Laremia-Chefin Mangold unterscheidet zwischen mehreren Typen: „Unsere Hauptkundin ist die modebewusste Frau, die viel unterwegs ist und häufig für Veranstaltungen neue, noch nicht gesehene Kleider braucht, aber nicht das Geld und die Zeit hat, sich immer ein neues zu kaufen. Für die sind wir ein unendlicher Kleiderschrank.“
Daneben gebe es aber auch diejenigen, die auf Nachhaltigkeit achten oder sich mit einem besonderen Kleid einmalig einen besonderen Wunsch erfüllen. Und es gibt die reiche Frau, die den Luxus-Verleih zum Experimentieren nutzt, dadurch neue Designer kennenlernt und sich die passsenden Kleider später wirklich kauft.
Protzen oder nur mal probieren
Leih-Luxus ist nicht nur für diejenigen, die gerne angeben. Auch zum Edel-Auto-Vermieter Edel & Stark kommen unterschiedliche Kunden. Die, die sich einen Traum erfüllen wollen, einen Gutschein verschenken oder jemandem zur Hochzeit ein Fahrzeug der Extraklasse schenken möchten.
„Das sind vor allem die Kunden, denen es um die Emotionen rund um den Sportwagen geht“, sagt Lüchinger. „Zum anderen haben wir internationale Touristen, welche sich anstatt eines ‚normalen‘ Mietfahrzeugs eine Limousine oder einen Sportwagen leisten.“
Immer mehr Anbieter drängen in den wachsenden Luxus-Markt. Denn auch die großen Autoverleiher haben das Premiumsegment längst für sich entdeckt und vermieten hochpreisige Fahrzeuge. Beim Berliner Edel-Taxi-Service Blacklane gibt es den Chauffeur gleich zur Limousine dazu.
Auch im Modebereich nimmt der Konkurrenz-Druck zu. Noch wächst der Markt offenbar organisch, das Interesse steigt durchgehend. Laremia-Chefin Mangold gibt sich deshalb betont gelassen. „Jeder neue Anbieter macht das Modell zum Leihen bekannter. Davon profitieren wir.“
Wie sich unser Verständnis von Luxus verändert
Nur wenige Begriffe werden so inflationär und so unterschiedlich verwendet, wie der Luxus-Begriff. Die Vorstellung von Luxus ist nicht nur individuell unterschiedlich, sie unterliegt auch einem gesellschaftlichen Wandel. In einem idealtypischen Modell beschriebt das Schweizer Gottlieb Duttweiler Institut vier Phasen, die den Wandel des nachvollziehbar machen. Das Modell beschreibt einen Reifeprozess, der sich an den Lebensphasen orientiert;
Quelle: Gottlieb-Duttweiler-Institut. „Der nächste Luxus. Was uns in Zukunft lieb und teuer wird.“
Die erste Phase der Luxusentwicklung ist geprägt durch einen großen Konsumhunger, der mit dem was angeboten wird, befriedigt wird. Das vorherrschende Prinzip: „Mehr ist Mehr“. Dies ist vor allem auf aufstrebenden Märkten zu beobachten. Hier herrschen Nachholbedarf und das Verlangen aufzusteigen. Gleichzeitig gibt es ein Defizit.
Sie setzt Solvenz voraus, wird aber dominiert von einem verstärkten Wettbewerbsdruck. Der Traum von einem weiterem Aufstieg weicht der Angst vor einem Abstieg. Nun wird das „Mehr“ zum „Muss“. Güter mit Signalwirkung gewinnen an Bedeutung: Mein Haus, mein Auto, mein Diamantring.
Eine erste Luxusmüdigkeit setzt ein. Die Phase ist geprägt vom abnehmenden Grenznutzen. Die Erkenntnis, dass das Glücksfühl beim Erwerb eines Produkts abnimmt, je öfter und hindernisloser dieser möglich ist, stellt sich ein. Der Luxuskonsum verschiebt sich von der Produkt- auf die Erlebnisebene.
Die Ästhetik des neuen Luxus lässt sich für die Forscher des GDI auf den Begriff der Verschlichterung bringen. Luxuskonsumenten demonstrieren bewusst den Verzicht. Die Fähigkeiten, dass Reduzierte und Essentielle leben, aber lesen zu können rückt in den Vordergrund. Nur wer über materiellen Besitz verfügt, wird sich die Fähigkeiten aneignen können, um die Codes des neuen Luxus zu entziffern.
Dass Luxusgüter zum Mieten das Interesse der breiten Masse auf sich ziehen, schmeckt nicht jedem. Vor allem denen nicht, die sich Veyron und Vuitton eigentlich auch so leisten könnten.
Denn so geht auch ein Stück Exklusivität und damit auch der Reiz der Luxusgüter verloren. „Wenn man nicht weiß, ob die Designer-Handtasche oder Luxus-Limousine des Gegenübers nun geliehen oder gekauft ist, wird es folglich immer schwieriger, den sozialen Status des Gegenübers auf einen Blick einzuschätzen und den ‚wahren‘ Luxuskunden zu erkennen“, sagt GDI-Expertin Martina Kühne.
Nach einer Studie zum Luxuskonsum hat die Forscherin deshalb bereits das Ende des Bling-Bling-Luxus ausgerufen. Um sich von der Masse abzugrenzen, wendet sich die Elite demnach einem neuen Luxus zu. „Der zeigt sich dann nicht mehr in Form einer Louis-Vuitton-Tasche, sondern ist weitgehend unsichtbar“, glaubt Kühne. An die Stelle von Prunk und Protz treten Wissen, Erlebnisse und Erfahrungen, die sich wenige leisten können.
Den Luxusverleihern ist das freilich egal. Sie verdienen daran, die Luxusgüter näher an die Masse zu bringen – und machen dabei eine interessante Entdeckung: Auch wenn der Share-Gedanke langsam im Aufwind ist, können sich zumindest die Deutschen kaum völlig vom Besitz verabschieden.
"Der Trend zur Sharing-Economy ist deutlich zu sehen, allerdings wird die Option zum Kauf noch stark nachgefragt", sagt Natascha Gruen von Dresscoded. Und auch bei Laremia verlieben sich einige Kundinnen so sehr in ein Kleid, dass die den Modeverleihern bereits getragene Stücke abkaufen wollen - zum kleinen Preis, versteht sich. Auch im Second-Hand-Handel ist Luxus ein echter Erfolg.