Manager im Justizvollzug Middelhoffs hartes Leben in U-Haft

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Keine Sträflingsarbeit für Middelhoff

Will Middelhoff sich beschweren, kann er sich an den siebenköpfigen JVA-Beirat wenden, der Wünsche, Anregungen und Beanstandungen von Gefangenen entgegen nimmt. Eines immerhin versprechen die Anstaltsregeln: "Aussprache und Schriftwechsel zwischen Beirat und Gefangenen werden nicht überwacht."

5300 Bücher stehen zum Ausleihen zur Auswahl – darunter über rund 700 fremdsprachige in 15 Sprachen, weil zwei von fünf Häftlingen in Essen Ausländer sind. Eine Einzelzelle ist ihm wohl sicher, weil die JVA Essen nur wenige Gemeinschaftszellen hat. Sie wurde 1911 als fünfgeschossiger Kreuzbau mit Innenhöfen gebaut, im Krieg schwer beschädigt und in der zweiten Hälfte der 1940er-Jahre wieder aufgebaut. Hier und da wurde der Bau immer wieder erweitert und renoviert.

Vor fünf Jahren entstand unter anderem eine neue Werkhalle "mit modernsten Arbeitsverhältnissen und erweiterten Produktionskapazitäten", wie die JVA wirbt. Für externe Firmen werden dort laut Anstalts-Homepage unter anderem "Entgratungsarbeiten, Zuschneidearbeiten, Falten und Bearbeiten von Kartonagen, Klebearbeiten, Einlegearbeiten, Zusammenstellen von Prospektmappen, Verpackungsarbeiten, Eintütarbeiten, Fertigung von Kabelbäumen und Recycling von Altgeräten" durchgeführt.

Arbeiten dürfen hier - für rund 15 Euro Tageslohn - sowohl jene 60 Prozent der gut 500 Insassen, die bereits rechtskräftigt verurteilt wurden, als auch die Untersuchungshäftlinge. Nur für neue Insassen wie Middelhoff bleiben die Werkstätten vier Wochen lang tabu. Untersuchungshäftlinge dürfen dann arbeiten, müssen aber nicht.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Die Roland-Versicherung vermarktet seit einigen Jahren das Roland-U-Haft-Package, das "Erste Hilfe leistet in dieser Ausnahmesituation". Es ist fester Bestandteil des Top-Manager-Rechtsschutzes. Ob Middelhoff versichert war, ist nicht bekannt. Aber das Angebot zeigt, wie groß die Palette der Notlagen werden kann allein im Knast: "Sie möchten zum Beispiel Ihre Familie benachrichtigen oder benötigen bestimmte Medikamente? Dafür umfasst das U-Haft-Paket eine Reihe von Leistungen: den Benachrichtigungs-, Arzneimittelversand-, Kfz-Rückhol- sowie Botschafts- und Konsulats-Service."

Die Essener Richter wollen Middelhoff in U-Haft halten, bis ihr Urteil rechtskräftig wird. Das aber kann es nicht werden, weil Middelhoff das harte Urteil vom 14. November nicht akzeptiert und seine Anwälte dagegen Revision eingelegt haben. Sonst, so der Umkehrschluss, käme er womöglich schneller frei oder zumindest schneller in den regulären Vollzug.

Das OLG Hamm wird erst weit im Jahr 2015 entscheiden. Wenn es zuvor nicht den Essener U-Haft-Beschluss einkassiert, drohen Middelhoff noch viele schwere Monate im Essener U-Haft-Trakt.

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