Karstadt-Eigentümer Der schöne Schein von Benkos Reich

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Immobilienbewertung nicht nachprüfbar

„Er baut zu potenziellen Geldgebern eine persönliche Beziehung auf und macht sie zum Teil seines Privatlebens“, sagt ein Geschäftspartner. „So schafft er die Basis dafür, dass wohlhabende Privatpersonen investieren.“ Sein Reichtum beeindruckt – das Wiener Wirtschaftsmagazin „Trend“ schätzte sein Vermögen auf 850 Millionen Euro. Andernorts wurde er als Milliardär bezeichnet. Den „Multimillionär“ ließ er bislang unwidersprochen stehen. „Wenn ein so junger Bengel schon Milliarden auf dem Konto hat und im Privatjet um die Welt fliegen kann, dann müssen seine Geschäfte ja gut laufen“, sagt ein sehr wohlhabender Bekannter. „Was er in so jungen Jahren geschafft hat, ist einfach nur beeindruckend“, sagt einer seiner Investoren. „Jeder würde doch gerne an dem Erfolg teilhaben.“

Wie groß ist dieser Erfolg aber wirklich? Die Signa-Gruppe selbst spricht von einem „Immobilienvermögen von über sechs Milliarden Euro“. Das ist nur schwer nachzuprüfen. Wie sie auf die Summe kommt, wollte Signa nicht erläutern. Die Bilanz des Signa-Prime-Konzerns wies Ende 2013 nur Sachwerte und Finanzanlagen wie Beteiligungen an Immobiliengesellschaften von 1,36 Milliarden Euro aus, die Signa Holding kam laut letztem veröffentlichen Geschäftsbericht Ende 2012 auf 206 Millionen Euro.

Karstadt-Immobilien dürften allenfalls mit einer weiteren Milliarde zu Buche schlagen – in der Summe wären das geschätzt 2,6 Milliarden Euro. Diverse Signa-Immobilien, wie etwa „The Cube“ in Eschborn, Sitz der Deutschen Börse, werden Benko zwar häufig zugeschrieben, gehören aber den Anteilseignern geschlossener Fonds, also etwa den Versicherern.

So verdient Benko sein Geld

Das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck gilt als Benkos Gesellenstück. 2002 wurde das Traditionshaus geschlossen. Benko kaufte es 2004 und wandelte es bis 2010 in ein Einkaufszentrum um. Wer immer Benkos unternehmerischen Mut lobt, führt als Beispiel das Kaufhaus Tyrol an. Was genau aber lief hier ab?

2009 gehörte das Tyrol über eine Kette von Zwischengesellschaften weitgehend der „Laura Privatstiftung“, die Benko für seine Tochter eingerichtet hatte, und einer Gesellschaft, die von Reeder Economou kontrolliert wird. Im Oktober 2009 verkaufte die Stiftung ihre Hälfte an den Signa-Fonds. Am 27. Januar 2011verkaufte der Fonds laut Geschäftsbericht einer Fondstochter den Anteil an eine Gesellschaft von Benko-Freund Economou. Noch am selben Tag schob dieser den Anteil an Benkos Signa Prime weiter. Und zwar so geschickt, dass das wohl kaum einer mitbekommen hat (siehe Bildergalerie auf der ersten Seite).

Nach außen wirkte der Deal, als ob das Tyrol an einen Externen verkauft worden sei – und nicht an den Brötchengeber des Fondsmanagers. Es besteht der Verdacht, dass das Kaufhaus zu billig abgegeben wurde. Auffällig ist, dass das Tyrol gerade in der Zeit, als der Fonds dort investiert war, eine fulminante Wertsteigerung hingelegt hatte. Der Wert laut Gutachten stieg von 131 Millionen Euro im Juni 2009 auf 233 Millionen Euro im Herbst 2010. Dennoch wurde das Kaufhaus – solange der Fonds investiert war – in der Bilanz nur mit 152 Millionen Euro angesetzt. Erst als das Objekt 2011 bei Signa landete, wurde es auf 229 Millionen Euro hochgeschrieben.

Bei der Büroimmobilie „Haus an der Wien“, mussten die Fondseigner sogar massive Abschreibungen hinnehmen. 2008 kaufte die „Laura Privatstiftung“ über eine Zwischengesellschaft die ehemalige Zentrale der Bank Austria. Kurz darauf ging die Hälfte des Objekts an eine Gesellschaft namens Staralpha Holdings über, die eng mit Economou zusammenhängt. Die andere Hälfte verkaufte Benko schon sechs Monate später an den Signa-Fonds, in dem das Versicherer-Kapital steckt. Ob die „Laura Privatstiftung“ dabei Gewinn machte, ist unklar. Stiftungen müssen keine Bilanzen veröffentlichen.

