Lego Erfolg in Stein gemeißelt

Der erste Lego-Film ist ein echtes Marketing-Meisterstück. Das dänische Unternehmen versteht es, den Plastikstein geschickt zu vermarkten und fährt Rekordgewinne ein.

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Wie sich das Lego-Imperium verändert hat
Diese Bilder geben eine Vorstellung von den Anfängen von Lego: Was hier schon fast wie ein Folterinstrument wirkt, sollte nur dazu dienen, schöne Dinge zu schaffen: Die Lego-Formmaschine von 1947 fertigte die ersten Spielteile mit den charakteristischen Steckknöpfen, einer der entscheidenden Vorteile gegenüber den früheren Holzspielzeugen. Das Unternehmen experimentierte mit verschiedenen Konfigurationen, um die richtige „Haftkraft“ zu finden. Erst 1958 kam der typische bekannte Legostein mit acht Profilen. Quelle: Lego Group
Auch sie bringt Nostalgie mit: Die klassische Ente, ein Lego-Holzspielzeug aus den dreißiger Jahren, nimmt einen besonderen Platz in der Geschichte des Konzerns ein. Als der junge Godtfred seinem Vater damals sagte, dass er bei einer Charge Enten nur zwei Schichten Lack verwendet hatte, um Zeit und Geld zu sparen, gab es gehörigen Ärger, denn was, wenn die Kunden diese Nachlässigkeit bemerken? Also musste der junge Kirk Christiansen nachts in die Fertigung zurückgeschickt, um die dritte Lackschicht aufzutragen. Heute knüpft Lego an die Anekdote die Maxime, die der Konzern für sein Geschäft proklamiert und an den Kunden bringen will: „Det Bedste Er Ikke For Godt“ – „Das Beste ist nicht gut genug“. Quelle: Lego Group
Familien-Konvent inmitten floraler Power: Das einzige jemals bekannt gewordene Foto, auf dem sich drei Generationen von Lego-Chefs versammelt haben, zeigt hier von oben nach unten: Ole Kirk, Gründer der Lego-Dynastie, Godtfred Kirk, der 1958 nach dem Tod seines Vaters Präsident des Lego-Konzerns wurde, und Kjeld Kirk, der ab 1979 Innovation in das Unternehmen brachte. Quelle: Lego Group
So warb Lego in den 60ern für seine Produkte: Das Town-Set aus den sechziger Jahren solle ein Spielerlebnis bereiten, das „so echt wie die Wirklichkeit“ war, so das Versprechen, das sich mit der Werbekampagne verband. Quelle: Lego Group
Eine der vielen Innovationen der LEGO Gruppe unter dem jungen Kjeld Kirk Kristiansen war die Einführung von Fantasie-Themen wie Weltraum. Der Space Cruiser aus dem Jahr 1979 war ein großer Erfolg. Quelle: Lego Group
Sie waren die Vorgänger der Bionicles, mit ihnen begann die Evolution der beliebten Action-Spielfiguren: Die Slizer-Produktreihe erschien 1999. Es waren die ersten zusammenbaubaren Actionfiguren der Spielzeugwelt und wirkten vielleicht auch gerade wegen der vielen einzelnen Komponenten besonders futuristisch, agil und kraftvoll. Quelle: Lego Group
Die Ramses Pyramide, eines der ersten Sets aus der Lego-Games-Reihe. Mit dieser versuchte das Unternehmen auch die Domäne des klassischen Gesellschaftsspiels mit Spielfiguren und Würfeln zu bedienen. Für die Spiele-Linie gingen die Macher bei Lego äußerst präzise vor: Das Management überprüfte jedes eingereichte Konzept zur Entwicklung streng auf bestimmte Kriterien zu überprüfen. Es sollte möglich „noch nie da gewesen sein“, „eindeutig Lego-Stil“ haben und das Potenzial für einen Milliarden-Umsatz mitbringen – 1 Milliarde dänische Kronen wohlgemerkt, was etwas weniger als 200 Millionen Euro entspricht. Quelle: Lego Group

Batman fliegt durch die Luft, Autos feuern Raketen ab und mittendrin ist Emmett, der eigentlich ein durchschnittliches Leben führt – bis er durch eine Verwechslung zum Helden wird: Emmet soll den Bösewicht Lord Business bekämpfen, der die Kreativität in der Lego-Welt bedroht: bauen, einreißen, neu erschaffen, alles ist wandelbar und entspringt allein der Fantasie. Doch Lord Business will die kreative Freiheit mit einem Super-Kleber beenden.

