Nicolas Berggruen Mr. Karstadt: Der Milliardär der Widersprüche

Eine neue Biografie enthüllt die Licht- und Schattenseiten von Karstadt-Investor Nicolas Berggruen.

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Das Imperium von Nicolas Berggruen
Nicolas Bergguen, Investor für den insolventen Warenhauskonzern Karstadt, hält am Donnerstag (02.09.2010) in der Karstadt-Filiale am Kurfürstendamm in Berlin eine Karstadt-Einkaufstüte in der Hand Quelle: dpa
Besucher der Deutschen Gamestage 2012 stehen am Dienstag (24.04.2012) vor dem Cafe Moskau in Berlin. Quelle: dpa
MedienIm Jahr 2010 investierte Berggruen 900 Millionen Dollar in den angeschlagenen spanischen Medienkonzern Prisa, der auch die Tageszeitung El País herausgibt. Bereits Anfang der 90er-Jahre kaufte sich der Investor ins Mediengeschäft ein. Berggruen erwarb eine portugiesischen Fernsehsender, den er aufpolierte und mehr als zehn Jahre später an die Börse brachte. Auch Prisa soll unter Berggruens Führung an die Wall Street. Quelle: Screenshot
Ein Landwirt raeumt mit Hilfe schwerer Technik am Montag, 26. Juli 2004, Stroh von einem abgeernteten Getreidefeld in Possendorf bei Dresden Quelle: AP
HotelsWer auf dem Feld arbeitet, soll sich auch entspannen. Dementsprechend gehören Berggruen diverse Hotels, unter anderem die indische Hotelkette Keys Hotels. Gut für Berggruen, der schon seit Jahren keinen festen Wohnsitz mehr hat, sondern ausschließlich in Hotels lebt. Quelle: Screenshot
Blauer Himmel spannt sich am Donnerstag (24.05.2012) über einem Windrad auf einem Feld bei Hohenhameln Quelle: dpa
MobilitätZum ökologisch korrektem Gesamtpaket gehört auch ein Car-Sharing Unternehmen. Der Berggruen Car Club existiert seit 207 und bietet Mietwagen sowie Chauffeurdienste für Business- und Privatleute. Den Car Club gibt es derzeit in 18 indischen Städten. 2012 sollen durch Franchising 20 weitere Städte hinzukommen. Quelle: Screenshot

Der Autor Thomas Veszelits hat sich an eine Biografie von Nicolas Berggruen - Mr. Karstadt -  gewagt. Sie heißt "Die Robin-Hood-Falle" und ist im Rotbuch-Verlag erschienen. Eine zentrale Stärke wie zugleich die größte Schwäche des Buchs ist die Distanz zu dem deutsch-amerikanischen Investor. Berggruen verweigerte dem Biographen jede Unterstützung.

Im Gegenteil: Der Autor bekam Post von Berggruens Anwalt, was man getrost als Einschüchterungsversuch interpretieren darf. Die fehlende Nähe bewahrt zwar vor einer allzu positiven Einschätzung des berggruenschen Imperiums, ist im Text aber auch deutlich zu spüren. Wer Neues über die Zukunft des taumelnden Warenhausriesen Karstadt erwartet, wird denn auch enttäuscht. Trotzdem hat Veszelits akribisch Fakten zusammen getragen, die einige zentrale Fragen über den „Milliardär der Widersprüche“, wie  Veszelits Berggruen nennt, beantworten. 

Wie kam Berggruen zu seinem Vermögen?

