Millard Drexler Kleider-Guru räumt seinen Posten

Gut 14 Jahre stand der ehemalige Gap-Chef Millard Drexler an der Spitze der US-Kleiderkette J. Crew. Sie zählte zu den Lieblingsmarken der Präsidentenfamilie Obama. Warum das Label trotzdem Probleme hat.

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„Wir sind ein wenig zu elitär geworden“, sagte der Modeexperte. Quelle: AP

New York Die Krise der US-Kleiderketten fordert ihr bislang prominentestes Opfer: der 72-jährige Chef von J. Crew räumt seinen Posten. Mit Millard, genannt „Mickey“, Drexler, zieht sich eine Ikone des Bekleidungshandels auf den Chairman-Posten zurück. Sein Nachfolger als Vorstandsvorsitzender wird James Brett, der zuletzt den Möbeldesigner West Elm geführt hat.

„Mickey“ Drexler hat in den 1990er-Jahren die Bekleidungskette Gap und deren Marken Old Navy und Banana Republic großgemacht – und später auch J. Crew zu internationalem Glanz verholfen. Er hat den Amerikanern mit seinen Button-Down-Hemden zur Khaki-Hosen den legeren Büro-Einheits-Look verpasst.

Drexler galt als kreativer Kopf der Branche und war bei J. Crew bekannt dafür, mit dem Fahrrad durchs Büro zu fahren. Hatte er eine Idee, verkündete er die kurzerhand über Lautsprecher. Auch sonst ging er ungewöhnliche Wege und machte etwa seine Chef-Designerin Jenna Lyons zum Star – eine Seltenheit bei großen Ketten, bei denen die Designer-Teams normalerweise in der Anonymität wirken.

Mit seinem Design und der guten Qualität zu gehobenen, aber nicht exorbitanten Preisen eroberte er unter anderem die Familie des ehemaligen Präsidenten Barack Obama. Immer wieder wurden vor allem Michelle Obama und ihre Töchter in den farbenfrohen Röcken und Mänteln von J. Crew abgelichtet.

Doch den neuen Zeiten war Drexler nicht gewachsen. Nach zehn verlustreichen Quartalen muss er nun gehen. Vor wenigen Monaten hat bereits die Designerin ihren Job verloren. Nun zieht Drexler auch für sich die Konsequenz.

Die Konkurrenz im Netz, die sozialen Medien, das neue Preisbewusstsein der Kunden, die dauernd Hunger auf Neues haben – all das hat das Leben des ehemaligen Retail-Gurus schwer gemacht. Gegenüber H&M und Zara konnte sich J. Crew zuletzt nicht mehr behaupten. „Ich habe noch nie eine solche Geschwindigkeit des Wandels gesehen wie heute“, sagte Drexler vergangene Woche im Interview mit dem Wall Street Journal, das sich schon wie ein Abschied las. Ihn hat der schnelle Wandel überrollt.

Heute sitzt J. Crew auf zwei Milliarden Dollar Schulden bei einem Umsatz von knapp 2,5 Milliarden Dollar und weniger als 150 Millionen Dollar Cash. Das Management ist damit beschäftigt die Schulden zu refinanzieren. Die Hoffnung der Private-Equity-Investoren TPG und Leonard Green & Partners, J. Crew noch einmal  an der Börse zu sehen – wie einst zwischen 2006 und 2011 – scheint kurzfristig eher begraben.

„Wir sind ein wenig zu elitär geworden“, hatte er seinen eigenen Fehler eingeräumt. Bis zum letzten Jahr war J. Crew sogar in das schwierige und teure Brautsegment vorgestoßen. Auch eine Show auf der New Yorker Modewoche hatte J. Crew unter Drexler realisiert. Ein Event, auf dem eher die gehobenen Marken wie Stella McCartney oder Ralph Lauren den Laufsteg bestimmen.

Diesem Trend zum Hochpreisigen hatte der Manager zuletzt versucht, entgegenzusteuern, indem er mehr auf Angebote und auf einfache Klassiker setzte, als auf abgehobenes Design. Aber es war zu spät. Darum wird sich nun der Nachfolger Brett kümmern, der vor dem Möbel-Spezialisten West Elm auch Urban Outfitters und J.C. Penney gearbeitet hat und damit Erfahrung bei günstigeren Ketten mitbringt.

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