Neue Werbekampagne So will Tom Tailor wieder angesagt werden

Tom Tailor hat seine neue Werbekampagne präsentiert. Das Geld dafür hat der börsennotierte Modekonzern bei den Aktionären eingesammelt. Die Werbewelt der Hamburger bunt und fröhlich – die Realität dagegen trist.

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Der Konzern will mit den Motiven aus der Modefotografie hervorstechen. (Klicken zum Vergrößern) Quelle: Tom Tailor

Hamburg Alles leicht, alles gut gelaunt, alles bunt: Eine junge Frau lässt sich von einer Gruppe leichtbekleideter Männer in die Luft heben, eine junge Frau isst in Bikini und Daunenjacke ein Eis, ein Mann streckt dem Betrachter die Zunge entgegen.

Pünktlich zur laufenden Kapitalerhöhung hat der Hamburger Modekonzern Tom Tailor konkretisiert, wofür er das eingesammelte Geld ausgeben will: für eine neue Werbekampagne und modischere Kollektionen. Sie ist so bunt und fröhlich, wie es die Lage bei dem Konzern schon länger nicht ist – ablesbar am Aktienkurs, der 2013 einen Höchststand hatte und sich seitdem mehr als halbiert hat.

Dahinter steht der überteuerte Zukauf der problembeladenen Kette Bonita und eine überzogene Expansion mit der eigenen Marke, die zudem an Frische verloren hat. Der langjährige Chef Dieter Holzer musste vor einem knappen Jahr gehen, der ehemalige Adidas-Manager Heiko Schäfer übernahm.

Nach Ladenschließungen, dem Ende für einige Kollektionen und weiteren Sparpaketen geht Tom Tailor jetzt die Neuausrichtung der Hauptmarke an. „Wir müssen mutiger werden“, sagte der 40-jährige Digitalchef Maik Kleinschmidt in Hamburg. „Wir haben ein tolles Produkt, die Marke steht aber emotional für zu wenig.“

Abhilfe bringen soll eine neue Kampagne der Hamburger Markenagentur Loved aus der Thjnk-Gruppe, die Ende August startet. Unter dem Slogan „Say Yes“ will Tom Tailor auf Plakaten und in Online-Spots „Happy Moments im Leben“ herausstellen. So fragt die Marke plakativ „Are you ready to paint gray skies blue?“ oder „Are you ready to change perspectives?“

Kleinschmidt will sich mit der Kampagne von der üblichen Modewerbung absetzen. Ähnlich hatte zuletzt Esprit unter dem Slogan „#ImPerfect“ Aufmerksamkeit erzeugt. Die neue Kampagne ist zunächst auf zwei Jahre angelegt und soll auch „Guerilla-Marketing“, also Aktionen im öffentlichen Raum, umfassen. Zudem soll Tom Tailor mit einem bekannten Model verhandeln, um erstmals ein prominentes Werbegesicht präsentieren zu können.

Das Hamburger Unternehmen steuert nach Verlusten seit 2016 um. 250 Läden sind bereits geschlossen worden, aus Ländern wie China und Südafrika hat sich Tom Tailor zurückgezogen. Zudem hat der börsennotierte Konzern Linien wie eine Polo-Kollektion und Herren-Anzüge eingestellt. 2016 stand bei knapp einer Milliarde Umsatz ein Vorsteuerverlust von 89 Millionen Euro.

In der vergangenen Woche kündigte Tom Tailor eine Kapitalerhöhung an, mit der gut 61 Millionen Euro in die Kasse fließen sollen. Finanzvorstand Thomas Dressendörfer will diese zum Ende der Woche abschließen. „Die deutliche Mehrheit der Investoren unterstützen die Kapitalerhöhung, weshalb wir mit dem Fortgang sind wir sehr zufrieden. Wir gehen fest davon aus, dass alle neue Aktien platziert sind“, sagte er.


Die Analysten sind kritisch

Mit dem Geld will Tom Tailor neues Wachstum erzeugen und dazu unter anderem das Marketing-Budget deutlich steigern. In den vergangenen Jahren habe der kriselnde Modekonzern deutlich weniger als die Konkurrenz für Werbung ausgegeben, sagte Digitalchef Kleinschmidt. Künftig sollen die Ausgaben für Marketing in Richtung von drei bis fünf Prozent des Umsatzes steigen.

Herausstellen will Tom Tailor künftig stärker besonders modische Teile, die die Kollektion ergänzen soll. Diese Mode soll jüngere Zielgruppenansprechen als die im Schnitt gut 41 Jahre alte Stammkundschaft. So gehen viele Modemarken im mittleren Segment vor: Sie stellen jüngere, modischere Kollektionsstücke heraus – selbst wenn das Publikum eher gediegenere Teile kauft. Denn in der Mode zählt das Image.

Zugleich will sich Tom Tailor weniger als in den vergangenen Jahren mit Fast-Fashion-Anbietern wie H&M und Zara messen. Nur ein Fünftel der eigenen Kunden kauften bei solchen Eigenmarken-Konzepten, sagte Kleinschmidt. Damit wird der Wettbewerb bei Mehrmarkenhändlern wie P&C, Karstadt und Boutiquen wieder eine größere Rolle in der Strategie spielen. Viele Tom-Tailor-Kunden leben zudem außerhalb der großen Städte, wo etwa Zara keine Rolle spielt. Das heißt: Unabhängige Händler sollen gegenüber den eigenen Läden wieder an strategischer Bedeutung gewinnen – auch bei dem Versuch, weniger Rabatte zu geben.

Den Händlern will Tom Tailor die neue Kampagne bei der Düsseldorfer Modewoche im Juli vorstellen. Bis dahin soll auch eine neue Drei-Jahres-Strategie stehen. Immerhin gibt es Zeichen, dass die Sanierung vorankommt: Bei Ladenschließungen und Reformen in Logistik und Einkauf sieht sich der Konzern im Plan. Auch die Aktie hat ihre Talsohle bereits wieder verlassen.

Analysten kritisieren allerdings, die aktuelle Kapitalerhöhung komme, bevor das Management die Effekte aus den zusätzlichen Ausgaben etwa für Marketing, Ladenbau und IT beziffern könne. Die recht hohen Schulden würden von dem Geld nicht abgebaut. „Während die meisten Maßnahmen erst 2018 umgesetzt werden, hat das Management keinerlei Hinweis auf die Benefits der zusätzlichen Investments gegeben. Die Rendite aus dem Investment bleibt daher ziemlich unklar”, warnen die Analysten von M.M. Warburg.

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