Die größten Baustellen von Karstadt
Der neue Karstadt-Eigentümer René Benko übernimmt ein Unternehmen in der Krise. Die Karstadt-Warenhäuser schreiben rote Zahlen und kämpfen mit sinkenden Umsätzen. Ein Teil der Probleme ist auf den Strukturwandel im deutschen Einzelhandel zurückzuführen. Andere Schwierigkeiten sind hausgemacht. Welche Herausforderungen erwarten den Immobilieninvestor. Quelle: dpa
Übermächtige KonkurrenzDie Warenhäuser in Deutschland haben in den vergangenen Jahrzehnten insgesamt massiv an Marktanteilen verloren. Denn Konkurrenten wie H&M, Zara und zuletzt Primark haben sich mit preiswerten, schnell wechselnden Kollektionen einen immer größeren Teil des Einkaufsbudgets der Verbraucher gesichert. Außerdem geht der Siegeszug der Einkaufszentren zulasten der Warenhäuser. „Alles unter einem Dach“ gibt es dort in der Regel in weitaus größerer Auswahl als in den Warenhäusern. Quelle: dpa
Schwaches Online-GeschäftDer Online-Handel ist zurzeit der mit Abstand größte Wachstumsträger im Einzelhandel. Doch auch hier kann Karstadt bislang mit der Konkurrenz nicht mithalten. Im Gegenteil: Während die meisten Online-Anbieter im vergangenen Weihnachtsgeschäft zweistellige Zuwachsraten verzeichneten, schrumpften die Verkäufe des Essener Unternehmens über das Internet. Quelle: dpa
Unklare MarkenpositionierungDer bis Ende 2013 amtierende Karstadt-Chef Andrew Jennings versuchte Karstadt mit der Brechstange ein jugendlicheres Image zu verpassen. Er wollte den Konzern stärker auf Mode ausrichten, setzte auf neue trendige Marken und gab ganze Sortimentsbereiche wie etwa Elektronik auf. Das verschreckte die ältere Stammkundschaft. Doch neue Zielgruppen wurden dennoch nicht im erhofften Umfang erreicht. Quelle: dpa
Verunsicherte MitarbeiterDie Unsicherheit der vergangenen Jahre und der schleichende Personalabbau in den Filialen ist an den Karstadt-Mitarbeitern nicht spurlos vorübergegangen. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert vor allem den bisherigen Eigentümer Nicolas Berggruen: „Die Beschäftigten sind von diesem angeblich sozialen Investor Berggruen bitter getäuscht worden“, sagt Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Wenn Benko die Karstadt-Mitarbeiter auf einem harten Sanierungskurs mitnehmen will, muss er das Vertrauen der Beschäftigten zurückgewinnen. Quelle: dpa
Großer InvestitionsstauDie meisten Handelsexperten sind sich einig, dass bei Karstadt in den letzten Jahren viel zu wenig investiert wurde. Heinemann schätzt den Investitionsstau sogar auf mindestens 1,5 Milliarden Euro. Soviel Geld wäre nach seiner Auffassung nötig, um das Unternehmen zukunftsfähig auszurichten - im stationären, wie im Internethandel. Quelle: ZB

Für den Signa-Fonds war der Kauf kein guter Deal. 2010 schrieb er 1,2 Millionen Euro auf das „Haus an der Wien“ ab. 2013 kamen satte 8,3 Millionen Euro hinzu. Aus einem Anfang 2014 angemeldeten Verkauf der Immobilie an einen Fonds der Union Investment wurde vermutlich nichts. Im Grundbuch ist immer noch eine Beteiligungsfirma des Signa-Fonds als Eigentümerin eingetragen.

Immobilien- und Firmenverschiebungen gibt es bei Signa häufig. Die verschachtelten Strukturen verbergen, welche Immobilie gerade wem gehört.

  • Am Münchner Edelkaufhaus Oberpollinger war ein Dutzend verschiedene Signa-Unternehmen mit immer wieder anderen Quoten beteiligt.
  • Die frühere Zentrale der Bawag in Wien, die in ein Einzelhandels- und Bürohaus umgewandelt wurde, war ursprünglich im Besitz von Economou und des Signa-Fonds. Der Fonds verkaufte seinen Anteil 2012 an Signa Prime. Ob das Objekt öffentlich angeboten und so zum bestmöglichen Preis für den Fonds oder quasi unter der Hand an Signa Prime weitergereicht wurde, ist unbekannt. Economou hatte seinen Anteil 2011 an die Signa Holding verkauft, die ihn einen Monat später an Signa Prime verkaufte. Ob die Signa Holding dabei auch einen Zwischengewinn verbucht hat, ist nicht nachprüfbar. Im Geschäftsbericht werden nicht einmal die Tochterunternehmen aufgeführt, die Immobilien halten. Auch deshalb fallen interne Deals, an denen die Holding beteiligt ist, nicht auf.

Signa beruft sich auf ein österreichisches Gesetz, das Unternehmen das Verschweigen von Beteiligungen erlaubt, wenn ihnen die Veröffentlichung „einen erheblichen Nachteil zufügen“ würde. Schädlich wäre Transparenz wohl nur für Benkos Ruf. Die Aktionäre der Signa Prime oder die am Fonds beteiligten Versicherer könnten unangenehme Fragen stellen, etwa: Warum sie sich am Kaufhaus Tyrol beteiligen durften, Benko das Karstadt Sport in München aber knapp zur Hälfte seiner Privatstiftung und zu gut einem Drittel der Signa Holding zuschusterte. Die konnten das Objekt nach eigenen Angaben nach kurzer Zeit „sehr zufriedenstellend“ wieder veräußern.

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