Zunächst einmal auf den Sommer. Dann hat Henri Haake sein Studium absolviert an der Berliner Universität der Künste, dann muss er raus aus dem Hochschul-Atelier, das er sich mit sechs Kommilitonen teilt, muss sich seine eigenen Arbeitsräume suchen und sich mit Nebenjobs über Wasser halten, hoffentlich in der Szene, in Galerien oder Museen, nötigenfalls auch kellnern im Café. „Vor dem Können steht das Müssen“, sagt Henri Haake: „Ich erwarte nicht, dass ich sofort meinen Platz finde.“ Netzwerke ausbauen und Öffentlichkeit herstellen, bei Vernissagen präsent sein und den Internet-Auftritt pflegen, sich um Gruppenausstellungen, Stipendien, Preise bewerben und „eine Galerie finden mit Interesse an mir und meinem Werk“ - so in etwa stellt sich der 27-Jährige in den nächsten Jahren sein Leben vor, wenn er nicht gerade malt oder reist.
Natürlich sei auch er, wie jeder junge Künstler, auf der Suche nach dem Simsalabim für seinen Erfolg. Natürlich habe auch er schon mal von der Anerkennung eines Daniel Richter, von der Karriere eines Peter Doig geträumt. Doch natürlich wisse auch er, wie jeder junge Künstler, dass man von Glück und Zufall begünstigt sein und einen guten Zeitpunkt für seine ersten Werkschauen erwischen muss, dass es die richtigen Galeristen und Sammler braucht, die einen entdecken und fördern - und dass man sich den Erfolg vor allem im Atelier erarbeiten muss. Es sei „extrem hart“, sich „in der Hierarchie hochzuarbeiten“, sagt Haake und: „Das einzige, was man wirklich beeinflussen kann, sind die eigene Ernsthaftigkeit und der eigene Fleiß.“
Und so hat Henri Haake beschlossen, sich „jetzt bloß nicht unter Zeitdruck zu setzen“, sich noch Jahre der Entwicklung zu gönnen - ausgerechnet er, der Frühreife. Die Großeltern Antiquitätenhändler, der Vater Architekt, die Mutter Restauratorin… - Haake zeichnete viel als Jugendlicher, wurde von einer kanadischen Künstlerin unterrichtet, hatte schon mit 19 seine erste Einzelausstellung in Lübeck, seiner Heimatstadt: „Goodbye“ hieß es damals, bevor er sich an der UdK bewarb mit seiner Mappe, natürlich zur Prüfung geladen und aufgenommen wurde, natürlich in der Klasse seiner Wahl studieren konnte und 2015 den Knispel-Preis des Absolventenjahrgangs gewann. Nun also die ersten Schritte der Selbständigkeit: Marktwert definieren, Bilder verkaufen, Oevre aufbauen, Serien herstellen, Galeristen finden, Ausstellungen bestücken - keine leichte Aufgabe. Die Preispolitik ist noch das Einfachste: Studenten berechnen die Summe aus Leinwandhöhe und -Breite in Zentimetern mal 4, 6, 8, je nach Semester, als „Meisterschüler“ 10, zuweilen 12.
Das sind die Top-Karriereziele der Deutschen für 2016
Mehr als ein Drittel der Deutschen haben sich zum Ziel gesetzt, nach Feierabend besser abzuschalten, um sich ihrem Privatleben widmen zu können. Das ist das Ergebnis der Studie „Karriereziele 2016“ des Personaldienstleisters ManpowerGroup Deutschland.
Mehr Gelassenheit im Job nehmen sich 32 Prozent vor. Sie wollen ihre Arbeit künftig lockerer nehmen.
17 Prozent wollen 2016 effizienter arbeiten.
15 Prozent wollen weniger arbeiten, um mehr Freizeit zu haben. Ebenfalls 15 Prozent gaben an, im kommenden Jahr den Arbeitgeber wechseln zu wollen.
Jeweils zwölf Prozent gaben an, die Zusammenarbeit mit den Kollegen verbessern zu wollen und ihre eigenen Kompetenzen selbstbewusster präsentieren zu wollen.
Elf Prozent wollen sich 2016 im Job stärker engagieren.
Jeweils zehn Prozent gaben an, im kommenden Jahr mehr Zeit in ihre Karriere investieren zu wollen beziehungsweise ein Studium oder eine Ausbildung beginnen/fortzuführen zu wollen.
Jeweils neun Prozent wollen mehr netzwerken beziehungsweise sich neben dem Job weiterbilden.
Sieben Prozent wollen sich um eine Beförderung bemühen.
Jeweils fünf Prozent wollen im kommenden Jahr innerhalb ihres Unternehmens die Position wechseln beziehungsweise eine berufliche Auszeit nehmen.
Doch wie geht es dann weiter? Warum sollte Haake es nicht gleich mit doppelten so hohen Preisen versuchen? Bisher hat er den Erlös für seine Bilder, etwa bei den jährlichen UDK-Rundgängen, komplett eingestrichen. Lässt er seine Bilder erst einmal von einer Galerie verkaufen, muss er sich mit der Hälfte zufrieden geben. Andererseits gewinnt er erst an der Seite eines Galeristen Gewicht, Publizität und Präsenz. Doch was, wenn er einen Überraschungserfolg landet, wenn sich die Bilder gut verkaufen und der Galerist für eine Messe schnell 20 neue Arbeiten verlangt: „Bin ich schon bereit dafür? Kann ich Qualität und Quantität liefern? Will ich überhaupt in eine Situation kommen, in der ich aufgefordert bin, kreativ zu sein?“
Anna Bittersohl hat auf diese Fragen schon Antworten gefunden: Sie ist bereit. Beliefert vier Galerien mit überragender Qualität. Und vermag „die Arbeit hier drinnen, im Atelier“ von der „Welt da draußen, vom Markt“ zu trennen. Bittersohl ist vor acht Jahren in Nürnberg zur Meisterschülerin gekürt worden. Sie war Assistentin ihres Professors Ralph Fleck, hat allerlei Preise und Stipendien gewonnen, ihre Arbeiten bereits in Venedig, Sankt Petersburg, Zürich, Berlin und Stuttgart gezeigt und kann seit zwei Jahren von ihrer Kunst leben, wie man sagt, ihr Atelier bezahlen, ihre Malutensilien und ihre Wohnung, ab und zu mit Freunden was essen oder ins Kino gehen. Bittersohl kennt die Fragen, das Drängen, den Druck der Käufer und Kunden: Ihre Landschaften haben sich doch bestens verkauft… Haben Sie nicht noch so ein ähnliches Bild mit einer Heiligenfigur?… Allein beeindrucken lässt sie sich davon nicht. „Finge ich wirklich an, solchen Gedanken nachzugeben“, sagt sie, „würde sich wahrscheinlich alles ändern - und nicht zum Guten.“