Der Kinosaal im Besucherzentrum der Krombacher-Brauerei ist rappelvoll. Rund 270 Außendienstler warten gespannt auf die Neuigkeit, die Bernhard Schadeberg, Geschäftsführender Gesellschafter der Brauerei, verkünden möchte. Nach ein paar launigen Begrüßungsworten lüftet der hochgewachsene Manager das Geheimnis: Krombacher werde im Januar ein alkoholfreies Weizen auf den Markt bringen. „Es ist das erste Weizenbier, in dem kein Alkohol enthalten ist. Null Komma null“, schwärmt Schadeberg. Die meisten in Deutschland als alkoholfrei verkauften Biersorten enthalten noch eine geringe Menge Alkohol von bis zu 0,5 Prozentvolumen.
Die beliebtesten Biermarken in Deutschland 2015
Erdinger
Absatz: 1801 Hektoliter
Veränderung gegenüber 2014: -1,2 %
Radeberger
Vorjahr: Platz 9
Absatz: 1895 Hektoliter
Veränderung gegenüber 2014: +1,5 %
Hasseröder
Vorjahr: Platz 8
Absatz: 2245 Hektoliter
Veränderung gegenüber 2014: -0,2%
Warsteiner
Vorjahr: Platz 6
Absatz: 2342 Hektoliter
Veränderung gegenüber 2014: -7,4 %
Paulaner
Vorjahr: Platz 7
Absatz: 2420 Hektoliter
Veränderung gegenüber 2014: +/- 0%
Beck’s
Vorjahr: Platz 5
Absatz: 2559 Hektoliter
Veränderung gegenüber 2014: +1,1%
Veltins
Vorjahr: Platz 4
Absatz: 2785 Hektoliter
Veränderung gegenüber 2014: +0,5%
Bitburger
Vorjahr: Platz 3
Absatz: 3840 Hektoliter
Veränderung gegenüber 2014: -1,1%
Oettinger
Vorjahr: Platz 1
Absatz: 5393 Hektoliter
Veränderung gegenüber 2014: -4,1%
Krombacher
Vorjahr: Platz 2
Absatz: 5487 Hektoliter
Veränderung gegenüber 2014: +0,3%
Krombachers neue Kreation zeigt, wohin die Reise geht: Die Brauerei will zwar weiterhin Deutschlands meistgekauftes Bier produzieren. Wachsen dürfte das Unternehmen aber wohl eher durch Getränke mit wenig oder ganz ohne Alkohol.
So war es schon im vergangenen Jahr. Während der Absatz von alkoholfreien Getränken um 8,6 Prozent zulegte, wuchs der Bierabsatz nur um ein Prozent. Dennoch dürfte die Listung der 0,5 Liter-Dose in 4600 Läden des Discountimperiums Aldi für einen Umsatzschub im laufenden Geschäftsjahr sorgen. Dass die Krombacher-Dose ins Aldi-Regal einzieht, hatte in der Branche für großes Aufsehen gesorgt und die Frage aufgeworfen, ob die Präsenz bei Aldi für eine Marke eher imagefördernd oder –schädigend sei; von den bekannt schwachen Margen im Geschäft mit Discountern mal ganz abgesehen.
„Aldi und Lidl sind doch heute keine klassischen Discounter mehr. Das sind doch heute eher Supermärkte“, wiegelt Schadeberg ab am Rande des „Gipfeltreffens der Weltmarktführer“, das die WirtschaftsWoche vergangene Woche in Südwestfalen ausrichtete. Vor allem bei Aldi habe es in der jüngeren Vergangenheit eine grundlegende Strategieänderung gegeben. Aldi habe erkannt, dass es deutlich bei jungen Familien und einkommensstarken Haushalten verliert. 50 bis 60 Marken, die in ihren jeweiligen Produktkategorien den Marktführer darstellen, hatte sich Aldi im Laufe des vergangenen Jahres von Marktforschungsunternehmen auflisten lassen. Schadeberg: „Die wollte Aldi haben. Und wir gehörten glücklicherweise dazu.“
Dennoch ist mittlerweile fast jeder dritte Hektoliter bei Krombacher ohne Alkohol. „Im Schnitt trinkt der Bundesbürger rund 730 Liter Flüssigkeit pro Jahr“, sagte Schadeberg „Um diese Menge kämpfen alle Getränkehersteller.“ Mitte der Siebzigerjahre entfielen noch 150 Liter auf Bier. Heute sind es noch gut 100 Liter.
Einer der Gründe sei der demografische Wandel. „Uns fehlen etwa in der Gruppe der 19- bis 29-Jährigen im Vergleich zu früher vier Millionen Männer.“ Diese Gruppe trinke im Schnitt 200 Liter Bier pro Jahr. „Die sind futsch.“ Darüber hinaus hätten sich die Trinkgewohnheiten verändert. „Die Stammtische, an denen sich unsere Väter trafen, gibt es nicht mehr“, sagt Schadeberg. Im Gegensatz zu früher trinke heute auch fast niemand mehr Bier, wenn er mit dem Auto unterwegs sei. Zudem werde der Gerstensaft fast nur noch am Abend oder am Wochenende getrunken.
