Die zierliche Chinesin schlüpft in den marineblauen Burberry-Trenchcoat, das Modell The Kensington gefällt ihr sichtlich. Es herrscht Hochbetrieb in der Designer-Outlet-Mall Bicester Village in der Nähe der Universitätsstadt Oxford. Für asiatische Touristen in Großbritannien gehört die Mall zu den Topzielen.
Luxuslabels wie Burberry sind hier günstiger als anderswo: 906 Pfund (1081 Euro) statt 1295 Pfund (1545 Euro) kostet etwa The Kensington. Die Kundin kann sich sogar doppelt freuen: Seit die Briten entschieden haben, die EU zu verlassen, ist der Wert der britischen Währung um 20 Prozent gesunken, was der Asiatin eine zusätzliche Ersparnis beschert.
Für Burberry sind die aufgrund der günstigen Wechselkurse wieder kauflustigen Touristen aus China und den USA ein wahrer Segen. Nicht nur hier in der Outlet-Mall, sondern auch in den Londoner Luxuskaufhäusern griffen die Kundinnen zuletzt wieder gerne zu – und trugen damit ganz wesentlich dazu bei, dass der Umsatz der 160 Jahre alten Marke in Großbritannien im ersten Halbjahr 2016 um 30 Prozent zulegte.
Doch Britannien riss es nicht heraus: Weltweit schrumpfte der Umsatz von Burberry um vier Prozent, der Gewinn ging, angesichts hoher Abschreibungen auf das Geschäft mit Parfüms und Make-up, um ein Drittel auf 102 Millionen Pfund zurück. In den USA, wo knapp ein Viertel des Umsatzes gemacht wird, lag der Rückgang gar bei zwölf Prozent.
Damit setzt sich der vor zwei Jahren begonnene Abstieg der Traditionsmarke fort. Dennoch will Burberry nicht aufgeben: Dem Hersteller von Luxushandtaschen Coach aus den USA, der in den vergangenen Monaten mehrere informelle Übernahmeangebote gemacht hatte, erteilten die Briten laut „Financial Times“ soeben einen Korb. Sie wollen allein einen Neustart wagen.
Die Traditionsmarke, deren wasserabweisende Gabardine-Regenmäntel einst von den britischen Soldaten in den Schützengräben („Trenches“) getragen wurden, hatte Anfang des Jahrtausends eine der erfolgreichsten Wandlungen der Modegeschichte hingelegt.
Unter der Führung der Amerikanerin Rose Marie Bravo und später unter ihrer Nachfolgerin Angela Ahrendts wurde das verstaubte Label zu einer begehrten Glamourmarke. Das Erfolgsgeheimnis war ein gelungener Spagat zwischen modernem und traditionellem Design. Statt biederer Karos wurden den Models jetzt freche Luxusklamotten auf den Leib geschneidert, Herren- und Kinderkollektionen lanciert. Filmstar Keira Knightly und Supermodel Kate Moss verliehen Burberry ein modernes und edles Image. Selbst als Moss vor elf Jahren mit Kokain ertappt wurde, konnte das der Marke nichts anhaben, wenngleich Burberry die Zusammenarbeit mit dem Model daraufhin beendete.
Der Umsatz soll angeheizt werden
Doch seit Chefin Angela Ahrendts das Unternehmen im Jahr 2014 in Richtung Apple verließ und der über viele Jahre erfolgreiche Kreativchef Christopher Bailey ihren Job übernahm, kämpft Burberry mit rückläufigen Umsätzen und Gewinnen. Bailey ist mit der Doppelrolle sichtlich überfordert. Er pushte zwar den Absatz über die digitalen Kanäle, doch von Marketing und Management versteht er nicht viel. Was viel schlimmer war: Offenbar litt seine Kreativität unter der Doppelbelastung. Die einst heiß begehrten Kollektionen kamen nun nicht mehr so gut an.
Hinzu kommt, dass das Modelabel, wie viele in der Luxusbranche, darunter leidet, dass das Geschäft in China nicht mehr rundläuft. Seit die Regierung in Peking gegen Korruption vorgeht, werden Luxusgüter seltener verschenkt. Und Burberry ist in besonderem Maße vom Chinageschäft abhängig: 35 Prozent des Umsatzes werden dort generiert.
Der Aufsichtsrat steuert nun gegen.
Bis 2020 sollen die Kosten um rund 100 Millionen Pfund im Jahr sinken. 20 Millionen Pfund haben die Briten schon im vergangenen Jahr reingeholt. So wurde das Sortiment gestrafft und die Zahl der unterschiedlichen Handtaschen, Mäntel und Accessoires um bis zu 20 Prozent reduziert.
Gleichzeitig soll der Umsatz durch einen neuen Kollektionsrhythmus angeheizt werden. Statt vier gibt es nur noch zwei Modeschauen im Jahr. Seit Herbst wird dort nach dem Motto „See now, buy now“ verfahren. Das heißt, die Kleidungsstücke, die bei den Modeschauen auf dem Laufsteg zu sehen sind, gibt es jetzt auch gleich zu kaufen.
Am wichtigsten aber ist wohl, dass der Verwaltungsrat die komplette Führungsriege austauscht. Schon im Januar kommt eine neue Finanzchefin. Im Sommer soll dann mit Marco Gobbetti ein erfahrener Modemanager seinen Dienst als Vorstandschef antreten. Der 49-Jährige leitete acht Jahre lang die französische Edelmarke Céline und hat mehr als 20 Jahre Erfahrung im Luxussegment. Bailey wird als Präsident von den Mühen des Tagesgeschäfts entlastet. Als oberster Kreativer soll er sich dann wieder um die Kollektionen kümmern.
Mit mehr Zeit zum Nachdenken soll der Kreative dann Modelle entwerfen, die den Geschmack der vorwiegend weiblichen Kundschaft besser treffen. Klappt es mit der Kreativität, so die Hoffnung, kommen dann bald bessere Zahlen.