Zum Glück macht Puma keine Kondome“, spottete ein Fernsehzuschauer auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. „Bei Nike dürften gerade die Sektkorken knallen“, schrieb dort ein anderer. Was war passiert? Während des FußballEuropameisterschaftsspiels Schweiz gegen Frankreich ribbelten sich die Puma-Trikots mehrerer Spieler vor den Augen von Millionen TV-Zuschauern auf. Der Vorfall sorgte für Heiterkeit bei den Fußballfans und blankes Entsetzen bei dem Sportartikelhersteller. Denn der Shitstorm, der daraufhin auf Twitter losbrach, schön gebündelt unter den Stichworten („Hashtags“) #Trikogate und #Pumagate, blieb nicht ohne Folgen für das Puma-Image.
Diese Händler genießen das beste Image ihrer Branche
Im Auftrag der WirtschaftsWoche wurden insgesamt 950 Marken im Internet untersucht. Die Untersuchungsbasis bildeten dabei nicht klassische Umfragen, sondern 4,7 Millionen Kommentare in sozialen Medien wie Facebook und Twitter oder Bewertungen in Foren und Blogs, die auf ihre Tonalität hin analysiert wurden. Das Ergebnis zeigt die Erstplatzierten Händler der jeweiligen Branche.
Quelle: ISM/Prof. Arne Westermann/Faktenkontor/WirtschaftsWoche 2016
Thomann
Point S
Saturn
Amazon.de
Esso
Ikea
Deichmann
Rossmann
TK Maxx
Triumph
Obi
Norma
Jako-O
Joey's Pizza Service
Herausgefunden hat dies Arne Westermann, Experte für Internetunternehmenskommunikation und Professor an der International School of Management in Dortmund, der das Image von insgesamt 950 Marken im Internet untersucht hat. Für sein im Auftrag der WirtschaftsWoche erstelltes Ranking der Marken im Internet wurden 4,7 Millionen Kommentare auf Plattformen wie Facebook und Twitter gesammelt und Bewertungen in Foren und Blogs herausgesucht. Die Daten wurden von einem Computersystem auf ihre Tonalität hin analysiert. Ergebnis: Das Ranking der 36 Marken mit dem besten Image ihrer Branche.
Puma erreichte in der Kategorie der Sportbekleidungshersteller nur Platz zwölf, laut Westermann vor allem wegen „Trikogate“. Auf dem ersten Platz landete in dieser Kategorie stattdessen die Traditionsmarke Fila noch vor den großen Marken Adidas und Nike. Fila-Kunden schätzten es, dass die Traditionsmarke ihren eigenen Weg geht und zum Beispiel gleich mehrere Designklassiker nach 20 Jahren als Revival auf
den Markt brachte. Fila hängte sich auch nicht an das EM-Fußballfieber, sondern schwamm bewusst gegen den Strom.
Im Netz sind nicht nur Nörgler unterwegs
Bei klassischen Umfragen sind Marktforscher darauf angewiesen, jemanden zu finden, der sich befragen lässt. Beim Auswerten von Kommentaren im Internet entfällt diese Suche nach Interviewpartnern. Zudem bleiben die Antworten unbeeinflusst von der Art der Fragestellung. Die sozialen Medien liefern deshalb oft bessere Erkenntnisse über die Meinung von Konsumenten als klassische Befragungen.
Große Unternehmen werten intern mit ähnlichen Methoden Internetquellen aus, um so ihr Image permanent zu überwachen. Der Nahrungsmittelriese Nestlé (Nespresso, KitKat) etwa hat ein eigenes System, das Meinungsäußerungen von Fans und Kritikern im Netz sammelt und auswertet. Überraschende Erkenntnis: Viele Kunden loben die von ihnen erworbenen Produkte.
Diese Marken genießen das beste Image ihrer Branche
Im Auftrag der WirtschaftsWoche wurden insgesamt 950 Marken im Internet untersucht. Die Untersuchungsbasis bildeten dabei nicht klassische Umfragen, sondern 4,7 Millionen Kommentare in sozialen Medien wie Facebook und Twitter oder Bewertungen in Foren und Blogs, die auf ihre Tonalität hin analysiert wurden. Das Ergebnis zeigt die 20 beliebtesten Handelsmarken im Internet.
Quelle: ISM/Prof. Arne Westermann/Faktenkontor/WirtschaftsWoche 2016
Continental
Sonax
Canon
Baby Born
Black & Decker
Hansgrohe
Siemens
Tefal
Kärcher
Fila
Kettler
Pelikan
Tetra
Persil
Gillette
Dr. Oetker
Landliebe
Zentis
Capri Sonne
Licher
„Im Netz sind keinesfalls nur Nörgler unterwegs“, sagt Kommunikationsexperte Westermann. „Ebenso häufig finden sich begeisterte Kommentare“, stellt auch Jörg Forthmann fest, Inhaber der Marketingagentur Faktenkontor, die an der Untersuchung mitgewirkt hat. Die Zahl der Meinungsäußerungen steigt sogar, je beliebter eine Marke ist. „Der Kunde ist durchaus fair und das Internet auch kein Kanal der Unzufriedenen“, sagt Forthmann.
Wer postet, dass er gerade ein rotes Sofa bei Ikea – einem der bestplatzierten Händler – kaufen will, möchte suggerieren, wie trendy er ist, sagt Forthmann. Definierten sich früher viele Menschen über ihre Herkunft, etwa als Abkömmlinge einer Adels- oder Unternehmerfamilie, so geschieht das heute eher über das Konsumverhalten. Frei nach dem Sparkasse-Werbeslogan „mein Haus, mein Auto, mein Boot“. „Das Bild, das im Netz von jemandem entsteht, erzeugt er selbst mit dem, was er zeigt und postet“, sagt der Faktenkontor-Inhaber – und davon profitieren auch die Hersteller und ihr Image.
Ein Shitstorm lässt sich kaum kontrollieren
Was allen Branchensiegern gemein ist: Sie wirken ehrlich und enttäuschen ihre Kunden eher selten. Deshalb gehören zu den Siegern besonders häufig bewährte Traditionsmarken. Mit Baby-Born-Puppen etwa hat die heutige Elterngeneration selbst schon im Kindesalter gespielt. Sie empfinden die Produkte als verlässlich und schenken sie deshalb heute ihren Kindern.
Kunden des Möbelherstellers Ikea wissen, dass sie Schrank und Bett in Einzelteile zerlegt aus den Hochregalen wuchten, nach Hause transportieren und dort selbst zusammenschrauben müssen. „Die Kunden akzeptieren das“, sagt Forthmann. Sie würden davon nicht überrascht, weil das Unternehmen nicht verschweige, dass hier noch Arbeit auf den Kunden warte.
Kommt es im Internet zum Shitstorm wie bei Puma oder dem Nahrungsmittelhersteller Ferrero, der kürzlich von einer britischen Boulevardzeitung mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, seine Überraschungseier von Kindern und unter wenig hygienischen Bedingungen produzieren zu lassen, ist das Markenimage schnell dahin. Innerhalb weniger Minuten finden sich Tausende negativen Kommentare im Netz. Dort bleiben sie dann. Für immer.