Modekrise Rudolf Wöhrl unterm Insolvenzschutzschirm

Die Pleitewelle im deutschen Modehandel hält an: Jetzt startet das Unternehmen Rudolf Wöhrl ein strategisches Insolvenzverfahren.

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Das sind Europas größte Modekonzerne
Platz 10: CalzedoniaDie Fachzeitschrift „TextilWirtschaft“ untersucht jedes Jahr die Umsätze der größten europäischen Bekleidungshersteller. Die Analyse zeigt: Der Markt steht vor großen Herausforderungen. Zwar konnten die meisten Konzerne wie zum Beispiel Calzedonia wachsen, doch die Krise in Russland und der Ukraine dürfte sich früher oder später in den Bilanzen niederschlagen.Umsatz 2013: 1,60 Milliarden EuroUmsatz 2014: 1,85 Milliarden EuroVeränderung: + 15,4 Prozent Quelle: imago images
Platz 9: Georgio Armani1975 gründete Georgio Armani das Modelabel Armani. Mittlerweile gehört der Konzern zu den Größten der Modebranche. Für Armani arbeiten rund 6500 Menschen. Neben Kleidungsstücken vertreibt Armani außerdem Home-Artikel und Parfüms. Seit 2002 verkauft der Konzern auch Konfiserie-Artikel sowie verschiedene Honig- und Marmeladensorten. Acht Jahre später entstand im Burj Khalifa in Dubai das erste Hotel im Armani-Stil.Umsatz 2013: 1,75 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,00 Milliarden EuroVeränderung: + 14,2 Prozent Quelle: REUTERS
Platz 8: EspritEhemals etablierte Marken sind zu teuren Restrukturierungen gezwungen. So muss sich Esprit auf die Ansprüche der Kunden im digitalen Zeitalter einstellen, heißt es in der Studie von „TextilWirtschaft“. Auch Gerry Weber ist davon betroffen. Darüber hinaus leiden die Modekonzerne auch unter dem starken Dollar, der die Beschaffung verteuert. Esprit trifft es besonders hart. Bei keinem anderen Modekonzern in den Top-20 ist der Umsatz derart stark geschmolzen.Umsatz 2013: 2,35 Milliarden Euro *Umsatz 2014: 2,10 Milliarden Euro**Veränderung: - 10,7 Prozent*Geschäftsjahr 2013/14**Geschäftsjahr 2014/2015 Quelle: REUTERS
Platz 7: KeringDas französisch-italienische Modeunternehmen Kering dürften nur den Wenigsten bekannt sein. Doch mit Labels wie Puma oder Gucci erreicht der Konzern ansehnlich Umsätze. 2014 konnte Kering seinen Umsatz um knapp zwölf Prozent erhöhen.Umsatz 2013: 2,13 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,38 Milliarden EuroVeränderung: + 11,6 Prozent Quelle: REUTERS
Platz 6: Hugo BossDie Edelmarke Hugo Boss ist das zweitgrößte Modeunternehmen Deutschlands. Gegründet wurde es 1924 in Metzingen durch Hugo Ferdinand Boss. Ursprünglich stellte Hugo Boss Berufskleidung her. Unrühmlich ist die Vergangenheit des Konzerns. Im Zweiten Weltkrieg stellte der Konzern die Uniformen für SA, SS und die Wehrmacht her. Dafür wurden unter anderem Zwangsarbeiter aus West- und Osteuropa eingesetzt. Erst nach dem Krieg und dem Tod des Gründers 1948 wurde Hugo Boss zum Modekonzern. Unter der Leitung von Hugo Ferdinand Boss' Schwiegersohn Eugen Holy begann das Unternehmen damit, Herrenanzüge herzustellen.Umsatz 2013: 2,43 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,57 Milliarden EuroVeränderung: + 5,8 Prozent Quelle: dpa
Platz 5: Tommy HilfigerModedesigner Tommy Hilfiger rief 1984 in New York sein eigenes Modelabel ins Leben. Dass der Konzern im Ranking europäischer Modekonzerne gelistet ist, hat er seinem Firmensitz zu verdanken. Tommy Hilfiger sitzt seit 1997 in Amsterdam. 13 Jahre später wurde das Unternehmen durch den US-Konzern Phillips-Van Heusen übernommen.Umsatz 2013: 2,56 Milliarden Euro*Umsatz 2014: 2,70 Milliarden Euro*Veränderung: + 5,3 Prozent*Geschäftsjahr 2013/14**Geschäftsjahr 2014/15 Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 4: Christian DiorDirekt nach dem Krieg gegründet, trug Christian Dior maßgeblich dazu bei, dass sich Paris als Modehauptstadt der Welt etablieren konnte. Insgesamt beschäftigt das Unternehmenskonglomerat über 100.000 Mitarbeiter. Für die Modesparte von Dior arbeiten knapp 3600 Menschen.Umsatz 2013: 2,26 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,70 Milliarden EuroVeränderung: + 19,6 Prozent Quelle: dpa

