Neuer Investor Ein Zar für Zalando

Der dänische Modezar und Asos-Großaktionär Anders Holch Povlsen steigt beim Online-Händler Zalando ein. Die Startup-Schmiede Rocket Internet gibt unterdessen ihre Anteile ab.

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Andres Holch Povlsen tritt in die Fußstapfen der Startup-Schmiede Rocket Internet - von ihnen erwarb er seine Anteile am Onlinehändler Zalando. Quelle: dpa

Schon seit Monaten beschäftigt der steile Umsatzanstieg des Berliner-Online-Modehändlers Zalando die Branche. Je nach Perspektive künden Branchenpropheten vom nahen Ende des geldverbrennenden Retourenopfers – oder aber vom rasanten Vormarsch in die Amazon-Liga. Zumindest der dänische Modeunternehmer Anders Holch Povlsen dürfte letzterer Fraktion angehören: Er übernimmt zehn Prozent der Anteile von anderen Gesellschaftern und steigt damit zum drittgrößten Anteilseigner des wachstumsstarken Online-Händlers auf. 2012 hatte Zalando 1,15 Milliarden Euro umgesetzt, in diesem Jahr könnte die Zwei-Milliarden-Marke fallen.

Povlsen? Der Name dürfte den meisten Konsumenten kaum vertraut sein – seine Marken dafür umso mehr. Der Däne ist Chef des milliardenschweren Modekonzerns Bestseller mit Labels wie Jack & Jones, Vero Moda, Only und Selected. Zudem ist die Povlsen-Familie zu rund 27,5 Prozent am Londoner Online-Bekleidungshändler Asos beteiligt.

Diese Eigenmarken stecken hinter Zalando
Sie sind längst nicht mehr nur für Supermärkte und Discounter, sondern auch für Fashion-Händler wie den Berliner Kult-Shop Zalando das Salz in der Suppe: Eigenmarken. Der Vorteil im extrem wettbewerbsintensiven E-Commerce: Mit den eigenen Labels, die bei Zalando als Eigenmarke gar nicht zu erkennen sind, ist die Marge viel höher als bei externen Markenprodukten. Auch die Abhängigkeit von Markenherstellern lässt sich reduzieren. Der Berliner haben mindestens zwölf Eigenmarken in ihrem Portfolio. Ein Überblick. Quelle: Presse
ZignUnter dem Label Zign verkauft Zalando Schuhe und Accessoires; es ist das größte eigene Label im Unternehmen. Hergestellt beziehungsweise kreiert werden die Produkte – laut Zalando etwa 170 Styles pro Saison – von einem jungen Designer-Team unter dem Dach der Berliner zLabels GmbH, die zum Zalando-Imperium gehört. (Quelle: Screenshot Zalando.de) Quelle: Screenshot
mint&berryMit dem Label mint&berry zielt Zalando auf „selbstbewusste junge Frauen, die wissen wo es lang geht.“ Praktisch: Der Chef von zLabels ist gleichzeitig auch einer der Zalando-Geschäftsführer: Robert Gentz. (Quelle: Screenshot Zalando.de) Quelle: Screenshot
Pier OneAuch das etablierte Schuh-Label Pier One wird unter eigener Flagge für Zalando kreiert. Im Handel sind Eigenmarken nicht neu und schon länger ein Kernelement vieler Geschäftsmodelle. Der insolvente Versandriese Neckermann hatte unzählige davon, der Quelle-Versand war bekannt für seine Labels Privileg und Universum und auch die Elektronik-Riesen Media Markt und Saturn, die zum Metro-Konzern gehören, produzieren Fernseher und Blueray-Player unter der Marke PEAQ in Eigenregie. (Quelle: Screenshot Zalando.de) Quelle: Screenshot
StupsDer große Vorteil dieser Strategie ist, dass Zalando im Endeffekt an jedem eigenen Produkt, dass verkauft wird, mehr verdient, als wenn es ein Produkt der etablierten Markenanbieter ist. Eine ausgedachte Beispielrechnung: Bei einem Marken-Snowboot, der 100 Euro kostet und für 50 Euro eingekauft wird, beträgt die Marge 50 Euro. Wenn ein Anbieter wie Zalando nun ein ähnliches Produkt als Eigenmarke für 90 Euro verkauft und die Erstellungs- und Produktionskosten nur bei 15 Euro liegen, ist die Marge wesentlich höher und beträgt satte 75 Euro. Unter dem Label Stups kreiert Zalando Schuhe für Kinder und junge Teenager. (Quelle: Screenshot Zalando.de) Quelle: Screenshot
Mai Piu SenzaEin weiterer Vorteil, der sich Zalando durch die Eigenmarken bietet: Im Online-Store werden z.B. Schuhe von Mai Piu Senza als „das könnte Ihnen auch gefallen“ angeboten, wenn Kunden zum Beispiel nach Schuhen von Hugo Boss suchen. Unter dem italienisch klingenden Label Mai Piu Senza präsentiert Zalando „aufregende Silhouetten, hohe Absätze und gewagte Plateaus“. (Quelle: Screenshot Zalando.de) Quelle: Screenshot
TwintipBesonders clever: Für ihre eigenen Labels können die Zalando-Maketer Anzeigen im hauseigenen Zalando-Fashion-Magazin schalten und sie in einem hochwertigen Umfeld direkt vor der Nase ihrer Zielgruppe platzieren. Das Zalando-Label Twintip versammelt sportliche Bekleidung von Beachwear bis hin zu robusten Snowboardoutfits. (Quelle: Screenshot Zalando.de) Quelle: Screenshot

