Küchenbauer Verdacht auf Insolvenzverschleppung bei Alno

Das Firmenlogo des Küchenbauers Alno am Stammsitz in Pfullendorf ist durch einen verbogenen Maschendrahtzaun zu sehen. Quelle: dpa

Die Insolvenz des Küchenherstellers Alno wird zum Kriminalfall: Laut einem Gutachten im Auftrag des Insolvenzverwalters war das Unternehmen spätestens Ende 2016 insolvenzreif. Auch die Staatsanwaltschaft Stuttgart interessiert sich für den Fall.

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Es war die Rettung in buchstäblich letzter Minute: Alno-Insolvenzverwalter Martin Hörmann hatte die Produktion des Küchenherstellers schon gestoppt. Das traditionsreiche Unternehmen sollte abgewickelt werden, als sich im Dezember plötzlich doch noch ein Käufer für Alno fand. Der britische Investor RiverRock übernahm wesentliche Vermögensgegenstände wie Maschinen, Grundstücke und Markenrechte. 410 der ehemals über 2000 Beschäftigten sollen nun wieder in der Produktion arbeiten.

Seit ein paar Tagen ist der Deal perfekt. In den nächsten Wochen will Alno die ersten neuen Küchen ausliefern. Für Insolvenzverwalter Hörmann, Partner der Kanzlei Anchor, ist der Fall damit längst noch nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: die Pleite des zweitgrößten deutschen Küchenherstellers entwickelt sich mehr und mehr zu einem Kriminalfall, der Gerichte, Verwalter und wohl auch Staatsanwälte noch über Jahre beschäftigen wird.

Das wurde bei der Gläubigerversammlung des Unternehmens in der Stadthalle Hechingen am Dienstag deutlich, bei der Hörmann seinen Bericht zum Stand des Verfahrens und zu den vorläufigen Ergebnissen eines Gutachtens der von ihm beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Andersch vorstellte. Demnach gibt es einen massiven Verdacht auf Insolvenzverschleppung bei Alno. Zudem könnte millionenschwere Ansprüche gegen den Haushaltsgerätehersteller Bauknecht und weitere Geschäftspartner bestehen.

Konkret heißt es in Hörmanns Bericht, der der WirtschaftsWoche vorliegt: „Gegenüber den ehemaligen Vorständen der Alno AG könnten Schadenersatzansprüche wegen Insolvenzverschleppung“ bestehen. Laut dem Gutachten der Wirtschaftsprüfer ist die „Insolvenzreife bereits deutlich vor dem Insolvenzantrag am 12.07.2017 eingetreten“. Einzelne Alno-Tochtergesellschaften seien „wahrscheinlich bereits seit 2013 zahlungsunfähig“, spätestens jedoch Ende 2016. „Im Endeffekt heißt das, dass der Insolvenzantrag vermutlich zu spät gestellt worden ist“, sagte Hörmann der WirtschaftsWoche.

Er will nun Ansprüche gegen ehemalige Manager des Unternehmens prüfen. „Uns geht es darum aufzuklären, welche Geschäftsvorfälle aus der Vergangenheit möglicherweise nachteilhaft für die Insolvenzgläubiger sind“, so Hörmann. Die Frage und das eventuelle Ausmaß der möglichen Insolvenzverschleppung als Straftat sei dagegen Sache der Staatsanwaltschaft. Die interessiert sich offenbar ebenfalls für den Fall. „Die spezialisierte Wirtschaftsstaatsanwaltschaft in Stuttgart hat hierzu Dokumente von uns angefordert und diese von uns erhalten“, sagte Hörmann.

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Neben dem Zeitpunkt der Insolvenzreife will Hörmann Boni und Prämien an ehemalige Vorstandsmitglieder auf ihre Angemessenheit hin untersuchen, sowie millionenschwere Lizenzgebühren und Provisionszahlungen unter die Lupe nehmen.

In den Fokus des Verwalters gerät auch der Haushaltsgerätehersteller und frühere Alno-Großaktionär Bauknecht. So sieht der Insolvenzverwalter Anfechtungsansprüche in Höhe von insgesamt rund sieben Millionen Euro gegenüber Bauknecht. Zudem bestehe der Verdacht, dass Alno über Jahre hinweg Elektrogeräte von Bauknecht erworben habe, die „über den Preisen für vergleichbare Konkurrenzprodukte lagen“, heißt es im Bericht des Insolvenzverwalters.

Über die fragwürdigen Geschäfte des Alno-Managements hatte die WirtschaftsWoche bereits Anfang September berichtet. Damals hatten die Beteiligten die Vorwürfe zurück gewiesen.

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