Maues Geschäft für Modeläden Ist Kleiderkaufen „nicht mehr sexy“ ?

In vielen Modegeschäften bleiben in diesem Jahr die Kunden aus. Die Wintersaison war schlecht. Und auch die Frühjahrs- und Sommersaison geben Experten allmählich verloren. Selbst der Online-Handel wächst weniger.

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Die Verbraucher lassen die Modegeschäfte in den Einkaufsstraßen immer öfter links liegen. Seit Jahresbeginn lagen die Umsätze des stationären Textilhandels in Deutschland Marktstudien zufolge in fast allen Monaten deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. „Bekleidung kaufen ist einfach nicht mehr sexy“, urteilt die Handelsexpertin Petra Mücke von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).

Nach einer Marktstudie des Branchenfachblatts „Textilwirtschaft“ lagen die Umsätze im stationären Textilhandel im Januar, Februar, April und Mai deutlich unter dem Vorjahresniveau - zum Teil bis zu neun Prozent. Lediglich im März sorgten ein paar unerwartet frühe, sommerliche Tage für ein kurzes Aufflackern der Kauflust. „Da hat das Wetter ausnahmsweise zum Saisonauftakt gepasst und die Leute haben gekauft“, berichtet Mücke.

Doch Hoffnungen des Handels, damit sei der Startschuss für eine anhaltende Markterholung gegeben, erfüllten sich nicht. Es blieb ein Strohfeuer. Mit dem deutlichen Minus im April und im Mai sei nach dem enttäuschenden Geschäft im Winter auch die Frühjahr-/Sommer-Saison „so gut wie verloren“, urteilt die „Textilwirtschaft“.

Sogar der bislang erfolgsverwöhnte Online-Handel konnte sich der nachlassenden Kauflust nicht mehr völlig entziehen. Während der Online-Handel insgesamt im ersten Quartal 2017 nach Angaben des Branchenverbandes bevh um knapp 10 Prozent zulegte, wuchs der Online-Handel mit Textilien nur noch um 2,7 Prozent. Im April musste er laut GfK sogar ein Umsatzminus von 4,8 Prozent hinnehmen.

„Bekleidung hat für die Verbraucher nicht mehr den Stellenwert wie früher. Heute definiert man sich mehr über ein neues Smartphone als über ein neues Outfit“, meint GfK-Expertin Mücke.

Die Branche selbst ist allerdings nach Ansicht von Branchenkennern auch nicht unschuldig an dem nun schon seit Jahren zu beobachtenden Niedergang. „Es gibt im Grunde genommen keine Mode mehr“, klagt etwa der GfK-Textilexperte Bernd Lochschmidt. Es fehle an „Must-haves“, an neuen, trendigen Kollektionen, die zum Kauf verführten. Stattdessen regiere Beliebigkeit.

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Wer in Modezeitschriften blättere, komme zu dem Ergebnis, dass eigentlich fast alles aus dem eigenen Kleiderschrank noch tragbar sei, schlägt Mücke in dieselbe Kerbe. Die Folge: „Man braucht nicht wirklich etwas Neues.“

Im Handel sorgte die anhaltende Kaufzurückhaltung vieler Kunden inzwischen zum Teil für Panikreaktionen. Schon im März lockten die ersten Händler mit Preisnachlässen auf die Frühjahrskollektionen und verursachten damit selbst in der rabatterprobten Branche einen Aufschrei.

Weitgehend immun gegen die Kaufzurückhaltung scheinen neben den Onlinehändlern bislang vor allem Billiganbieter wie Primark, KiK oder TK Maxx, die nach wie vor kräftig wachsen. Am stärksten betroffen ist nach Einschätzung von GfK-Expertin Mücke der klassische Fachhandel, der verschiedene Marken unter einem Dach anbietet.

Der Deutschland-Chef des Kreditversicherers Euler Hermes, Ron van het Hof, warnte erst vor wenigen Tagen, Einzelhändler in der Mode-Branche stünden „vor großen Herausforderungen“. In der Branche wird erwartet, dass die Zahl der klassischen Modehändler in den kommenden Jahren weiter schrumpfen wird. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland denkt sogar schon laut über ein Gesundschrumpfen der stark vom Textilhandel geprägten Fußgängerzonen in vielen Städten nach.

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