Möbelpiraterie Das Geschäft mit kopierten Designermöbeln

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Fälscher mögen Designs aus den Dreißigern bis Siebzigern

Das britische Unternehmen Voga soll nur eines von vielen sein, das sich gerne an den Designs der Möbelmarke Vitra bedient. Beträge im sechs- bis siebenstelligen Bereich gibt Vitra jährlich aus, um rechtlich gegen Fälscher vorzugehen. „Viel gravierender als die Summe ist aber der Schaden, der dem Unternehmen und letztlich auch der europäischen Wirtschaft und Kultur durch die Fälschungen entsteht“, sagt Eckart Maise, Chefdesigner bei Vitra.

Fälscher haben immer ganz bestimmte Möbel im Visier: „Vor allem auf die urheberrechtlich geschützten Designs sehen es die meisten Fälscher ab“, sagt Ursula Geismann, Sprecherin des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie. Das seien vor allem die Designs der Möbelklassiker aus den Dreißigern bis Siebzigern. Sie liegen besonders im Trend. Dementsprechend hoch sei die Nachfrage nach diesen Möbelstücken – und das Geschäft lukrativ für die Fälscher.

Die Produktpiraterie aus Verbrauchersicht

Der Kunde freut sich häufig nur im ersten Moment über sein vermeintliches Schnäppchen. „Ein Duplikat ist reine Augenwischerei“, warnt zumindest Vitra-Chefdesigner Eckart Maise. Das Internet sei das ideale Medium, um Plagiate zu vertreiben – schließlich kommt es bei der Fälschung nur auf die Optik an. Wenn das Möbel zu Hause angekommen ist, kommt beim genaueren Hinsehen das böse Erwachen. „Wir arbeiten drei bis vier Jahre an dem Design eines Möbels. Das ist nicht so einfach zu kopieren“, sagt Maise. Beim Möbelstück komme es nicht nur auf die Optik an, sondern ebenso auf Sicherheit, Material und Produktdetails an.

So wehren sich Unternehmen gegen Produktpiraten

So gering wie der Preis ist oft auch die Qualität. „Die meisten nachgemachten Möbel, vor allem aus China, durchlaufen keine Sicherheitsprüfungen“, sagt Jochen Winning, Geschäftsführer der Deutschen Gütegemeinschaft Möbel, die jährlich die Einrichtungsgegenstände von 80 deutschen Herstellern zertifiziert. Deshalb sollten Verbraucher aufmerksam werden, wenn das Möbelstück nicht zertifiziert ist. „Die bekanntesten Siegel sind Geprüfte Sicherheit, Blauer Engel und das Goldene M“, sagt Winning. Sie garantieren, dass die Möbel sicher sind und keine schädlichen Stoffe enthalten.

Auch wenn Verbraucher sich bewusst gegen die Sicherheit und für ein gefälschtes Stück entscheiden, machen sie sich nicht strafbar – allerdings könnten dies die Lieferanten, welche die Möbel importieren. „Indem sie die Möbel in Deutschland einführen, verletzen die Spediteure das deutsche Urheberrecht“, sagt Rechtsanwalt Georg Jacobs, der auf Marken- und Kennzeichenrecht spezialisiert ist. Wenn es deutliche Anhaltspunkte dafür gebe, dass urheberrechtlich geschützte Möbel transportiert werden, sei es die Pflicht des Lieferanten, sich selbst darüber zu informieren – und nicht blind auf pauschale Aussagen des Auftraggebers zu vertrauen. Andernfalls drohen ihm bis zu drei Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe.

Vor allem zukünftig wird es für die Lieferanten wichtiger werden, zu wissen, welche Produkte sie importieren. Der Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie schult die Zollbeamten in Zusammenarbeit mit verschiedenen Unternehmen. Sie erklären den Beamten die genauen Produktdetails und mit welchen Spediteuren sie kooperieren. So sollen die Zollbeamten sensibilisiert werden für gefälschte Waren – und im Zweifelsfall Lieferanten an der Einfuhr illegaler Produkte hindern.

Die Spediteure von Voga hat Vitra bereits ausfindig gemacht – über den Internetauftritt des Möbelanbieters und Testbestellungen. Das Unternehmen will auch gegen die Spediteure juristisch vorgehen. Wann das Verfahren gegen Voga zu einem Ende kommen wird, ist noch ungewiss. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart führt Mitte Dezember ihre Ermittlungen fort.

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