Den Grundstock zum Milliardenvermögen des Nicolas Berggruen soll sein Vater, der legendäre Kunsthändler Heinz Berggruen, gelegt haben. Allerdings weniger über direkte Geldzahlungen. Der Filius lernte vielmehr wie wichtig gute Verbindungen sind. So wie der Kontakt zu Picasso einst für Heinz Berggruen zum  „Schlüssel zu Millionen“ wurde , fand auch Nicolas Berggruen seinen „Türöffner“ in die Geschäftswelt: Julio Santo Domingo Jr. aus Kolumbien,  Playboy und laut Veszelits „der Sohn von einem der reichsten Männer der Welt“. Die beiden sollen sich in der Partyszene von New York über den Weg gelaufen sein. 1984 gründete Berggruen die Beteiligungsgesellschaft Alpha Private Equity Group, in die Teile der Familienvermögen von Berggruen und seinem Partner Domingo eingeflossen sein sollen. Fortan mischt Berggruen in der Investmentbranche mit, baut Portfolios auf und kauft sich in Unternehmen ein. Das Vermögen wächst.

Der Milliardär Nicolas Berggruen

Was gehört zu Berggruens Imperium?

„Es sprengt jegliche Vorstellungskraft, welchen Umfang die unglaubliche Welt des Nicolas Berggreun hat“, schreibt Veszelits. Seine Fimenhomepage liste rund 45 Beteiligungen auf. Das jeweilige Volumen fange bei 35 Millionen an und schwanke im oberen Bereich zwischen 200 und 300 Millionen Dollar. „Rechnet man das ganze Projektpaket zusammen, ergibt sich eine Gesamtsumme von 7,4 Milliarden Dollar, zerstreut über den ganzen Globus“, schreibt Veszelits und listet im Anhang auf 10 Seiten die Beteiligungen auf. Sie sollen sich von Istanbuler Wohntürmen und Berliner Vorzeigeimmobilien über den amerikanischen Holzlieferanten Hoover Treated Wood Products bis zu einem indischen Bagger-Verleih und einem Schweizer Finanzunternehmen erstrecken. Und natürlich Karstadt.

Warenhaus AG bleibt Planspiel

Warum hat Berggruen Karstadt gekauft?

2010 kauft Berggruen die deutsche Warenhausikone Karstadt aus der Insolvenz und wird als Retter gefeiert. Was ihn antreibe sei die Chance, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, spekuliert Veszelits. Berggruen „hofft darauf, neben Karstadt auch Kaufhof zu erwerben.“ Doch es kommt anders, die fusionierte deutsche Warenhaus AG bleibt ein Planspiel. Ebenso wie die erhoffte schnelle Gesundung von Karstadt. Das Warenhausunternehmen bleibt ein Sanierungsfall – trotz aller anfänglichen Berggruen-Euphorie. Doch womöglich hat Berggruen einen „Plan B“.

Noch im Zuge der Verkaufsverhandlungen argwöhnte der italienische Warenhaus-Besitzer und Karstadt-Interessent Maurizio Borletti: „Ich glaube, Herr Berggruen will Karstadt aufteilen und stückweise verkaufen.“ Den Erlös von bis zu 300 Millionen Euro wolle Berggruen selbst einstecken, deshalb verweigere er auch die Garantie, den Konzern zusammenzuhalten. Borletti dürfte sich inzwischen bestätigt fühlen. Trotz früherer Dementis aller Verkaufsabsichten verkauft Berggruen im September 2013 je 75,1 Prozent der Karstadt-Sporthäuser und der Luxussparte um das Berliner KaDeWe an den österreichischen Investor René Benko mit seiner Signa-Gruppe.

Wie geht es weiter mit Karstadt?

Zur vielleicht entscheidendsten Frage wagt sich Veszelits weit vor: „Dass Berggruen seine Fahne über Karstadt streichen wird, erscheint den Kennern seiner Natur unwahrscheinlich. Die Gründe sind einleuchtend: Erstens, Berggruen hasst schlechte Nachrichten, zu solchen würde sein Scheitern mit Karstadt zweifellos zählen. Zweitens, ein Investment gegen die Wand zu fahren, würde sein Image schwer beschädigen, was er auf jeden Fall zu vermeiden sucht. Drittens, eine Lösung zu finden, die zumindest halbwegs den Berggruen-Mythos unbeschädigt lässt, ist er dem Andenken seines Vaters schuldig“. Ob Veszelits mit seiner Prognose recht behalten wird?

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