Das inspirierte Mueller zu seiner Idee, Fertig-Mahlzeiten den Werbebildern gegenüberzustellen. Diese Bildcollagen stellte der Berliner dann ins Internet. Jeder solle selbst feststellen, ob er damit leben kann, dass er nicht das bekommt, was die Verpackung verspricht, so Mueller. Wenn sein Projekt ein Ziel habe, dann vielleicht die Aufforderung „Schaut mal her, sollte man da nicht drüber nachdenken?!“ Das Projekt soll die Verbraucher sensibilisieren.
Ob die Bestimmungen so in Ordnung seien, so dass den Unternehmen der Spielraum zu einer solchen Werbung gelassen werden, will der Künstler nicht bewerten, aber für ihn ist klar: Es geht ums Verkaufen. „Wenn die Verpackung von Fertiggerichten durchsichtig wären, dann würden es bestimmt weniger Menschen kaufen“, vermutet Mueller.
Je appetitlicher, desto eher gekauft
Diese Vermutung bestätigt die Erhebung „Saftig, lecker, knackig: Lebensmittelwerbung muss Appetit machen“ des Online-Marktforschungsinstituts Media Analyzer: „Im Zentrum soll das appetitlich hergerichtete, frische und möglichst verzehrfertig inszenierte Produkt stehen. Je appetitlicher, frischer und verzehrfertiger die Präsentation, desto besser wurde die Werbung durchgängig bewertet“, so die Auswertung. Eine große Ablehnung gegenüber Lebensmittelwerbung konnte nicht festgestellt werden: Der Aussage ‚Ich kann Lebensmittelwerbung überhaupt nicht leiden‘ stimmten demnach 30 Prozent der Männer und nur 15 Prozent aller Frauen zu.
Manager und Lebensmitteltechniker Nöhle kommt zu einem ähnlichen Schluss: „Auf dem Bild sieht es sehr schön aus, wenn die Salami vor dem Fachwerkhaus liegt, was den Anschein erwecken könnte, dass sie dort auch hergestellt wird. Jeder weiß, dass dort keine Lebensmittel produziert werden – das wäre ja alleine von unseren Hygienevorschriften gar nicht zulässig. Genau wie der Verbraucher weiß, dass Erdbeeren im Februar nicht von heimischen Feldern kommen, aber kauft sie trotzdem.“ Der Verbraucher aber suche diese Idylle, obwohl er ganz genau weiß, dass er in einer Industriegesellschaft lebt und die Idylle nicht genau passe. „Die Industrie sucht natürlich auch ihre Nische um ihre Produkte abzusetzen und bedient sich dieser Nische der Idylle“.