Kaiser's Tengelmann Was Edeka mit seinen Filialen macht

Drei Monate nach der Einigung von Rewe und Edeka verschwindet der Name Kaiser’s Tengelmann aus dem Stadtbild. Dabei gehen die Konkurrenten mit ihren Filialen äußerst unterschiedlich um. Netto spielt dabei eine größere Rolle als man denkt.

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Was Edeka aus den alten Kaiser's Tengelmann-Filialen macht. Quelle: dpa Picture-Alliance

Eigentlich sieht alles aus wie vorher. Die Wände haben die gleiche hellbraune Farbe, die Kühltheke und der Obst- und Gemüsebereich wirken nahezu unverändert. Selbst die Leuchtreklame über dem Eingang zeigt noch den Schriftzug: Kaiser’s Tengelmann. Wer durch die Gänge der neuen Edeka-Filiale im Norden der Düsseldorfer Innenstadt streift, trifft Mitarbeiter, die immer noch eine Tengelmann-Uniform tragen. Selbst beim Bezahlen kommt der Gedanke auf, man habe gerade einen Vertrag mit der Kaiser's geschlossen. Den Bon, den die Kassiererin herüber reicht, ziert immernoch eine Kaffeekanne. Keine Spur vom Edeka-Schriftzug. Lediglich kleine Details zeugen vom neuen Eigentümer: Die Preisschilder sind jetzt gelb und die Eigenmarken haben sich verändert.

Deutschlands größte Supermarktkette lässt sich Zeit. Den Umbau der letzten Objekte will Edeka erst Mitte 2018 abgeschlossen haben. Dann wird die Übernahme von Tengelmann seit den ersten Plänen fast vier Jahre in Anspruch genommen haben.
Angefangen hatte das Ganze im Oktober 2014. Da erklärte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub, die seit Jahren defizitäre Supermarktkette komplett an Edeka verkaufen zu wollen – obwohl auch Rewe Interesse angemeldete hatte.

Eigentlich sollte der Deal bis Mitte 2015 über die Bühne gehen. Doch das Bundeskartellamt verweigerte seine Zustimmung und startete damit einen Wirtschaftskrimi, der erst am 31. Oktober 2016 ein Ende fand. Da verkündete Wirtschaftsminister Gabriel eine Einigung im Schlichtungsverfahren, das Altkanzler Schröder geleitet hatte. Das Ergebnis: Edeka übernimmt Kaiser's Tengelmann komplett und übergibt einige Filialen an Rewe. 60 in Berlin und je zwei in Bayern und Nordrhein-Westfalen. Diese Geschäfte firmieren inzwischen unter neuem Namen. Rewe hat die Anpassungen am 31. März beendet.

Doch auch in einigen Läden, die Edeka übernommen hat, lassen sich inzwischen Unterschiede erkennen. Zum Beispiel in der Düsseldorfer Lorettostraße. Gut zwei Kilometer von der Innenstadt entfernt erinnert nichts mehr an die Tengelmann-Vergangenheit des Geschäfts. Die Wände sind frisch gestrichen, es finden sich neue Regale mit anderen Produkten und auch über dem Eingang hängt ein neues Schild. Nur steht dort nicht Edeka – sondern Netto.

Warum einige Läden zu Nettos werden

So wie der Filiale in der Lorettostraße geht es auch fünfzig anderen Geschäften von Kaiser’s Tengelmann in Nordrhein-Westfalen und Bayern. Von den gut 330 Filialen, die Edeka nicht an Rewe abtreten musste, hat das Unternehmen insgesamt 51 Läden an die Tochter Netto weitergereicht. Mit deutlichem Fokus auf NRW. Hier gingen 47 Filialen an den Discounter – behalten hat Edeka in dem Bundesland nur 46. Die vier anderen Filialen finden sich in Bayern. In Berlin geht Netto komplett leer aus.

Thomas Roeb, Handelsexperte und Professor für BWL an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, sieht zwei Gründe dafür, dass Edeka eine Teil der Tengelmann-Filialen in Netto-Discounter umwandelt: die Kaufkraft und die Filialgröße.

Vor allem die größere Produktauswahl bei Supermärkten sorgt dafür, dass sie mehr Verkaufsfläche benötigen. Während Netto rund 3.500 Artikel im Sortiment hat, sind es bei Edeka je nach Markt 15.000 bis 25.000. „Natürlich können Sie auch auf kleiner Fläche viele verschiedene Produkte platzieren, das ist aber nicht wirklich sinnvoll“, erklärt Roeb. Denn wenn viele Artikel auf kleiner Fläche präsentiert werden, bleibt für jeden einzelnen weniger Platz. „Da werden Waren dann schnell übersehen und der Kunde begibt sich ja nicht auf die Suche, weil er glaubt, dass das Produkt doch zu finden sein müsse. Stattdessen kauft er es woanders.“

Die schier unendliche Geschichte einer Übernahme

Hinzu kommen höhere Personalkosten. Durch den Platzmangel können immer nur wenige Produkte im Regal stehen, sodass diese öfter nachgefüllt werden müssen. Das bindet Mitarbeiter. Außerdem müssen Regale enger gestellt werden, um den Platz für die Waren bereitzustellen. Von den weitläufigen Wohlfühl-Einkaufswelten, die die Supermärkte gerade gerne errichten, ist das meilenweit entfernt.

Wie Rewe das Platzproblem löst

Für Kunden, deren Kaiser’s Tengelmann nun zu einem Netto wird, gehen deshalb niedrigere Preise auch mit einer geringeren Produktauswahl einher. Denn Kaiser’s Tengelmann hat zuvor in seinen Läden ein Vollsortiment geführt – mit den beschriebenen Problemen. Andere Supermarktbetreiber lösen das Platzproblem mit Konzepten für verschiedene Ladengrößen. Vor allem Rewe hat mit seinen kleinen Supermärkten „Rewe City“ und „Rewe to go“ Konzepte, bei denen die Produktauswahl geringer und eher auf Laufkundschaft ausgerichtet ist. So lassen sich auch kleinere Standorte sinnvoll betreiben.

Das dürfte sich besonders in Berlin als nützlich erweisen. Da hier nicht in wenigen hundert Metern Entfernung ein neuer Supermarkt mit großer Verkaufsfläche eröffnet werden kann, lohnt sich hier auch der Betrieb kleiner Filialen.
Im Gegensatz zu Edeka hat Rewe auch keinen Laden an seine Discount-Tochter weitergegeben. Penny geht nach der Übernahme leer aus. Roeb sieht dafür einen einfachen Grund: „Rewe bekam zwar weniger Filialen, hatte dafür aber mehr Einfluss bei der Auswahl. Bei der Edeka war es umgekehrt.“

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