Korruptionsvorwürfe Die dubiosen Tricks bei Media Markt

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Verspäteter Web-Start

Die 10 größten Onlinehändler in Deutschland
Apple Quelle: AP
Alternate.de Quelle: Screenshot
Platz 8: Conrad.de Quelle: Screenshot
Tchibo.de Quelle: dpa
Platz 6: Bonprix.de Quelle: Screenshot
Cyberport.de Quelle: Screenshot
Platz 4: Notebooksbilliger.de Quelle: Screenshot

Zugleich versuchten die Marktgeschäftsführer ihre Position zu verteidigen. Sie haben noch immer deutlich mehr Einfluss als Filialchefs anderer Handelsketten. Im operativen Geschäft hinterließ der Glaubenskrieg zwischen Zentralisten und Lokalisten bereits Spuren: Ohne teure Neueröffnungen – also auf flächenbereinigter Basis – gehen die MSH-Umsätze seit 2008 zurück. Den Online-Einstieg verschlief die Kette. Erst jetzt wird mit kostspieligen Zukäufen und immensem Werbeaufwand für die jüngst gestarteten Web-Shops reagiert.

Bockige Gründer

Der Konflikt reicht bis in die Gesellschafterebene. Eckhard Cordes, bis Dezember 2011 Chef des Mehrheitseigners Metro, wollte für mehr Durchgriff auf die Tochter sorgen – und scheiterte am Widerstand der Gründerfamilien. Sie ließen sich beim Verkauf ihrer Anteile an Metro Vetorechte garantieren. Obwohl den Düsseldorfern 75 Prozent der Holding gehören, können die Familien Kellerhals und Stiefel de facto wichtige Entscheidungen blockieren.

An einer Säule zwischen Handyständen und Verkaufsinseln für DSL-Verträge warnt ein gelbes Schild im Kölner Media Markt vor dreistem Eigennutz. „Klauen ist blöd!“, steht darauf.

Vor etlichen Jahren seien Geschenke wie ein Handy, ein Fernseher oder Einkaufsgutscheine von Industriepartnern für Marktleiter „fast selbstverständlich“ gewesen, berichtet ein ehemaliger Geschäftsführer. Teilweise lief die Bestechung im Kleinen über das Aufstellen sogenannter „Testgeräte“, die nicht immer zurückgeschickt wurden. Im Jahr 2000 wies die Media-Saturn-Holding per Selbstanzeige beim Finanzamt Mannheim darauf hin, dass Gerätespenden an Mitarbeiter nicht als geldwerte Vorteile versteuert worden waren. Es folgten Nachzahlungen an Fiskus und Sozialkassen – ein Ablasshandel.

Sizilianische Angebote

2006 ermittelte die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen mehrere Dutzend Mitarbeiter beim Technologiehersteller Philips. Sie hatten Einkäufer bei Saturn und Media Markt, aber auch bei anderen Elektrohändlern mit – so der Firmenjargon – „sizilianischen Angeboten“ – also mit edlen Uhren, Anzügen, Reisen und Gartenmöbeln – geködert, um den Absatz zu fördern.

Auch auf Holding-Ebene kam es zu justizanhängigen Deals: So erkaufte sich Intel, Weltmarktführer bei Speicherchips in Computern und Laptops, lange Zeit eine exklusive Stellung bei Media Markt und Saturn. Intel soll die Elektronikkette und verschiedene Hersteller mit Millionen-Provisionen davon überzeugt haben, keine Konkurrenzprodukte etwa von AMD zu verkaufen. Die EU-Wettbewerbsbehörden verurteilten Intel 2009 zu einem Rekordbußgeld von rund einer Milliarde Euro.

Fast zeitgleich musste auch Microsoft Deutschland Strafe zahlen. Bei der Vermarktung des Office-Paketes hätten sich Microsoft und MediaSaturn über den Ladenpreis verständigt – ein Kartellvergehen.

Der MSH-Sprecher bestätigt Ermittlungen des Kartellamtes in dem Fall. Es habe vonseiten MediaSaturns aber kein rechtswidriges Verhalten vorgelegen; das Verfahren sei ohne Auflagen eingestellt worden. „Im Verfahren zu Philips waren verschiedene Unternehmen geschädigt, nicht nur Media-Saturn“, sagt der Sprecher. Es sei zudem nur um das „Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter“ gegangen. Und im Prozess von Intel und AMD sei man „lediglich als Zeuge beteiligt“ gewesen.

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