Modeläden Schwere Zeiten für den Textilhandel

Die Temperaturen sind gerade erst herbstlich geworden, da locken viele Modeläden in den Innenstädten schon mit hohen Rabatten. Denn das Geschäft lief in den vergangenen Monaten schlecht - auch wegen des langen Sommers.

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In diesem Jahr werben die Textilhändler schon früh mit Rabatten. Quelle: dpa

Gerade erst hat der Herbst in Deutschland Einzug gehalten, da setzen vielen Modehändler in den Innenstädten bei den Herbstkollektionen schon den Rotstift an. „Mid-Season-Sale“ locken die Schilder und versprechen Rabatte bis zu 50 Prozent. Die Händler stehen unter Druck. Die Geschäfte liefen schlecht in den vergangenen Monaten.

Zwischen Mai und September lagen die Verkaufszahlen im stationären Modehandel nach einer Marktuntersuchung des Branchenblattes „Textilwirtschaft“ Monat für Monat unter den Vorjahreszahlen, im September um satte 16 Prozent. „Es war grausig“, meint der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes des Deutschen Textileinzelhandels (BTE), Jürgen Dax.

Doch was für die Händler schlimm ist, kann für die Verbraucher durchaus Vorteile haben. „Es wird vermutlich ein Herbst der hohen Rabatte werden“, prognostizierte jedenfalls die „Textilwirtschaft“ schon vor einigen Wochen. Zwar hat inzwischen der Kälteeinbruch die Geschäfte wieder etwas angekurbelt. Doch ob dies ausreicht, die Einbußen der vergangenen Monate wettzumachen, darf bezweifelt werden.

Das sind Europas größte Modekonzerne
Platz 10: CalzedoniaDie Fachzeitschrift „TextilWirtschaft“ untersucht jedes Jahr die Umsätze der größten europäischen Bekleidungshersteller. Die Analyse zeigt: Der Markt steht vor großen Herausforderungen. Zwar konnten die meisten Konzerne wie zum Beispiel Calzedonia wachsen, doch die Krise in Russland und der Ukraine dürfte sich früher oder später in den Bilanzen niederschlagen.Umsatz 2013: 1,60 Milliarden EuroUmsatz 2014: 1,85 Milliarden EuroVeränderung: + 15,4 Prozent Quelle: imago images
Platz 9: Georgio Armani1975 gründete Georgio Armani das Modelabel Armani. Mittlerweile gehört der Konzern zu den Größten der Modebranche. Für Armani arbeiten rund 6500 Menschen. Neben Kleidungsstücken vertreibt Armani außerdem Home-Artikel und Parfüms. Seit 2002 verkauft der Konzern auch Konfiserie-Artikel sowie verschiedene Honig- und Marmeladensorten. Acht Jahre später entstand im Burj Khalifa in Dubai das erste Hotel im Armani-Stil.Umsatz 2013: 1,75 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,00 Milliarden EuroVeränderung: + 14,2 Prozent Quelle: REUTERS
Platz 8: EspritEhemals etablierte Marken sind zu teuren Restrukturierungen gezwungen. So muss sich Esprit auf die Ansprüche der Kunden im digitalen Zeitalter einstellen, heißt es in der Studie von „TextilWirtschaft“. Auch Gerry Weber ist davon betroffen. Darüber hinaus leiden die Modekonzerne auch unter dem starken Dollar, der die Beschaffung verteuert. Esprit trifft es besonders hart. Bei keinem anderen Modekonzern in den Top-20 ist der Umsatz derart stark geschmolzen.Umsatz 2013: 2,35 Milliarden Euro *Umsatz 2014: 2,10 Milliarden Euro**Veränderung: - 10,7 Prozent*Geschäftsjahr 2013/14**Geschäftsjahr 2014/2015 Quelle: REUTERS
Platz 7: KeringDas französisch-italienische Modeunternehmen Kering dürften nur den Wenigsten bekannt sein. Doch mit Labels wie Puma oder Gucci erreicht der Konzern ansehnlich Umsätze. 2014 konnte Kering seinen Umsatz um knapp zwölf Prozent erhöhen.Umsatz 2013: 2,13 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,38 Milliarden EuroVeränderung: + 11,6 Prozent Quelle: REUTERS
Platz 6: Hugo BossDie Edelmarke Hugo Boss ist das zweitgrößte Modeunternehmen Deutschlands. Gegründet wurde es 1924 in Metzingen durch Hugo Ferdinand Boss. Ursprünglich stellte Hugo Boss Berufskleidung her. Unrühmlich ist die Vergangenheit des Konzerns. Im Zweiten Weltkrieg stellte der Konzern die Uniformen für SA, SS und die Wehrmacht her. Dafür wurden unter anderem Zwangsarbeiter aus West- und Osteuropa eingesetzt. Erst nach dem Krieg und dem Tod des Gründers 1948 wurde Hugo Boss zum Modekonzern. Unter der Leitung von Hugo Ferdinand Boss' Schwiegersohn Eugen Holy begann das Unternehmen damit, Herrenanzüge herzustellen.Umsatz 2013: 2,43 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,57 Milliarden EuroVeränderung: + 5,8 Prozent Quelle: dpa
Platz 5: Tommy HilfigerModedesigner Tommy Hilfiger rief 1984 in New York sein eigenes Modelabel ins Leben. Dass der Konzern im Ranking europäischer Modekonzerne gelistet ist, hat er seinem Firmensitz zu verdanken. Tommy Hilfiger sitzt seit 1997 in Amsterdam. 13 Jahre später wurde das Unternehmen durch den US-Konzern Phillips-Van Heusen übernommen.Umsatz 2013: 2,56 Milliarden Euro*Umsatz 2014: 2,70 Milliarden Euro*Veränderung: + 5,3 Prozent*Geschäftsjahr 2013/14**Geschäftsjahr 2014/15 Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 4: Christian DiorDirekt nach dem Krieg gegründet, trug Christian Dior maßgeblich dazu bei, dass sich Paris als Modehauptstadt der Welt etablieren konnte. Insgesamt beschäftigt das Unternehmenskonglomerat über 100.000 Mitarbeiter. Für die Modesparte von Dior arbeiten knapp 3600 Menschen.Umsatz 2013: 2,26 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,70 Milliarden EuroVeränderung: + 19,6 Prozent Quelle: dpa

