Markenküchen Die Scheinrabatte der Küchenhändler

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Kein Schnäppchen

Mein Fazit: Die Preisunterschiede bei den eingeholten Angeboten sind begründbar, wenn auch nicht nachvollziehbar. Ein echtes Schnäppchen, wie es die teilweise hohen Rabattversprechen erwarten ließen, war aber nicht darunter. Das günstigste Angebot hat mich auch am meisten Energie und Zeit gekostet, erst das nachgebesserte Angebot brachte eine deutliche Preissenkung. Gleichzeitig war die Planung hier noch am ehesten verbesserungsfähig, die – wie sich später zeigte – sinnvolle Optimierung in Gestaltung und Ausstattung blieb zunächst aus. Die hätte mindestens einen weiteren Beratungstermin erfordert und aller Voraussicht nach auch den genannten Angebotspreis wieder zunichte gemacht hätte.

Das Angebot, das preislich in der Mitte lag, war ohne Zweifel das ausgereifteste. Hier hatte der Verkäufer zwei Tage Zeit, das beste Paket für mich zu schnüren. Das machte sich dann zwar nicht unbedingt in einem besonders niedrigen Preis bemerkbar, dafür in den besten Lösungen.

Einen wirklich signifikant günstigeren Preis bietet bei den Möbelpreisen lediglich Ikea. Die damit selbstauferlegte Mühsal, alles selbst zu planen, zu montieren und gegebenenfalls auch noch die Elektrogeräte selbst zu beschaffen und vom Elektriker anschließen zu lassen, ist der Preis, den der Kunde noch draufzahlt. Ob das die verlorene Zeit, Schweiß und Tränen aufwiegt, darf aber bezweifelt werden.

Die Rabattschlacht lohnt insgesamt nicht. Als ruinösen Wettbewerb mag Verbandschef Heumann den Rabattkrieg zwischen den großen Küchenhändlern und Möbelhäusern auch nicht bezeichnen. Er bezweifelt die Aussagekraft der hohen Preisnachlässe an. „Die Frage ist doch immer, von welchem Preis aus der Rabatt gewährt wird. Die Händler sind es, die Aufschlag auf den Einkaufspreis festlegen. Die sind bei den Großflächenanbietern teilweise sehr hoch – und lassen sich dementsprechend weit herunterrechnen“, sagt Heumann. Er hält diese Form der Kundengewinnung für den falschen Weg. „Werden ständig und immer wieder hohe Rabatte beworben, sind die vermeintlichen Schnäppchen am Ende keine mehr“, ist Heumann überzeugt. „So zerstören die Handelsriesen nur das Vertrauen der Verbraucher. Die vielen Innovationen und intelligenten Lösungen der Küchen- und Gerätehersteller werden hingegen kaum beworben.“

Auch ich stelle fest, dass meine anfängliche Skepsis ausgeprägtem Misstrauen gewichen ist. Besonders ärgerlich war die Weigerung aller besuchten Küchenspezialisten, irgendwelche Unterlagen oder zumindest Ausdrucke der computersimulierten Küchengestaltung herauszurücken. Die Absicht dahinter ist naheliegend: Das Einholen von Angeboten bei Wettbewerbern wird so nahezu unmöglich, insbesondere im Hinblick auf die technische Ausstattung. Ohne eigene Notizen sind Kaufinteressenten im Grunde dem Verkaufspersonal blind ausgeliefert. Selbst wer alles notiert, hat nur eine vage Vorstellung davon, was er da alles kauft.

Mir langt es. Nach dieser Odyssee habe ich das Projekt Einbauküche fürs Erste auf Eis gelegt. Zeitlich begrenzte Sonderangebote, Rabatte und Null-Prozent-Finanzierungsaktionen scheinen mir ein schlechter Ratgeber zu sein – vor allem, wenn es eine Küche für die nächsten 20 bis 25 Jahre sein soll. Wenn ich den Küchenkauf tatsächlich nochmal ernsthaft angehen sollte, werde ich mich jedenfalls nicht unter Zeitdruck setzen lassen und mir einen erfahrenen Küchenplaner suchen, der mir für ein gegebenes Budget die optimale Lösung sucht. Vermutlich werde ich dann beim Fachhändler landen. Bis ich dafür wieder genügend Muße aufbringen kann, wird es meine alte, klapprige Küche noch tun müssen. Zur Not gehe ich von dem Geld, das ich jetzt nicht ausgebe, einfach öfter auswärts essen. Vielleicht sogar beim Sternekoch Stefan Marquard. Das wär dann wenigstens „ganz große Küche“.

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