Steilmann, Mexx, Pohland, Dress for less, Zero, Kaltenbach - die Liste der Modehändler und Marken, die in den vergangenen Monaten Insolvenz anmeldeten ist lang. Und die Branchenkrise ist längst noch nicht vorbei: Jetzt plant das Modehaus Rudolf Wöhrl ein strategisches Insolvenzverfahren.

Die Hauptversammlung des Textilhändlers mit knapp 2000 Mitarbeitern habe ein sogenanntes Schutzschirmverfahren beschlossen, teilte die Rudolf Wöhrl AG in der Nacht zum Dienstag mit: "Ziel ist es, die Wöhrl-Gruppe als Ganzes zu erhalten und nachhaltig in die Profitabilität zurückzuführen." Schutzschirmverfahren sind eine spezielle Insolvenzvariante, die auf die Sanierung des Unternehmens abzielen und seit der Reform des Insolvenzrechts möglich sind. Dabei kann die Geschäftsführung das Unternehmen weiter lenken und selbstständig sanieren.

Zum Schutz der Gläubiger überwacht allerdings ein vom Gericht bestellter Sachwalter die Sanierung. Ob die gelingt ist indes fraglich. In der Vergangenheit scheiterten etliche Schutzschirmverfahren und kippten in die Regelinsolvenz.

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Im Fall von Wöhrl sollen die 34 Standorte der Gruppe in Ost- und Süddeutschland zunächst ohne Einschränkungen weiterlaufen. Defizitäre Filialen ohne Wachstumspotenzial dürften aber geschlossen werden. Als externer Sanierer wurde Christian Gerloff von der Münchner Kanzlei Gerloff Liebler Rechtsanwälte zum Vorstandsmitglied und Chief Restructuring Officer bestellt. Gerloff hat sich unter anderem als Insolvenzverwalter von Escada einen Namen gemacht.  Zudem wurde der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Andreas E. Mach zum neuen Vorstandschef ernannt. Der bisherige CEO Olivier Wöhrl wurde de facto degradiert und soll sich nun um die strategische Weiterentwicklung des Geschäftsmodells kümmern.

Neben der operativen Sanierung dürfte das Unternehmen auch einen Schuldenschnitt anstreben. In der Bilanz 2014/15 wies das Unternehmen Verbindlichkeiten von rund 67 Millionen Euro aus, 30 Millionen davon liegen in Form einer Anleihe bei Gläubigern. Auch bei den jüngsten Zahlen dominiert die Trendfarbe rot. Für das Geschäftsjahr 2015/2016 (1. August bis 31. Juli) erwartet der Vorstand nach vorläufigen Berechnungen einen weiteren Rückgang der Verkaufserlöse von 316 auf rund 300 Millionen Euro. Der Jahresfehlbetrag werde voraussichtlich höher ausfallen als im Vorjahr.

Als Gründe nannte das Unternehmen ein schwächeres operatives Geschäft und geringer als geplant vereinnahmte Sondererträge. Der negative Trend im deutschen Textileinzelhandel und das veränderte Kaufverhalten der Verbraucher machten eine Sanierung des Modehauses erforderlich.

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