Lufthansa-Chef Spohr nach Air-Berlin-Insolvenz „Wir brauchen drei starke Europäer“

Lufthansa wird große Teile von Air Berlin bekommen. Schon fordert Lufthansa-Chef Carsten Spohr eine weitere Konsolidierung. Selbst der Marktanteil der weltweiten Marktführer sei im Vergleich zu anderen Branchen immer noch verschwindend niedrig.

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„Sie werden kaum eine andere Branche finden, in der Weltmarktführer so geringe Anteile haben“ Quelle: dpa

Frankfurt Es ist die bislang größte Insolvenz einer Fluggesellschaft in Europa: die Pleite von Air Berlin. Dennoch sieht Carsten Spohr auch nach dem Aus von Deutschlands zweitgrößter Airline einen weiteren Konsolidierungsbedarf in der Branche. „Die Lufthansa Gruppe gehört zu den weltweit größten Playern der Airline-Industrie und hat dennoch nur drei Prozent Weltmarktanteil. Sie werden kaum eine andere Branche finden, in der Weltmarktführer so geringe Anteile haben“, sagte der Lufthansa-Chef im Interview mit dem Handelsblatt: „Für mich ist entscheidend, dass wir auch in Europa weltweit bedeutende Airlines haben. Es gibt jeweils drei starke Anbieter in China, den USA und vom Persischen Golf. Wir brauchen auch drei starke Europäer.“

Am Vormittag werden Sachwalter und Generalbevollmächtigter der insolventen Air Berlin wohl den Verkauf großer Teile von Air Berlin an Lufthansa bekanntgeben. Nach Informationen aus gut informierten Kreisen waren sich beide Seiten am Mittwochabend inhaltlich einig geworden, es fehlte nur noch die Unterschrift der entscheidenden Personen. Lufthansa will die nicht insolventen Air-Berlin-Töchter Niki und LGW sowie weitere 13 Airbus-Jets übernehmen. Zudem will man bis zu 3000 Air-Berlin-Mitarbeiter in der Billigtochter Eurowings aufnehmen.

Bei der kartellrechtlichen Betrachtung muss laut Spohr die starke Fragmentierung des weltweiten Luftverkehrsmarktes berücksichtigt werden: „Wenn ein Marktführer nur auf drei Prozent Marktanteil kommt, kann man nicht von Marktdominanz sprechen“, sagte er. Vor diesem Hintergrund würden die Kartellbehörden eine Teil-Übernahme von Air Berlin durch Lufthansa hoffentlich absegnen: „Wir gehen davon aus, dass die Kartellbehörden in den kommenden Wochen und Monaten die Übernahme mindestens unter europäischen Wettbewerbsgesichtspunkten betrachten und die Prüfung nicht auf den deutschen Markt beschränken werden.“ Eigentlich müsse man sogar eine globale Betrachtung vornehmen, schließlich sei die Branche global.

Nach der kartellrechtlichen Genehmigung der Transaktion, die zwischen sechs und acht Wochen dauern dürfte, will Spohr Preiserhöhungen auf einzelnen Strecken nicht dezidiert ausschließen. „In unserer Branche sind die Preise wie in keiner anderen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken“, sagte er: „Teilweise sind sie so niedrig, dass Airlines nicht mehr überleben konnten. Das zeigen die vergangenen Wochen sehr deutlich.“

Dennoch werde es auch künftig Wettbewerb geben, wenn auch nicht auf allen Strecken: „Monopole gibt es in unserer Branche nicht: Wenn eine Strecke mehr als 200.000 Passagiere pro Jahr hat, etabliert sich sehr schnell ein zweiter Anbieter“, sagte der Lufthansa-Chef: „Ich bin mir sicher, dass wir insgesamt einen noch härteren Wettbewerb von gesunden Airlines erleben werden. Und wenn Sie uns mit anderen Branchen vergleichen, werden Sie feststellen, dass der Wettbewerb unter den Airlines einer der härtesten überhaupt ist.“

Vorwürfe, im Bieterverfahren um Air Berlin sei die Lufthansa bevorzugt behandelt worden, wies er vehement zurück: „Wir haben nie bestritten, dass wir uns seit über einem Jahr auf einen möglichen Marktaustritt von Air Berlin vorbereitet haben. Auf diesen Gedanken hätte aber auch jeder andere Wettbewerber nach einem Blick in die öffentlich zugänglichen Bilanzen kommen können.“ Lufthansa habe frühzeitig Gespräche geführt und ausgelotet, wie ein solcher Schritt gelingen könne. „Jetzt wollen wir insgesamt 1,5 Milliarden Euro in das Wachstum der Eurowings investieren und damit 3000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen“, so Spohr weiter. Das sei eine halbe Million Euro pro Arbeitsplatz: „Seitdem diese Zahlen im Markt bekannt sind, sind diejenigen, die uns vorwerfen, dass es im Bieterverfahren keinen vernünftigen Wettbewerb gegeben habe, recht ruhig geworden. Denn nach allem, was bekannt ist, wollte keiner der anderen Mitbieter auch nur ansatzweise in dieser Dimension investieren.“

Das komplette Interview mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr erscheint heute im Laufe des Tages als Premium-Artikel auf handelsblatt.com und morgen in der gedruckten Wochenend-Ausgabe des Handelsblatts.

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