Nahrungsmittelkonzern Nestlé speckt ab

Der Weltmarktführer Nestlé will kürzer treten und verkauft den größten Teil der Diätsparte Jenny Craig an einen US-Finanzinvestor. Analysten vermuten, dass das nicht der einzige Verkauf bleiben wird.

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Zu breit aufgestellt: Nestle hat eine riesige Produktpalette, die von Nescafe und Schokolade sowie Mineralwasser und Eiscreme über Tierfutter bis hin zu Maggi-Suppen und Gesundheitsnahrung reicht. Quelle: dpa

Zürich Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé unterwirft sich einer Schlankheitskur. Der Weltmarktführer verkauft den größten Teil der kriselnden Diätsparte Jenny Craig an den US-Finanzinvestor North Castle Partners. Einen Verkaufspreis nannte Nestle am Donnerstag nicht. Mit der Veräußerung macht Konzernchef Paul Bulcke ernst mit der Anfang Oktober angekündigten Aussortierung von schwächelnden Geschäften in dem riesigen Konzern. Weitere Verkäufe dürften folgen. „Das war der erste Streich", erklärten die Analysten der Zürcher Kantonalbank.

Nestlé trennt sich vom Jenny-Craig-Geschäft in Nordamerika und Ozeanien. Ausgenommen ist das Geschäft in Frankreich, an dem die Käufer kein Interesse haben. Auf Frankreich entfallen aber lediglich rund 90 der insgesamt rund 3000 Mitarbeiter. Die 1983 in Australien gegründete Jenny Craig hilft Übergewichtigen an über 700 Standorten beim Abnehmen und bietet dazu spezielle Menus an.

Bei der Übernahme durch Nestlé im Jahr 2006 kam Jenny Craig auf einen Umsatz von gut 400 Millionen Dollar. Mit der Wirtschaftskrise endete aber der Boom in der Branche. Jenny Craig, aber auch Marktführer Weight Watchers leiden unter der immer schärferen Konkurrenz durch Diät- und Fitnessangebote im Internet. Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy schätzt den Umsatz inzwischen auf nur noch rund 300 Millionen Franken, Jenny Craig schreibe zudem rote Zahlen. Nestle nannte keine Geschäftszahlen. North Castle will nun durch die Zusammenlegung von Jenny Craig mit der 2012 erworbenen Fitnessclub-Kette Curves International die Wende schaffen.

Das Diätgeschäft ist aber nicht die einzige Baustelle. Mit einem organischen Wachstum von nur noch 4,4 Prozent im laufenden Jahr war der Konzern aus Vevey am Genfersee nach neun Monaten hinter die eigene Zielvorgabe von fünf bis sechs Prozent zurückgefallen. Im rezessionsgeplagten Europa sind die Verbraucher preissensibel geworden und in den langsamer wachsenden Schwellenländern wie China greifen die Menschen nicht mehr so selbstverständlich nach Kaffee, Mineralwasser und Eiscreme des Schweizer Konzerns.

Analysten hatten wiederholt kritisiert, der Konzern sei zu komplex. Nestlé hat eine riesige Produktpalette, die von Nescafe und Schokolade sowie Mineralwasser und Eiscreme über Tierfutter bis hin zu Maggi-Suppen und Gesundheitsnahrung reicht. Konzernchef Bulcke hatte im Vormonat von einer ganzen Liste von Bereichen gesprochen, die auf dem Prüfstand seien. Welche der rund 1800 Firmenteile und wie viele der rund 340.000 Mitarbeiter auf der Kippe stehen könnten, wollte der Belgier damals allerdings nicht sagen.

Insidern zufolge sucht Nestle einen Käufer für den Energieriegel-Hersteller Powerbar. Die im Jahr 2000 übernommene Firma mit einem Umsatz von schätzungsweise 175 Millionen Dollar könnte den Schweizern laut Insidern mehrere Hundert Millionen Dollar einbringen. Analysten zufolge könnten auch gewisse Speiseeis-Geschäfte und Wassermarken verkauft werden.

Die Zürcher Kantonalbank schätzt, dass Nestle Geschäfte im Umfang von insgesamt fünf bis 15 Milliarden Franken abstoßen könnte. Das größte Fragezeichen ist aber die Beteiligung von knapp 30-Prozent am französischen Kosmetikkonzern L'Oreal, für die gemäß Bulcke alle Optionen offen sind.

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