Der erste Lego-Film „The Lego Movie“ ist die Lego-Philosophie im Kleinen. Der Film läuft am Donnerstag in den deutschen Kinos an. In den USA war die 3D-Action-Animation bereits wochenlang auf Platz eins und spielte seit Februar rund 250 Millionen Dollar ein. Auch in Deutschland soll der Film ein Vermarktungshit werden. Pünktlich zum Filmstart stehen alle Figuren und Kulissen aus dem Film in den Regalen der Spielwarenläden: das Emmet-Männchen, die Lord-Business-Hauptzentrale, Eisenbarts See-Kuh - all das kann gekauft und nachgebaut werden. Dazu gibt es das Computerspiel „The Lego Movie Videogame“, in dem Kinder sich mit der Hauptfigur Emmet von Level zu Level kämpfen und den Bösewicht besiegen können.

Lego auf einen Blick

Markenexperte Peter Pirck von der Brandmeyer Markenberatung spricht deshalb von einem „Vermarktungs-Coup in Reinform“, von einem „100-minütigen Werbefilm für die Marke.“ Dass sich die Zuschauer da nicht betrogen fühlen, hängt auch mit dem Lego-Image zusammen: „Lego steht für das pädagogisch Wertvolle. Das Unternehmen schafft es, dieses Image in die digitale Welt hinein zu transportieren“, sagt Pirck.

Der Film markiert den vorläufigen Höhepunkt einer erfolgsverwöhnten Geschäftsstrategie. 2013 machte das Familienunternehmen einen Rekordgewinn von 820 Millionen Euro. Lego – das ist längst viel mehr als ein Bauklotz mit Noppen. Die Weltmarke aus dem dänischen Billund hat ihre Produktpalette in den letzten Jahren stetig ausgeweitet: Lego-Figuren, die Filmhelden abbilden, Videospiele für die Konsole, die Mindstorms-Serie, eine Art programmierbarer Lego-Roboter und jetzt der erste Kinofilm. Pirck sagt: „Lego schafft es, ein erfolgreiches Grundmuster immer weiter zu entwickeln und modern zu interpretieren.“ Auch der Film sei Lego pur.

Alles richtig gemacht

Klötzchen, aus denen Kinderträume gebaut werden
Es sind noch einmal 18 Legosteine mehr geworden: 2007, beim 75-jährigen Jubiläum des dänischen Spielzeugherstellers, besaß jeder Mensch im Durchschnitt 62 Legosteine. Zum 80-jährigen Jubiläum sind es schon 80 Legosteine. Jeder Mensch in jedem Alter auf der ganzen Welt wohlgemerkt besitzt statistisch gesehenen so viel Legosteine - die kleinen bunten Kunststoffquader sind längst nicht mehr nur ein Kinderspiel, sondern werden auch von Erwachsenen wieder für sich entdeckt. Quelle: Lego
Die Geschichte des nach Umsatz heute drittgrößten Spielzeugherstellers der Welt ist die Geschichte eines einfachen Tischlers, der sich auch von Widrigkeiten des Lebens nicht vom Kurs abbringen ließ. Ole Kirk Christiansen kam 1891 in der damals bitterarmen Region Jütland zur Welt. 1916 machte er sich als Schreiner und Tischler selbstständig, 1924 brannte seine erste Werkstatt mitsamt seinem Haus ab, nachdem zwei seiner vier Söhne mit Feuer gespielt hatten. Quelle: Lego
Christiansen baute acht Jahre später eine neue Werkstatt auf und gründete am 10. August 1932 in Billund seine Fertigung von Bügelbrettern, Stühlen und Holzspielzeug. Die Umstände für die Geburtsstunde des Unternehmens hätten nicht ungünstiger sein können: Nur gut einen Monat danach starb Christiansens Frau, obendrein brach die Weltwirtschaftskrise ein. Doch der Tischler zeigte sich zäh. Er holte seinen gerade zwölf Jahre alten Sohn Godtfred Kirk in die Firma. Zwei Jahre später erfand er den heutigen Namen. Es ist eine Kurzform von Leg godt, was übersetzt Spiel gut heißt. Quelle: Lego
Der alte Christiansen legte die Basis des Unternehmens, sein junger Sohn war der begnadte Tüftler für die Weiterentwicklung. 1935 entwickelt Lego das erste Konstruktionsspielzeug, bald hing das Familienmotto „Nur das Beste ist gut genug“ auf einem Holzschild in der Werkstatt. Den Durchbruch schaffte die Familie mit der Abkehr vom bisherigen Material Holz. Direkt nach Ende des Zweiten Weltkriegs schaffte Lego als erste Firma in Dänemark eine Kunststoff-Spritzgussmaschine an und begann mit dem Material zu experimentieren. Quelle: Lego
Zu den ersten durch die Maschine möglich gewordenen Neuerfindungen gehörten die so bezeichneten sich „automatisch verbindenden Steine“, ein Vorläufer der heutigen Legosteine. Sie hatten vier und acht Noppen und wurden nur in Dänemark angeboten. 1954 lernte Godtfred Kirk bei einer Schiffsreise nach Großbritannien einen Einkäufer kennen, der der Meinung war, dass es Spielzeug an System fehlt. Es wurde ein wegweisendes Gespräch: Der nun voll in die Unternehmensführung integrierte Junior entwickelte die Idee für das Lego-System. Quelle: Lego
1955 gab es im Lego System 28 verschiedene Baukästen. Als Christiansen diese auf der Nürnberger Spielwarenmesse vorstellte, gab es allerdings ein vernichtendes Echo. Für den deutschen Markt sei Lego vollkommen ungeeignet. Dennoch setzte Lego voll auf Expansionskurs und gründete 1956 seine erste Auslandsfiliale in Hohenwestedt in Schleswig-Holstein. Quelle: Lego
Technisch wurde das Jahr 1958 das entscheidende: Denn bislang hielten die Ur-Legosteine nur mäßig zusammen. Doch in diesem Jahr patentierte Lego die Fortentwicklung der Steine, die seitdem außer Noppen an der Oberseite auch Röhren in der Unterseite haben und stabil zusammenhalten. Quelle: Lego

