Kaufhof-Chef Van den Bossche "Es geht nicht darum, Kaufhof auf Luxus zu trimmen"

Wachwechsel in Köln: Hudson’s Bay übernimmt bei Kaufhof das Kommando. Im Interview verrät Kaufhof-Chef Van den Bossche, was jetzt aus den Lebensmittelabteilungen wird, welche neuen Marken bald die Regale zieren und warum Abteilungsleiter ihre Büros räumen sollen.

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Kaufhof-Chef Olivier van den Bossche über die Pläne von Hudson's Bay Quelle: dpa, Montage

WirtschaftsWoche: Herr Van den Bossche, am 1. Oktober übernimmt der kanadische Handelskonzern Hudson’s Bay Company (HBC) das Kommando bei Kaufhof. Welche Einschnitte kommen auf das Unternehmen zu?

Es geht hier doch nicht um Einschnitte oder gar den Abbau von Arbeitsplätzen. Natürlich sind mit einem Eigentümerwechsel immer derartige Fragen verbunden. Aber das ist nicht der Plan, mit dem die Kanadier hier antreten. Im Gegenteil: Wir werden eher wachsen.

Das müssen Sie als Kaufhof-Chef ja jetzt sagen…

Zur Person

…es stimmt aber auch. Warum sollte ein Investor 2,8 Milliarden Euro in die Hand nehmen, um das erworbene Unternehmen anschließend kaputt zu sparen? Die Kanadier sind auf Expansionskurs und sehen Kaufhof als Brückenkopf für ihr Europageschäft. Das heißt, HBC will investieren und gemeinsam mit uns das Geschäft ankurbeln.

Was haben Sie konkret vor?

Es gibt eine klare Strategie, mit der wir Galeria Kaufhof auf Wachstumskurs bringen wollen. Zum einen werden wir das Thema E-Commerce anpacken. Zudem wollen wir Vertriebslinien von HBC auch in Deutschland testen. Vor allem aber müssen wir das Kerngeschäft in unseren Warenhäusern nach vorne bringen – das hat oberste Priorität.

Wo werden Sie in den Warenhäusern ansetzen?

Für alle Warenhäuser ist das Erdgeschoss entscheidend, um Kunden in das Geschäft zu holen. Daher werden wir auch hier beginnen und in verschiedenen Filialen Sortimentsbereiche wie Schuhe, Kosmetik, Uhren, Schmuck und Handtaschen ausbauen. Parallel werden wir neue Marken in unsere Häuser holen. Wir haben jetzt als Teil von HBC Zugang zu ganz anderen internationalen Marken und spüren bei den Herstellern auch schon großes Interesse an einer verstärkten Zusammenarbeit mit uns.

Derlei Markenexperimente hatte auch schon der frühere Karstadt-Chef Andrew Jennings gewagt – und ist gescheitert. Statt neue Käufer in die Geschäfte zu locken, ergriffen Stammkunden entnervt die Flucht.

Seien Sie sicher, bei uns wird es anders laufen. Wir richten die Sortimente weiterhin Haus für Haus sehr lokal auf unsere Kunden aus. Bei den neuen Kooperationen setzen wir auf große Markenhersteller, nicht auf unbekannte Nischenanbieter. Nehmen sie Tommy Hilfiger, Calvin Klein, Longchamp, Bobby Brown – das sind prominente Labels, die die meisten unserer Kunden gut kennen. Es geht nicht darum, Galeria Kaufhof auf Luxus zu trimmen und auch nicht darum, nur noch hippe Trendmarken anzubieten. Galeria Kaufhof wird Galeria Kaufhof bleiben. Im Übrigen geht der Austausch in beide Richtungen: Die Kanadier haben großes Interesse daran, einige unserer Eigenmarken - etwa das Modelabel Manguun - auch in Kanada zu verkaufen.

Die zweite wichtige Baustelle ist der Online-Handel. Bisher liegt der Online-Anteil an Kaufhofs Gesamtumsatz lediglich bei zwei Prozent. Reicht das aus?

Das ist eindeutig zu wenig. Wir wollen die Verbindung von stationärem Geschäft und Onlineangeboten massiv ausbauen. In den nächsten Jahren ist bei Galeria Kaufhof ein Online-Anteil von zehn Prozent am Gesamtumsatz drin. HBC hat in den USA und in Kanada bewiesen, dass es möglich ist, solche Werte zu erreichen, ohne das stationäre Geschäft zu kannibalisieren. Das ist auch unser Ziel.

"Im Grunde zahlen wir künftig die Mieten an uns selbst"

Ihr Wettbewerber Karstadt geht in die andere Richtung und will im Netz nur noch Produkte anbieten, die sich auch profitabel verkaufen lassen. 

