Marc Cain Chinesinnen stehen auf schwäbischen Schick

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Mode Made in Germany

"In Hochzeiten müssen einige Mitarbeiter zwölf Stunden ohne Pause ran", sagt ein Gewerkschafter. Das bestreitet Schlotterer: Zwar würden Überstunden aufgebaut und anschließend wieder abgebaut, aber im Rahmen der geltenden Gesetze. Auch im Krankheitsfall soll Schlotterer genau nachhaken, was dem Mitarbeiter denn fehle. Schlotterer bestreitet das nicht. Das Gespräch diene ausschließlich dem Wohl der Mitarbeiter. Einen Betriebsrat gibt es bei Marc Cain nicht.

Neben den langen Laufzeiten der Maschinen befeuert neueste Technik Schlotterers Erfolg. Nur so könne er immer einen Schritt voraus sein und die beste Qualität anbieten, sagt der Chef. Für die nächste Kollektion sollen in Bodelshausen bereits Maschinen zum Einsatz kommen, die die Kleidungsstücke in einem Stück stricken. Dann kann Schlotterer sich ein komplettes Made in Germany ins Etikett nähen.

Chinesen lieben die hohe Qualität

Gerade im Ausland kommt die deutsche Qualitätsarbeit an. Russen und Chinesen kauften in den vergangenen Saisons jährlich mehr als 30 Prozent als zuvor. "Bemerkenswert ist die konsequent betriebene internationale Expansion des Labels. Die Chinesen lieben und achten den hohen Qualitätsstandard der Kollektionen", lobt Wolf Jochen Schulte-Hillen, Chef der Münsterländer Unternehmensberatung SHSelection. 3,6 Millionen Teile fertigt Marc Cain pro Jahr und setzt seine zwei Linien Marc Cain Collections und Marc Cain Sports in 58 Ländern, 156 Marc-Cain-Läden und 258 Shop-in-Shops. Für 2013 erwartet Schlotterer acht bis zehn Prozent mehr Umsatz, zuvörderst aus China und Russland. Mit Preisen zwischen 90 Euro und 400 Euro für Pullover und bis 500 Euro für Blazer liegt Marc Cain im sogenannten Premiumbereich unterhalb des Luxuslevels.

Die komfortable Finanzlage ermöglichte es Schlotterer, ohne Bankkredite aus laufenden Einnahmen 60 Millionen Euro in ein futuristisches Produktions- und Verwaltungsgebäude zu stecken. "Mode braucht eine hübsche Verpackung", sagt der gesprächige Schwabe, dessen Kleidungsstil von seinen Modeerfahrungen in Italien zeugt. Der Glasbau in Bodelshausen wirkt denn auch eher wie ein Luxushotel denn eine Fabrik. Weiße Designerstühle zieren die Kantine, in der Schlotterer selbst regelmäßig isst. Auch die Fabrik ist ganz in Weiß gehalten.

Auch die Inneneinrichtung ist selbst designt

Für weitere 23 Millionen Euro baut Schlotterer jetzt ein neues Logistikcenter. Der üppige Cash-Flow sorgte auch dafür, dass er seinen Bruder, einst der Teilhaber, nach Differenzen ausbezahlen konnte. "Die Gewinne der vergangenen acht Jahre sind im Unternehmen geblieben", sagt er.

Der Chef behält möglichst viele Gewerke im Unternehmen. Die Inneneinrichtung seiner Läden und Showrooms wie Tische, Umkleiden und Schränke designt sein Team selbst. Auch organisiert Marc Cain die Logistik für den Online-Shop selbst, der im Startjahr 2012 rund sechs Millionen Euro Umsatz erzielte und in diesem Jahr zehn Millionen erreichen soll. Dereinst soll das Unternehmensvermögen in eine soziale Stiftung fließen. Denn Kinder hat Schlotterer mit seiner Frau, einem ehemaligen Model von Yves Saint-Laurent, nicht.

Als Nächstes überlegt er, eine Parfüm-Lizenz zu vergeben: "Die Lizenzen haben Kollegen wie Joop und Boss ordentliche Zusatzgewinne eingebracht." Eine Herrenkollektion ist aber nicht geplant: "Die mache ich erst, wenn mich der Wahnsinn befällt." Viele Konkurrenten hätten sich mit neuen Linien verhoben. Mangels eigener Herrenmode trägt Schlotterer also weiter sein Boss-Sakko.

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