Erbauen, einreißen, wieder erschaffen, sich wandeln. Ein bisschen erinnert der Legofilm auch an die eigene Firmengeschichte. Vor gut zehn Jahren ging das Familienunternehmen fast in die Pleite. Weil die Patente für den berühmten Baustein ausliefen und Billiganbieter nachzogen, brauchte Lego eine neue Strategie. Die Firma wagte sich auf neue Märkte: Kinderkleidung, Freizeitparks, Computerspiele. Für die aufwendige Entwicklung von Videospielen gab Lego viel Geld aus. Die Freizeitparks verwaltete das Unternehmen selbst. Doch das ging schief.

Lego suchte 2004 eine neue Führung. Einen kreativen Kopf, der Lego wieder aufbauen konnte. Es kam der damals 35-jährige ehemalige McKinsey-Berater Jørgen Vig Knudstorp. Seine Erfolgsstrategie: Er führt das Lizenzsystem ein. So kann alles, was nicht mit der direkten Produktion der Lego-Steine zu tun hat, wie etwa die Videospiele und Freizeitparks, ausgelagert werden. Für den aktuellen Film und das Videospiel arbeitet Lego mit der US-Filmgesellschaft Warner Bros. zusammen.

Statt also selbst teure Entwicklungskosten zu tragen, lässt Lego entwickeln. Wie viel von dem an den Kinokassen eingespielten Geld letztendlich an Lego zurückfliest, dazu hält sich Lego bedeckt. Gleichzeitig erwirbt Lego Lizenzen für bekannte Figuren aus Film und Fernsehen. Die Star-Wars-Linie etwa ist eine der erfolgreichsten.

Lego muss auf den rückläufigen Markt mit klassischem Kinderspielzeug reagieren. Weil in Deutschland weniger Kinder geboren werden, schrumpft die Lego-Kundschaft stetig. Hinzu kommt, dass Kinder immer schneller erwachsen werden, und immer früher zum digitalen Spielzeug greifen, wie Computerspielen, iPads und Playstation.

Mit der Produktlinie Lego Technik hat Lego bereits erfolgreich die Zielgruppe der Jugendlichen und Erwachsenen fürs Tüfteln begeistert. Nun auch die Erwachsenen mit Videospielen abzuholen, ist laut einer Sprecherin von Lego zwar derzeit nicht geplant. Wenn es gut gemacht ist, könnte es aber der nächste richtige Schritt sein, sagt Pirck.

Pirck glaubt, Lego mache derzeit alles richtig. Dennoch warnt er Lego, sich mit immer neuen Produkten zu weit von der klassischen Lego-Baukunst zu entfernen. Denn der klassische Lego-Stein sei immer noch die Basis für den Erfolg aller neuen Produkte.

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