Mode Die Renaissance des Rasiermessers

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Rasiermesser als exklusives Spielzeug für Männer?

Meist sind es also junge, stilbewusste Männer, die die klassische Nassrasur für sich entdecken. Männer, „die auch gerne ihre Freundin mit einem Rasiermesser im Bad beeindrucken“, wie Markus Kirschbaum lachend erklärt. Dass die Messerrasur ein Trend unter jüngeren Herren ist, bestätigt auch Jens Brökelmann.

Auf rund 5000 Männer, die sich hierzulande mit dem Messer rasieren und aktiv darüber in Foren wie Nassrasur.com austauschen, schätzt Jens Brökelmann die Szene. „Es sind aber vermutlich wesentlich mehr, die sich zwar mit dem Messer rasieren, jedoch nicht in den Foren aktiv sind“, sagt Brökelmann.

Bärte werden wieder beliebter

Für ihn ist ein Rasiermesser auch Ausdruck einer gewissen Exklusivität: „Statt sich einen teuren Mercedes oder handgemachte Schuhe zuzulegen, kaufen Sie mit einem Rasiermesser für verhältnismäßig wenig Geld sehr viel Stil.“

So sei es auch nicht verwunderlich, dass seine Rasiermesserseminare meist von Männern unter 40 besucht werden, die sich für Antiquitäten, automatische Uhren, Oldtimer und ähnliche Herrenspielzeuge interessieren.

Auch die wachsende Beliebtheit von Bärten sei ein Grund für mehr Messerrasierer. „Viele Männer müssen heute nicht mehr jeden Tag glatt rasiert in der Arbeit erscheinen, sie können sich rasieren wann sie wollen“, sagt Brökelmann. Und wenn das nur einmal pro Woche ist, zelebrieren viele diese Rasur gerne mit einem passenden Messer.

Entschleunigung entspricht dem Zeitgeist

Bei Gillette, dem deutschen Marktführer in Sachen Männerrasur, sieht man die wachsende Beliebtheit der Messerrasur „als etwas, das Männer primär aus Individualitätsbedürfnissen machen“, wie Andreas Wagner von Gillette erklärt. Bei dem Unternehmen decke man jedoch eher das „allgemeine Konsumentensegment“ ab. Ob eine Ausweitung in Richtung klassischer Rasur geplant sei, wollte er nicht verraten.

Ist ein Rasiermesser damit lediglich ein exklusives Spielzeug für stilbewusste Männer, die sich gerne am Wochenende mit Rasierpinsel und Seifen in einer umständlichen Rasur verkünsteln? Entfernt der alte Systemrasierer die Bartstoppeln nicht genauso? „Wenn es nur um das Entfernen der Barthaare geht, sind normale Rasierer ähnlich gut, das Hautgefühl bei der Messerrasur ist aufgrund des Schwingverhaltens eines Messers allerdings wesentlich besser“, philosophiert Jens Brökelmann.

Außerdem sei gerade das Ritual der Messerrasur das Besondere. „Diese ruhige Arbeit mit dem Messer, diese Entschleunigung, das ist Zeitgeist in Deutschland und auch ein Grund für die hohe Popularität.“

Wer auf die Messerrasur umsteigen will, dem rät Jens Brökelmann zwei Dinge: „Lassen Sie sich im Fachgeschäft zu Rasiermessern deutscher Hersteller beraten und kaufen sie niemals auf Ebay.“

Daneben sollte man sich zutrauen, mit einem scharfen Messer im Gesicht zu arbeiten. „Wenn Sie Angst davor haben, lassen Sie es lieber gleich.“

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