Premiumkaffee erweitert und startet zum Start von Olympia in Brasilien eine Werbeoffensive. Dazu drängen auch immer mehr Anbieter vom besonders lukrativen oberen Teil des Premiumgeschäfts in die breite Masse. Das sind zwar oft kleinteilige, eher lokal verwurzelte Anbieter. In ihrer Summe aber entfalten sie eine gewisse Wucht, wie etwa der Düsseldorfer Martin Schäfer mit seinem guten Dutzend Woyton-Häusern, die er seit 1998 in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen betreibt. „Leuten wie ihm verdankt es bereits Starbucks, dass es in Deutschland nie richtig Fuß fassen konnte“, sagt ein führender Kaffeemanager.

"Kaffeekapseln sind absurd"

Noch gefährlicher könnten Ketten prominenter Geldgeber werden. Google Ventures und die Investmentbank Morgan Stanley stützten Blue Bottle aus dem kalifornischen Oakland mit fast 100 Millionen Dollar, und Twitter-Gründer Jack Dorsey ist bei Sightglass aus San Francisco aktiv. Sie alle wollen von der wachsenden Wertschätzung für Kaffee profitieren. Wie Craft-Beer aus Mikrobrauereien suchen Kenner auch Single-Origin-Arabicas, von denen der Barrista weiß, von welcher Plantage die Bohnen stammen, unter welchen Bedingungen sie wachsen und wer sie erntete.

Analyse, Schnelligkeit und Geld

Trotz aller Widerstände bleibt etwa Analyst Dibadj optimistisch. „Wenn einer den weltweit wachsenden Kaffeedurst zu Geld machen kann, dann die“, beschreibt er seine Treffen mit Harf und Kollegen. „Und was ihnen an Branchenerfahrung fehlt, machen sie mehr als wett durch Analyse, Schnelligkeit und Geld.“

So nimmt denn auch Harf Widerstände und Wettbewerb eher leicht. „Unsere Landgewinnung ist erst mal vorbei. Wir haben genug zu tun, unsere Geschäftsfelder zu verbessern und unseren Partnern das Geld zurückzuzahlen“, sagt Harf. „Aber wenn ein neues Stück Land kommt, schauen wir uns das an.“

Dazu bietet der wachsende Wettbewerb immerhin eine Chance: Je mehr Kaffeeanbieter es gibt, umso leichter findet Harf neue Übernahmekandidaten.

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