In den vergangenen Monaten sind bereits eine ganze Reihe namhafter deutscher Textilhändler in wirtschaftliche Turbulenzen geraten, darunter der Herrenmode-Filialist Pohland, der Damenmode-Anbieter Zero und die Textilketten Wöhrl und SinnLeffers. In der Branche geht die Angst um, dass weitere folgen könnten.

„Einige textile Einzelhändler hängen am seidenen Faden“, urteilt der Deutschland-Chef des Kreditversicherers Euler Hermes, Ron van het Hof. Auch BTE-Hauptgeschäftsführer Dax ist überzeugt, dass „ein Teil der Firmen unter gehörigem Druck steht“. Auf der Suche nach Liquidität werde dann häufig viel zu schnell zum Rotstift gegriffen.

Das Problem mit einem schier endlosen Spätsommer und einem viel zu kurzen Herbst hat die Branche allerdings nicht zum ersten Mal. Schon in den vergangenen Jahren klafften Modeangebot und Außentemperaturen immer häufiger auseinander. Doch werde die Branche zunehmend aus Schaden klug, meint Dax. „Der Trend geht eindeutig dahin, dass Herbst- und Winterware später in die Läden kommen.“

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Allerdings ist das launige Wetter nicht das einzige und vielleicht nicht einmal das größte Problem der Modehändler in den Innenstädten. Denn nicht nur Wetterkapriolen sorgen dafür, dass die Modekäufer sich seltener auf den Weg in die Fußgängerzonen machen. Vor allem der Siegeszug des Online-Handels dünnt den Kundenstrom aus. Und wer doch noch kommt, kauft immer häufiger vor allem bei internationale Ketten wie H&M, Zara oder Primark ein.

Als wäre das nicht genug, wollen nun auch noch die beiden größten deutschen Discounter, Aldi und Lidl, ihr Mode-Standbein kräftigen. Schon heute gehören beide Ketten zu den Top Ten des deutschen Textilhandels. Doch das bisherige Geschäft mit Grabbeltischware reicht den Billiganbietern offenbar nicht mehr. Aldi Süd präsentierte in diesem Jahr schon zwei Modekollektionen, die von der Designerin Jette Joop entworfen wurden und sich an eine jüngere, markenbewusste Klientel wenden. Lidl bot eine neue Premium-Kollektion seiner Modelinie Esmara sogar zehn Tage lang werbewirksam auf Hamburgs edelster Einkaufsstraße, dem Neuen Wall, an. Die Zeiten werden also wohl nicht leichter für den Modehandel.

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