NYK, MOL und K-Line Japans Reeder verbünden sich in Seenot

Alarmiert durch die Reederei-Pleite in Südkorea, brechen Japans Wettbewerber ein Tabu: 2018 vereinen NYK, MOL und K-Line ihre Flotten. Der deutsche Rivale Hapag-Lloyd muss um seine Position auf den Weltmeeren fürchten.

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Die japanischen Container-Reedereien NYK, MOL und K-Line wollen künftig ihre Flotten vereinen. Quelle: Bloomberg/Getty Images

Tokio/Düsseldorf Die Pleite der koreanischen Reederei Hanjin erfasste die Transportbranche Ende August wie ein Tsunami – mit Nachwirkungen, die manchem Hersteller selbst das Weihnachtsgeschäft vermiesen werden. Weil die mit 4,5 Milliarden Euro verschuldete Schifffahrtsgesellschaft – in der weltweiten Branche die Nummer sieben – komplett ihren Dienst einstellte, erreichten allein 50.000 Container der Elektronikanbieter LG und Samsung ihr Ziel nicht rechtzeitig. Viele um ihre Gebühren geprellten Häfen rücken die Stahlboxen bis heute nur heraus, wenn die Empfänger Lösegeld bezahlten. Seither meiden Exporteure finanziell angeschlagene Reedereien wie Seeleute die Winterpassage um Kap Horn.

Der Zurückhaltung ihrer Kunden begegnet Japans Reedereibranche nun mit einem Paukenschlag. Die drei größten Containerfirmen des Landes – Nippon Yusen („NYK“), Mitsui OSK („MOL“) und Kawasaki Kisen Kaisha („K-Line“) – verkündeten heute, ihr Geschäft zusammenzulegen. Wie das Trio in Tokio erklärte, wird es ab April 2018 seine Flotten unter einem noch unbekannten Namen vereinen. Durch die Skaleneffekte wollen sie jährlich eine Milliarden Euro einsparen.

Lange galten ihre Rivalitäten stärker als der Drang, gemeinsam eine dominierende Rolle auf den Weltmeeren zu spielen – und das, obwohl sie den Firmensitz Tokio teilen und an derselben Börse notiert sind. Zu stolz blickte man auf die historischen Wurzeln. Die Seefahrtslinie MOL war 1872 vom Mutsui-Clan gegründet worden, Wettbewerber NYK 13 Jahre später von der mächtigen Mitsubishi-Familie. Und auch K-Line schaut auf eine fast 100-jährige Geschichte zurück.

Nun aber ist es die Furcht vor dem Untergang, die MOL, NYK und K-Line zu einem radikalen Kurswechsel zwingt. Nicht noch einmal soll es zu einer fahrlässigen Insolvenz wie bei Hanjin kommen. Die koreanische Reederei hätte womöglich gerettet werden können, wäre sie mit der ebenfalls koreanischen Hyundai Merchant Maritime (HMM) fusioniert worden.

Der nun verkündete Zusammenschluss in Japan ordnet die Machtverhältnisse auf den Weltmeeren neu. Durch den künftigen Marktanteil von sieben Prozent entsteht die sechstgrößte Containerlinie, wie der Branchendienst Alphaliner vorrechnet. Mit einer Transportkapazität von 1,47 Millionen Standardcontainern (Teu) liegen die Japaner dann nur noch 5.000 Teu hinter der deutschen Hapag-Lloyd – falls diese sich zum Jahresende mit dem arabischen Wettbewerber UASC vereint.

Den Hamburgern droht dadurch ein Machtverlust: Ab Frühjahr 2017 sticht ihr neu gegründeter Reedereien-Verbund „THE Alliance“ in See, in dem Hapag-Lloyd wegen ihrer Größe die Führungsrolle übernehmen sollte. Die aber werden die Japaner, die ebenfalls künftige Mitglieder der Alliance sind, den Hamburgern nun streitig machen. „Nach der Fusion werden sie dort ein ordentliches Gegengewicht bilden“, erwartet Stefan Blickensdörfer, Experte beim Düsseldorfer Logistikdienstleiter SRTS.

Japans Reeder haben den Zusammenschluss allerdings bitter nötig. Die Überkapazitäten im Frachtverkehr, die schneller wachsen als der Welthandel, hinterlassen in der gesamten Branche tiefrote Zahlen. Besonders hart getroffen ist NYK. Kurz vor der geplanten Ankündigung seiner Halbjahresbilanz senkte das Unternehmen seine Prognose für sein bis Ende März 2017 laufendes Bilanzjahr auf einen Verlust von 2,1 Milliarden Euro. K-Line erwartet ein Minus von 870 Millionen Euro. Etwas optimistischer bleibt die Reederei MOL, die zwar operativ ein Minus schreibt, aber es unter dem Strich gerade noch in die schwarzen Zahlen schaffen will.

Im Joint-Venture werden die Anteile nach Größe verteilt. NYK wird 38 Prozent an der alljapanischen Containerlinie halten, die anderen beiden Partner jeweils 31 Prozent.


Die Fusionswelle baut sich erst noch auf

Für Greg Knowler, Schifffahrtsexperte von IHS Markit, war der Schritt vorhersehbar. Die japanischen Reeder würden zwar in vielen Bereichen bereits kooperieren, erzählt er. „Aber jedem für sich fehlt die Größe, und die ist eine entscheidende Bedingung, um im Ost-West-Handel mit großen Frachtlinien wie Maersk, MSC oder CMA CGM konkurrieren zu können.“

Die Fusionswelle dürfte damit kaum beendet sein. Als nächstes, glaubt Knowler, könnten sich die drei taiwanesischen Reedereien Evergreen, Yang Ming and Wan Hai vereinen. Anfang des Jahres hatten sich schon die chinesischen Container-Riesen Cosco und CSCL zusammengeschlossen, der französische Reederei-Gigant CMA CGM schluckte den Rivalen NOL/APL aus Singapur.

Auch die deutsche Hapag-Lloyd griff im Dezember 2014 nach dem chilenischen Wettbewerber CSAV und soll nun auch noch mit der arabischen UASC vereint werden. Fraglich wird damit zunehmend die Zukunft der Oetker-Reederei Hamburg Süd, bislang weltweit die Nummer acht. Sie verweigerte nicht nur eine Fusion mit Hapag-Lloyd, Hamburg Süd versucht es außerdem ohne einen Allianzpartner.

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