Und nun also Zalando. Für den Berliner Online-Versender eröffnet der Einstieg von Povlsen neue Vermarktungsperspektiven. Dabei geht es nicht nur um die Bestseller-Modelabels, die ohnehin schon über die Plattform verkauft werden. Wichtiger ist das wachsende Geschäft mit Eigenmarken. Bestseller verfügt über entsprechendes Wissen über Vermarktung, Sourcing und Design. Wie schon Asos dürfte nun auch Zalando die Vertikalisierung vorantreiben und zunehmend auf Eigenkreationen setzen. Der jüngste Geschäftsbericht der Briten trägt denn auch den programmatischen Untertitel „Winning the global online fashion race“. Ein Ziel, dem sich wohl auch die Berliner verschrieben haben.  

Vielleicht folgt Zalando Asos dereinst auch an die Börse. Dort ist der Kurs der Briten in schwindelerregende Höhen geschnellt. Asos wird derzeit mit rund 4,7 Milliarden Euro bewertet. Das 2008 gegründete Zalando wurde im vergangenen Jahr schon auf rund 2,8 Milliarden Euro taxiert, der Wert dürfte seither noch gestiegen sein. Entsprechend könnten Povlsen einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag für das 10-Prozent-Paket hingelegt haben.

An den Dänen verkauft haben unter anderem die Investoren-Brüder Samwer, die Zalando das Startkapital gegeben hatten. Sie halten über ihren European Founders Fund (EFF) aber immer noch 18 Prozent. Zudem trennten sich die Gründungsfinanzierer Holtzbrinck Ventures und Tengelmann Ventures von Anteilen. Sie bleiben allerdings mit acht und sechs Prozent beteiligt. Größter Zalando-Gesellschafter ist weiterhin die schwedische Beteiligungsgesellschaft Kinnevik mit 37 Prozent.

Sie hatte ihre Anteile bisher gemeinsam mit EFF und dem russischen Internet-Investor Access Industries in der Holding Rocket Internet gehalten. Nun seien die Anteile an die Gesellschafter verteilt worden. „Zalando ist ein Kernelement unseres Portfolios“, heißt es bei Kinnevik. „Durch die Umwandlung der indirekten Beteiligung in eine direkte stärken wir unsere Führungsrolle bei Zalando und unsere Fähigkeit, den Wachstumskurs weiter fortzusetzen.“ 

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