Kaiser’s Tengelmann Eine Übernahme um jeden Preis?

Rewe und Co. sind bereit, ihren Widerstand gegen die Tengelmann-Übernahme durch Edeka aufzugeben. Das dürfte für Edeka allerdings teuer werden. Dass am Ende eine Einigung erzielt wird, ist keineswegs ausgemacht.

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Angestellte der Kaiser's Tengelmann GmbH bei der Betriebsversammlung am Logistikzentrum in Viersen. Quelle: dpa

Am Ende könnte Karl-Erivan Haub, Chef der Tengelmann-Gruppe, doch noch seinen Willen bekommen. Sprich: seine Supermarktkette als Ganzes an Edeka zu veräußern. So zeigte er sich nach dem Runden Tisch am Donnerstag „vorsichtig optimistisch“, dass eine Lösung für alle Mitarbeiter erreicht werden könnte“, schrieb er an seine Belegschaft.

Die Hängepartie bei Kaiser's Tengelmann

Günstig werden dürfte das für ihn und Edeka-Chef Markus Mosa allerdings nicht. Zwar haben sich beide mit den Vertretern von Rewe, Markant, Norma und Verdi beim Gipfeltreffen darauf geeinigt, binnen zehn Tagen eine Einigung finden zu wollen, die den Bedingungen der Ministererlaubnis nicht zuwiderläuft und die alle Beteiligten zufriedenstellt.

Aber ohne eine entsprechende Gegenleistung werden Rewe, Markant und Norma kaum ihre Klage gegen die Ministererlaubnis zurückziehen und eine Übernahme durch Edeka ermöglichen. Die wichtigsten Antworten zum Fusionsdebakel. 

Sind die Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann nun sicher?

Zumindest aufatmen können die rund 15.000 Angestellten bei Kaiser’s Tengelmann. Fürs Erste. Sollten sich die Beteiligten, wie es ihre Absicht ist, im Rahmen der Ministererlaubnis einigen, wären die Arbeitsplätze der Tengelmann-Mitarbeiter über fünf Jahre gesichert. Auch Kaiser’s-Tengelmann-Filialen dürften in diesem Zeitraum nicht an dritte Lebensmitteleinzelhändler gehen.

Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands

Daniel Zimmer, der frühere Chef der Monopolkommission, betont im Interview mit der WirtschaftsWoche: „Das hindert Edeka nicht daran, in den eigenen Filialen Entlassungen vorzunehmen oder sie zu schließen.“ Zimmer ist sich sicher, dass das mittelfristig notwendig wird. „Die Deutschen werden nicht mehr Lebensmittel kaufen, nur weil zwei Supermarktketten fusionieren.“ Der Konsolidierungs- und Rationalisierungsdruck bleibe – auch nach der Übernahme.

Aufgrund der zahlreichen Überschneidungen im Tengelmann- und Edeka-Netz hätte Edeka „größere Anreize Filialen zu schließen“ als andere Kaufinteressenten, so Zimmer weiter.

Am Ende könnten also die Arbeitsplätze der Kaiser’s-Tengelmann-Belegschaft gesichert sein – für die Angestellten in Edeka-Filialen, die sich mit dem Tengelmann-Netz überschneiden, sähe das anders aus.  

Aber dafür muss erst einmal eine Einigung gefunden werden. Und das ist, trotz der Beteuerung aller Beteiligter, gar nicht so einfach.

 

Teilen die Wettbewerber Kaiser's Tengelmann nun unter sich auf?

Eine Möglichkeit wäre, das Filialnetz von Kaiser’s Tengelmann unter den Beteiligten aufzuteilen, wozu Kartellamtschef Andreas Mundt schon Anfang 2015 aufrief. In seiner Begründung zur Untersagung des Verkaufs an Edeka sagte er damals, dass er den „Fall gerne anders gelöst hätte“. Ein Teilverkauf wäre demnach durchaus möglich gewesen. Edeka hätte 170 der damals 451 Märkte übernehmen können. Doch das wollte der Konzern nicht.

Auch heute ist ein Teilverkauf unwahrscheinlich. Denn um die Kaiser’s-Tengelmann-Filialen unter allen Beteiligten aufzuteilen, müsste zunächst der Verkaufsvertrag zwischen Haub und Edeka aufgehoben werden, wie Zimmer im Interview erklärt: „In dem Moment, in dem der Verkaufsvertrag aufgehoben wird, ist die Ministererlaubnis gegenstandlos und es wäre eine erneute Prüfung des Bundeskartellamts erforderlich.“ Denn die Ministererlaubnis ist daran gekoppelt, dass nur Edeka und kein Dritter Kaiser’s Tengelmann übernimmt.

Im besten Fall würde eine erneute Prüfung durch das Kartellamt bis zu vier Wochen dauern. Finden die Kartellrechtler allerdings wettbewerbsrelevante Überschneidungen, könnte dieser Vorgang bis zu vier Monate in Anspruch nehmen.

Ob Haub, der die Frist für eine Entscheidung über die Zukunft der Supermarktkette schon zwei Mal ausgeweitet hat, das mitmacht? In Anbetracht der Verluste von zehn Millionen Euro, die Kaiser’s Tengelmann jeden Monat einfahren soll, ist das wenig wahrscheinlich.

Bliebe die Möglichkeit, dass Rewe, Norma und Markant ihre Klagen zurückziehen, ohne an der Bestandsmasse von Kaiser’s Tengelmann beteiligt zu werden. Dafür müsste Edeka andere Kompensationen leisten.

 

Warum sollte Rewe nachgeben?

