Kampf der Biosupermärkte Wie Handelsketten das Biogeschäft umpflügen

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Jäger und Gejagte

„Aldi, Lidl, Rewe und Edeka sind die wirklichen Wettbewerber der Biohändler“, glaubt auch Lukas Nossol. Er ist Marketingleiter des Biohändlers Dennree, der auch die Supermarktkette Denn’s betreibt. Sein Vater, Dennree-Chef Thomas Greim, hat das Unternehmen vor mehr als 40 Jahren gegründet. In einem gebrauchten Opel-Blitz-Lastwagen tuckerte der damals 22-Jährige zu Milchbauernhöfen im Chiemgau und lieferte anschließend Trinkmilch, Dickmilch, Kefir und Joghurt zu Reformhäusern und Vorläufern der Naturkostläden nach München. 3000 Kilometer Fahrtweg pro Woche waren Standard. Das Geschäft wuchs, Greim baute das ­Sortiment aus und stieg mit Dennree nach und nach zum größten Biohandelshaus Deutschlands auf. 820 Millionen Euro Umsatz erzielte das Unternehmen 2015. Inzwischen verkauft Dennree rund 12.000 Bio- und Naturprodukte, Drogerie- und Kosmetikartikel als Großhändler an selbstständige Bioläden und betreibt unter der Flagge Denn’s 252 eigene Supermärkte.

Einer der Märkte mit dem leuchtend grünen Schriftzug befindet sich auf einer kleinen Anhöhe nur ein paar Hundert Meter entfernt von der Dennree-Zentrale im oberfränkischen Töpen. Schon vom Kundenparkplatz aus ist ein bunt zusammengewürfeltes Areal aus Logistikhallen und Bürogebäuden zu erkennen, die zum Dennree-Reich gehören.

Zwei Stunden nimmt sich Marketingchef Nossol Zeit, um das Gelände zu präsentieren, er führt durch Hochregallager und Kühlräume, vorbei an wuchtigen Käserädern und Kisten mit Karotten. Vor einem knallgelben Tor, das wie eine Garageneinfahrt aussieht, bleibt er stehen.

Umsatz mit Biolebensmitteln in Deutschland.

Dahinter reifen Biobananen aus Ecuador. Nossol greift zu einer der noch grünen Früchte. Als er die Schale entfernt, verströmt sie den Geruch von frisch geschnittener Gurke. „Im vergangenen Jahr haben wir rund 7500 Tonnen Bananen verkauft“, sagt Nossol. Für die Biobranche ist das eine gewaltige Zahl, für Discounter und Supermärkte eher Kleinkram. Der Vorstoß der konventionellen Player sorgt denn auch für Alarmstimmung in Töpen. „Im Vergleich zu den großen Handelsketten sind wir ein mittelständischer Familienbetrieb“, sagt Nossol.

Um gegen die Wettbewerber zu bestehen, soll sich Dennree vom Großhändler zu einer Art Bioverbundgruppe wandeln. Das Unternehmen will nicht nur Quark, Quinoa und Quitten an seine Partner liefern, sondern übernimmt für sie bei Bedarf auch Werbung, Ladenbau und Immobilienmanagement. Zudem baut Dennree das Netz eigener Filialen aus. Allein 2016 wurden 43 neue Märkte in Deutschland und Österreich eröffnet. Allenfalls der hessische Rivale Alnatura hielt bislang bei dem Wachstumstempo mit.

Warum Verbraucher Bio-Lebensmittel kaufen

Im Biorevier sind die beiden Unternehmen Jäger und Gejagte zugleich: Einerseits erhöht ihr Expansionsdrang den Wettbewerbsdruck auf Naturkost-Solisten wie Bittersüß. Denn die Verkaufsflächen der Filialisten sind im Schnitt deutlich größer, ihre Sortimente sind breiter und ihre Preise oft niedriger als die der Einzelkämpfer. Die Kundenentscheidung ist damit meist klar. Das trifft vor allem kleine Läden unter 100 Quadratmeter. Sie sind derzeit „am stärksten von Umsatzrückgängen betroffen“, hat das Fachblatt „Biohandel“ beobachtet.

Andererseits sind auch Dennree und Alnatura zum Wachsen gezwungen, um Größen- und Einkaufsvorteile zu nutzen und so bei Preisen und Kosten auf Augenhöhe mit ihren konventionellen Gegenspielern zu bleiben. Für Alnatura steht sogar noch mehr auf dem Spiel.

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