Die aktuelle Übersicht der niederländischen Rabobank über die Top 20-Unternehmen mit den höchsten Molkereiumsätzen weltweit zeigt interessante Verschiebungen: So wurde der bisherige Vize-Weltmeister, die französische Danone (Activia, Actimel, Fruchtzwerge), vom ebenfalls in Frankreich beheimateten Lactalis-Konzern überholt. Lactalis ist hierzulande für seinen Weichkäse President und die Mozzarella-Marke Galbani bekannt.
Das neue Ranking wurde stark von den Wechselkursen beeinflusst, zeigt aber auch geringeres Wachstum bei einigen Molkereien auf. Dagegen sitzen gerade US-amerikanische und chinesische Unternehmen auf großen Kriegskassen, um ihre weitere Expansion zu finanzieren.
Top 5 der weltweit umsatzstärksten Molkereien
Dairy Farmers of America, USA
Vorjahresplatzierung: 6
Jahresumsatz 2014 (in Milliarden Euro): 13,5
Fonterra, Neuseeland
Vorjahresplatzierung: 4
Jahresumsatz 2014 (in Milliarden Euro): 13,9
Danone, Frankreich
Vorjahresplatzierung: 2
Jahresumsatz 2014 (in Milliarden Euro): 14,6
Lactalis, Frankreich
Vorjahresplatzierung: 3
Jahresumsatz 2014 (in Milliarden Euro): 14,7
Nestlé, Schweiz
Vorjahresplatzierung: 1
Jahresumsatz 2014 (in Milliarden Euro): 20,9
Erstmals seit acht Jahren drängte sich ein neues Unternehmen in die Phalanx der ersten Fünf: die US-amerikanische Genossenschaft Dairy Farmers of America (DFA), die sich durch die Fusion mit Dairylea in die Spitzenplätze schob. Das nun 13,5 Milliarden Euro schwere Unternehmen verdrängte Friesland Campina auf Rang 6. Der niederländische Milchkonzern ist in Deutschland bekannt für Marken wie Landliebe, Puddis-Pudding, Tuffi-Frischmilch oder Frico-Käse.
Unangefochten an der Spitze steht das Unternehmen Nestlé aus der Schweiz, das vor allem mit Eis- und Milchpulverprodukten auf einen weltweiten Umsatz von knapp 21 Milliarden Euro kommt. Hierzulande steht Nestlé für Eismarken wie Mövenpick und Schöller sowie die Säuglingsprodukte Beba und Alete.
167 Milliarden Euro Umsatz
Insgesamt schätzen die Rabobank-Experten den weltweiten Umsatz der Top-20 mit Molkereiprodukten auf 167 Milliarden Euro. Dies habe einem durchschnittlichen nominalen Wachstum in Höhe von fünf Prozent entsprochen.
Deutlich unter diesen Zuwächsen blieben die beiden deutschen Molkereikonzerne Deutsches Milchkontor (DMK) und Müller-Milch. Die in Bremen beheimatete Genossenschaft DMK ist das größte deutsche milchverarbeitende Unternehmen und beschäftigt an 26 Standorten in zehn Bundesländern knapp 7500 Mitarbeiter.
Das aus der Fusion von Humana und Nordmilch entstandene Unternehmen verarbeitet die von knapp 9000 Milchbauern jährlich angelieferten 6,8 Milliarden Kilogramm Milch zu Milch-, Käse und Eisprodukten. Die bekannteste Marke des Genossenschaftskonzerns ist Milram.
Gerade noch in die Top 20 schaffte es die Molkerei Alois Müller aus Aretsried, bekannt für Marken wie Müller-Milch, Joghurt mit der Ecke, Froop und Müller-Milch-Reis. Sowohl Müller als auch DMK konnten laut Rabobank-Analyse kein Wachstum verzeichnen.
Wachstumsprobleme
Das insgesamt schwache Wachstum der Top-20 erklären die Rabobank-Experten mit drei Faktoren:
langsames wirtschaftliches Wachstum weltweit und hohe Preise ermöglichten nur Volumenwachstum in der EU, den USA und im chinesischen Milchmarkt
Die Verkäufe in viele Schwellenländern (Brasilien, Türkei, Südostasien)wurden währungsbedingt abgewertet, wenn sie in Euro oder US-Dollar ausgewiesen sind
Es gab in den letzten 18 Monaten kaum große Übernahmen oder Zusammenschlüsse bei den weltweit Top-20 Molkereiunternehmen.
Warnung für andere Unternehmen
Der Verfall vieler Währungen gegenüber dem dem US-Dollar und dem Renminbi habe gravierendere Auswirkungen als das bloße Verändern der Rankingpositionen der Unternehmen, schreiben die Rabobank-Experten in ihrer Analyse. Schwache Währungen korrelierten oft mit sinkenden Chancen für Absatzwachstum für Molkereiprodukte wie sich am Beispiel Brasiliens erweise: Der Real sei gegenüber dem Dollar seit Mitte 2014 um 27 Prozent abgewertet worden, im laufenden Jahr dürfte die brasilianische Wirtschaft um 1,5 Prozent schrumpfen, was den Absatz an Milcherzeugnissen allenfalls auf konstantem Volumen halten werde, so die Überzeugung der Analysten.
Viele kleine Übernahmen
Währungsschwäche schmälere zudem auch die Finanzkraft der weltweiten Milch-Konzerne. Mitte 2015 standen der Dollar und der Renminbi auf einem absoluten Hoch gegenüber anderen Währungen, was die Finanzkraft der Unternehmen stärke, die einen großen Teil ihres Geschäfts im US- oder im chinesischen Markt hätten. Damit bekämen diese Unternehmen auch mehr Geld in ihre Kriegskassen, so die Schlussfolgerung.
Umgekehrt werde die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen mit Niederlassungen in den USA oder China geschwächt. Die rasanten Veränderungen der Wechselkurse in den letzten 12 Monaten hätten ein Missverhältnis von Gewinn und Verbindlichkeiten bei so manchen Unternehmen herbeigeführt – Risikomanagement sei gefragt. Für Unternehmen, die nur in ihren Binnenmärkten aktiv seien, bilde die Kursentwicklung weiterhin eine nur untergeordnete Frage.
Die Fusions- und Übernahmeaktivitäten seien im Milchbereich auch 2014 hoch gewesen. Die Rabobank zählte 109 Transaktionen. 16 der Top 20 Unternehmen haben in den letzten 18 Monaten fusioniert, andere aufgekauft oder Joint Ventures gegründet. Allein Lactalis hat in 2014 sechs Übernahmen getätigt, weitere sechs bereits im ersten Halbjahr 2015.
Allerdings ist das finanzielle Volumen, das hinter den M&A steht, im letzten Jahr im Vergleich zum Vorjahr insgesamt deutlich gesunken. Die relativ größten Fusionen und Übernahmen erfolgten bei Unternehmen, die nicht in den Top 20 sind.
Warnende Botschaft
Die Entwicklung der japanischen Molkereiriesen sehen die Rabobank-Experten als Warnung für andere Unternehmen. Morinaga fiel aus den Top 20, vor zwei Jahren lagen Meiji und Morinaga noch auf Rang 10 bzw. 13, aktuell ist Meiji auf Rang 17 abgerutscht – mit einem Umsatzeinbruch von mehr als 30 Prozent. Wenn Unternehmen in einem Binnenmarkt mit geringem Wachstum konfrontiert sind, ist eine Expansion ohne Export oder Übernahmen von Wettbewerbern kaum möglich, so die Rabobank. Eine schwächelnde Landeswährung wertet das rein nationale Geschäft weiter ab.