Die Geschichte des Bieres
Der Anthropologe Jeremy Geller entdeckt Ende der 1980er Jahre Überreste einer Brauerei in Oberägypten, die sich auf die Zeit um 3500 bis 300 v.Chr. datieren lassen.
Aus der Zeit um 2500 v. Chr. stammen die ersten Dokumente, die Bier tatsächlich als solches erwähnen. So standen den Arbeitern, die die Pyramiden von Giseh errichteten, pro Tag zwei Krüge Bier und drei Laib Brot zu. Der Sumerologe Samuel Noah Kramer entdeckte außerdem eine Tontafel aus der Zeit um etwa 2100 v. Chr., auf der Bier als Heilmittel bei Krankheiten angepriesen wird.
600 Jahre später gab es in Mesopotamien, also dem heutigen Irak und dem Nordosten des heutigen Syriens, bereits 20 verschiedene Biersorten.
Noch einmal 100 Jahre später wird das erste Reinheitsgebot der Welt verfasst – und zwar im damaligen Mesopotamien. Ein Loblied an Ninkasi, Göttin des Bieres und der Brauer, hält fest, wie damals Bier hergestellt wurde. Nämlich aus Gerste, Malz, Gewürzen und Wasser. Zwischen 1730 und 1685 vor Christus entstand der Kodex Hammurapi, der als wichtigste Textsammlung des antiken Mesopotamiens gilt. Bei dem Kodex handelt es sich um eine Stele mit Richtersprüchen und Urteilen, die heute im Louvre ausgestellt ist. Diese Gesetzessammlung enthält auch Richtlinien für die Herstellung und den Verkauf von Bier.
Die ersten Fundstücke, die auf die Bierherstellung in Deutschland hinweisen, stammen aus der Zeit von 800 v. Chr. Demnach waren auf deutschem Boden die Oberfranken die ersten, die Bier gebraut haben. Von da an machte das Bier eine steile Karriere in Deutschland – sowohl als Getränk für die ärmeren Bevölkerungsschichten, als auch als Handelsware. 768 nach Christus machen die deutschen Bierbrauer eine wichtige Entdeckung: Um das Bier würziger und länger haltbar zu machen, benutzen sie von da an zusätzlich Hopfen.
Jetzt kommen die Mönche ins Spiel: 814 wird der Plan für das Benediktinerkloster St. Gallen entworfen. Dieser Plan beinhaltet neben dem reinen Kloster auch drei Brauereien.
Frühe Vorschriften zu Qualität und Preis des Bieres in Deutschland wurden bereits im 12. Jahrhundert erlassen. Eine Festlegung auf Wasser, Malz und Hopfen als Rohstoffe erfolgte für München 1487 durch Herzog Albrecht IV. von Bayern.
Als Vorläufer des Reinheitsgebotes gilt unter anderem eine „Biersatzordnung“, die Herzog Georg den Reichen 1493 für das damals von ihm regierte Teilherzogtum Niederbayern erließ.
Am 23. April 1516, erlässt der bayerische Herzog Wilhelm IV. die Vorschrift, dass zur Herstellung von Bier „allain Gersten, Hopfen und Wasser genommen und gepraucht sölle werden“.
Im Jahr 1906 wurde das bis dato nur für Bayern gültige Reinheitsgebot zum Reichsgesetz und galt somit für ganz Deutschland. Zeitgleich fingen die Menschen an, wehrloses Bier mit Limonaden oder Wasser zu verdünnen.
Durch eine Änderung im deutschen Biersteuergesetz dürfen Mischbiere – Cola-Bier, Radler, Bananenweizen und sonstige Obst- oder Bier-Enenergydrink-Mischungen - als fertige Flaschen- oder Dosengetränke im Handel vertrieben werden.
Schadeberg hat deshalb schon 2006 die Lizenzrechte für das Bittergetränk Schweppes und die Limo Orangina gekauft. Seitdem kamen die US-Koffeinbrause Dr. Pepper, Fassbrausen, Biolimonaden und Smoothies hinzu. Vor wenigen Tagen erwarb Krombacher alle Lizenzrechte für die Malzbiermarke Vitamalz. „Was uns jetzt noch fehlt, ist ein Mineralwasser“, sagt Schadeberg. Ab März wollte der 50-Jährige auch im deutschen Cola-Markt mitmischen: Mit einer Schweppes-Cola, die seit Kurzem in Österreich getestet wird. Offenbar sind die Ergebnisse jedoch so ernüchternd, dass das Getränk vorerst nicht in die deutschen Regale kommt.