Rewe-Chef Alan Caparros ließ in den vergangenen zwei Jahren keine Gelegenheit aus, um gegen die Übernahme durch Edeka und die Ministererlaubnis zu poltern. Schon 2014 sagte er, es wäre ein „Super-GAU, wenn Gabriel Trauzeuge für diese dubiose Hochzeit sein sollte.“ Zwei Jahre später gab er gegenüber dem Spiegel freimütig zu: „Ich habe alles getan, damit Edeka die Filialen nicht bekommt.“

Und nun soll er seine Klage einfach gegen eine Geldzahlung zurückziehen, damit der größte Rewe-Konkurrent seine Vormachtstellung ausweitet? In Anbetracht der prall gefüllten Konzernkassen von Rewe ist das unwahrscheinlich. So schätzt auch Handelsexperte Gerrit Heinemann, dass ein „wildgewordener Caparros sich nicht mit Geld ruhigstellen lässt“.

Was bleibt an Auswegen für Kaiser's Tengelmann?

Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet unter Berufung auf Insider, dass Edeka im Gegenzug zur Klagerückziehung von Rewe keine rechtlichen Schritte einleiten will, wenn Rewe Coop Kiel in Norddeutschland übernimmt. Ende Juni beschlossen Genossenschaftsvertreter von Coop Kiel, dem Einstieg Rewes zuzustimmen. Das Kartellamt signalisierte ebenfalls, dass es keine Probleme sieht.

In der Vergangenheit kam es durchaus vor, dass Wettbewerber nach einer Freigabe durch das Kartellamt gegen die Entscheidung geklagt haben und eine Fusion so torpedierten.

Das könnte ein Grund sein, der Rewe motiviert, die Klage zurück zu ziehen. Heinemann vermutet noch ein anderes Motiv: „Alle Beteiligten wollen das Gesicht wahren, deswegen braucht es eine Kompensation. Am Ende will aber auch niemand als Schuldiger dastehen, wenn die Fusion scheitert und Tausende Arbeitsplätze verloren gehen.“

Was haben Norma und Markant davon, ihre Klage zurückzuziehen?

Zieht Rewe alleine die Klage zurück, ist für Haub nichts gewonnen. Auch Norma und Markant müssen überzeugt werden. Nachdem Edeka-Chef Mosa und Haub die Vertreter der beiden Handelsunternehmen zwei Jahre nicht mit an Verhandlungstisch geholt haben, dürfte es nun zumindest sportlich werden, binnen zehn Tagen eine Einigung mit ihnen zu erzielen.

So sagte ein Norma-Vertreter noch vor zwei Wochen: „Leider war trotz mehrmaliger Versuche der Kontaktaufnahme bei Tengelmann niemand im Stande, mit uns über die Thematik zu sprechen.“ Nach einer guten Gesprächsgrundlage klingt das nicht.

Dass die Lage am Verhandlungstisch so verfahren ist, kann die Tengelmann-Belegschaft Haub und Gabriel ankreiden. Spätestens als das Bundeskartellamt die Übernahme im Frühjahr 2015 untersagte, wäre es an der Zeit gewesen, den Kompromiss mit allen Beteiligten zu suchen. „Ein früheres Einlenken hätte viele Probleme vermieden und mehr Zeit gebracht, eine wettbewerbsverträgliche Lösung zu finden“, sagte der frühere Chef der Monopolkommission, Daniel Zimmer.

Kann Edeka den Beteiligten eigene Standorte anbieten?

Das wäre durchaus möglich und nicht unüblich. Das Kartellamt hat unter anderem die regionalen Überschneidungen des Filialnetzes von Edeka und Kaiser’s Tengelmann moniert. Würde Edeka die entsprechenden Filialen an Konkurrenten abtreten, wäre weiterhin für Wettbewerb gesorgt, die Beteiligten hätten eine Kompensation und die Ministererlaubnis wäre auch nicht in Gefahr.

Allerdings dürfte auch in diesem Fall aufgrund der hohen Marktkonzentration im Lebensmittelhandel ein Fusionskontrollverfahren durch das Kartellamt anstehen. Außerdem blieben nur zehn Tage, um sich einig zu werden. Die Veräußerung von Supermarktfilialen erfordert ausgiebige Verhandlungen – für gewöhnlich dauert dieser Vorgang deutlich länger.

Was den Deutschen beim Einkauf wirklich wichtig ist

Wird das Paket für Edeka nicht langsam zu teuer?

Wie das Ringen um eine Einigung am Ende auch ausgeht – die Fusion wird teuer für Edeka. Neben dem Kaufpreis für eine hochdefizitäre und wenig konkurrenzfähige Supermarktkette müsste Edeka wie auch immer geartete Kompensationsleistungen erbringen, die den Gesamtpreis weiter in die Höhe trieben.

Ob sich das am Ende lohnt? Aus Sicht von Heinemann ist für Edeka vor allem das höhere Einkaufsvolumen interessant. Schon 2008, als das Bundeskartellamt die Übernahme des Discounters Plus von der Tengelmann-Gruppe durch Edeka unter diversen Auflagen genehmigte, war eine Zusammenarbeit zwischen Tengelmann und Edeka beim Wareneinkauf geplant. Das untersagte das Kartellamt jedoch. Außerdem ist Bringmeister, das Online-Geschäft von Kaiser’s Tengelmann, für Edeka interessant. „Im Online-Lebensmittelhandel herrscht bei Edeka großer Nachholbedarf, Expertise dazuzukaufen wäre von daher nur sinnvoll.“

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