Auch British Airways könnte das Kabotage-Verbot treffen, obwohl die Konzernholding IAG mit der spanischen Schwester-Airline Iberia noch eine Fuß in der Tür hätte. Eine Gewinnwarnung von IAG gab es jedenfalls in den letzten Tagen ebenso wie vom Billigkonkurrenten Easyjet.
Üblich sind in der Luftfahrt zwischenstaatliche Abkommen auf Gegenseitigkeit, die zwischen den EU-Staaten und Großbritannien neu ausgehandelt werden müssten. Experten zweifeln, ob das nach einem Austrittsersuch der britischen Regierung innerhalb der Übergangsfrist von zwei Jahren erreichbar ist.
Auch im weltweiten Luftverkehr träfe der Brexit die Fluggesellschaften der Insel. Die EU hat mit Drittstaaten Luftverkehrsabkommen geschlossen, die künftig für die Briten nicht mehr gelten. Mit nahezu allen internationalen Regierungen müsste das ausgetretene Land diese Abkommen neu verhandeln – insbesondere den wichtigen „Open-Skies“-Vertrag mit den USA.
Laute Überlegungen gibt es daher bereits bei Easyjet, den Firmensitz zu verlagern. Man werde ein Luftverkehrsbetreiber-Zeugnis (AOC) in der Europäischen Union beantragen, teilte die Airline am Wochenende mit – sozusagen als Vorsorgemaßnahme. Das Hauptquartier, derzeit in Luton bei London gelegen, wolle man dagegen nicht aufgeben, ließ Vorstandschefin Carolyn McCall anderslautende Meldungen des Nachrichtensenders Sky News dementieren.
Vorbild für Easyjet könnte der deutsche Wettbewerber Air Berlin sein. Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft gehört zwar einer sogenannten Plc-Holding nach britischen Recht. Der Luftverkehrsbetrieb ist aber in Deutschland registriert, und auch die Streckenrechte werden über das Luftfahrtbundesamt vergeben. Vom Brexit hat Air Berlin deshalb wenig zu fürchten.
Anders als eine andere nicht-britische Airline: Ryanair. Der irische Billigflieger kann nach einem Großbritannien-Austritt zwar weiterhin mühelos innerhalb der restlichen EU fliegen, die europaweiten Verbindungen von und nach Großbritannien wären jedoch vermutlich unterbrochen.
Großbritannien und die EU - eine schwierige Beziehung
Seit mehr als 43 Jahren sind die Briten Mitglied der Europäischen Union. Doch jetzt ist der Austritt beschlossene Sache. Schwierig waren die Beziehungen von Anfang an. Ein Rückblick:
Als Gegengewicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) wird auf Initiative Londons die Europäische Freihandelszone (EFTA) gegründet, die keine politische Integration anstrebt.
Der französische Präsident Charles de Gaulle legt sein Veto gegen eine Mitgliedschaft der Briten in der EWG ein. 1973 tritt Großbritannien schließlich doch bei.
Erst nachdem Premier Harold Wilson die Vertragsbedingungen nachverhandelt hat, sprechen sich die Briten in einem Referendum mit 67,2 Prozent für einen Verbleib in der Gemeinschaft aus.
Mit den legendären Worten „I want my money back“ (Ich will mein Geld zurück) handelt die konservative britische Premierministerin Margaret Thatcher den sogenannten Britenrabatt aus. London muss fortan weniger in den Haushalt der Europäischen Gemeinschaft (EG) einzahlen.
EG-Länder beschließen im Schengener Abkommen die Aufhebung der Passkontrollen an den Binnengrenzen. Großbritannien macht nicht mit.
Der britische Premier John Major kündigt eine europafreundliche Politik seiner Konservativen Partei an, scheitert damit aber parteiintern. Er handelt aus, dass London nicht am Europäischen Währungssystem teilnimmt.
Der britische Premier Tony Blair gerät mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac über ein „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ in Streit.
Blair lässt einen EU-Gipfel zum mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union (EU) scheitern, stimmt Monate später aber doch zu und akzeptiert ein Abschmelzen des Britenrabatts.
Mit Inkrafttreten des EU-Vertrages von Lissabon kann London wählen, an welchen Gesetzen im Bereich Inneres und Justiz es sich beteiligt. Zudem erwirkt die britische Regierung den Ausstieg aus mehr als 100 Gesetzen aus der Zeit vor dem Lissabon-Vertrag.
Der britische Premier David Cameron verweigert seine Zustimmung zum EU-Fiskalpakt.
Cameron droht mit einem Veto bei den Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU.
Cameron kündigt eine Volksabstimmung über den Verbleib Großbritanniens in der EU bis spätestens 2017 an. Bis dahin will er die Rolle seines Landes in der EU neu aushandeln und Befugnisse aus Brüssel nach London zurückholen.
London blockiert den Aufbau einer Europäischen Verteidigungsunion und lehnt grundsätzlich Doppelstrukturen von EU und Nato ab.
Nach Zugeständnissen der EU kündigt Cameron für den 23. Juni ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU an.
Bei der Volksabstimmung votieren fast 52 Prozent der Briten für den Austritt.
Airline-Chef Michael O‘Leary ist darüber wenig amüsiert. Mehr als in Viertel seiner Flüge starten und landen auf der Insel.
Hoffnungen machen darf sich dagegen Lufthansa. Sie würde am Ende sogar davon profitieren, dass Europas größte Airline-Drehscheibe, der Flughafen London-Heathrow, durch die schwierige Rechtslage an Bedeutung verliert. „Der Drehkreuzverkehr könnte dann nach Frankfurt und München umgeleitet werden“, hofft Oberhanseat Carsten Spohr.
Die beiden deutschen Airports sind neben Zürich und Wien die wichtigsten Drehkreuze der Lufthansa.