Klar spielt Profitabilität auch für uns eine zentrale Rolle. Wir glauben aber, dass uns eher eine Ausweitung des Sortiments dabei helfen kann. Einige E-Commerce-Experten gehen davon aus, dass sich schwarze Zahlen im Online-Handel erst ab einer Umsatzgröße von rund 250 Millionen Dollar erreichen lassen, weil dann zum Beispiel die Logistik und die IT-Systeme entsprechend ausgelastet werden können. Genau dahin wollen wir kommen.

Das ist die Hudson's Bay Company

2016 will HBC mit der Luxuskette Saks Fifth Avenue in Kanada starten. Wann ist Deutschland dran?

Saks Fifth Avenue ist sicherlich eine Markenikone im internationalen Handel. In Deutschland gibt es eine Handvoll Standorte, die sich für den Luxusanspruch von Saks Fifth Avenue eignen. Noch spannender ist für uns zunächst die Outlet-Marke Saks Off 5th, die wir bei Galeria Kaufhof gerne testen möchten. Wir können das amerikanische Konzept nicht eins zu eins übertragen, sondern werden es passgenau auf den deutschen Markt zuschneiden. Das braucht ein wenig Zeit. Wenn das Konzept dann in Deutschland aber funktioniert, könnten wir damit vielleicht auch in anderen europäischen Ländern starten.

Wo wollen Sie den Platz für ein solches Outlet-Konzept in Ihren Filialen hernehmen? Müssen Sie andere Sortimentsbereiche aufgeben?

Den Platz für das Mode-Outlet haben wir. Zum Beispiel nutzen wir in einzelnen Häusern bisher nur 60 Prozent der Flächen für den Verkauf, den Rest aber für Büros und Lagerhaltung. Das wollen wir ändern. Mitten in der Innenstadt brauchen wir keine Lager- und Büroflächen in dem Ausmaß wie bisher. In einigen Filialen haben wir zudem sehr viel Platz für Büros reserviert. Ich fände es angemessener, wenn insbesondere die Abteilungsleiter in der Nähe der Kunden, der Ware und des Personals sind und nicht so weit entfernt vom operativen Geschäft.

Die Warenhauskrise von A bis Z

Zuletzt wurde darüber spekuliert, dass die Lebensmittelabteilungen geschlossen oder drastisch reduziert werden.

Es gibt keine generelle Entscheidung gegen Lebensmittel in unseren Filialen. Klar ist, dass wir insbesondere in den größeren Filialen an den Abteilungen mit ihren Feinkost-Produkten und Delikatessen festhalten werden. Stellen Sie sich ein Flaggschiffhaus wie unsere Filiale am Berliner Alexanderplatz ohne Lebensmittel und Weinabteilung vor: das ist undenkbar. Aber brauchen wir in den Häusern das gleiche Angebot wie beim Supermarkt in der Nachbarschaft? Sicherlich nicht. Das gilt auch für die mittleren und kleineren Filialen. Entscheidend ist, was die Kunden wünschen und wie der Wettbewerb vor Ort aussieht. Und natürlich müssen wir die Produktivität im Blick haben und dann entscheiden.

Die Mieten, die Kaufhof zahlen muss, werden unter dem neuen Eigentümer deutlich steigen. Wie wollen Sie rund 48 Millionen Euro mehr im Jahr stemmen?

Die Zahl kann ich nicht kommentieren. Die Kanadier haben bereits angekündigt, dass es eine Trennung von Immobilien und operativem Geschäft geben wird. Für einen Teil der Immobilien hat HBC daher ein Joint Venture mit der Immobiliengesellschaft Simon Property gegründet. Dadurch werden die Immobilien deutlich aufgewertet, was letztlich Mittel für Investitionen freisetzt. HBC behält jedoch mit deutlicher Mehrheit immer die Kontrolle.

Das mag zwar derzeit stimmen, aber es gibt doch bereits Börsenpläne für die Immobiliensparte. Wie lange wird HBC-Großaktionär Richard Baker die Immobilien überhaupt behalten?

Ich bin für das operative Geschäft von Kaufhof zuständig und kann mich dazu nicht im Detail äußern. Nur so viel: Richard Baker ist ein echter Warenhausfan. Es macht richtig Spaß, mit ihm Filialen zu besuchen und die Möglichkeiten für ein Haus auszuloten. Daher bin ich sicher, dass die von uns gezahlten Mieten zum großen Teil wieder in das operative Geschäft investiert werden. Im Grunde zahlen wir künftig die Mieten an uns selbst und profitieren von der Aufwertung unserer Häuser.

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