Online-Mode-Händler Zalando leidet unter Wachstumsschmerzen

In Rekordzeit sind die Berliner zu Europas größtem Online-Modehändler aufgestiegen und zum Angstgegner von Schuh- und Modefilialisten avanciert. Doch Zalandos Wunder-Image bekommt Kratzer: Die Zuwachsraten lassen spürbar nach, schwarze Zahlen sind nicht in Sicht. Wie geht Deutschlands größte Internet-Wette aus?

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Die Zalando-Chefs (v.l.) Rubin Ritter, David Schneider, Robert Gentz. Der Onlinehändler macht große Umsatzsprünge - fährt aber auch riesige Verluste ein.

Kein Flagship-Gedöns. Kein Shopping-Chichi. Kein „Schrei vor Glück“. Die ehemalige Fabrik in Berlin-Kreuzberg versprüht den rustikalen Charme eines Warenlagers. In robusten Holzregalen stapeln sich Schuhe, Hosen hängen dicht an dicht. Hier zählt allein die Magie des Rotstifts: Marco-Polo-Shorts gibt’s für 9,95 statt 19,95 Euro, Bench-Jacken kosten 69,95 statt 159,95 Euro.

In dem Outlet verramscht der Online-Händler Zalando seine Ladenhüter, offenbar mit Erfolg. Im Frühjahr öffnet ein zweiter Alles-muss-raus-Shop in einer ehemaligen Kaufhof-Filiale in Frankfurt. Warenhaus weicht Web-Ableger – ausgerechnet Zalando, die Marke, die wie keine zweite zum Symbol geworden ist für den harten Umbruch in der Modebranche, nutzt das stationäre Geschäft als Resterampe.

Milliardenumsätze fließen von Boutiquen und Handelsketten ins Netz ab. Zalando zählt zu den größten Treibern und Gewinnern der Entwicklung. Aus dem Nichts sind die Berliner binnen fünf Jahren zu Europas größtem Online-Fashionhändler aufgestiegen und werden von Internet-Euphorikern und Investoren als eine der großen Online-Erfolgsstorys bejubelt: ein deutscher E-Commerce-Gigant, der in einer Liga mit Amazon und Ebay spielt.

Wettbewerber geraten in Wallung

Seit Zalando Anfang Dezember zu einer Aktiengesellschaft umfirmierte, zeichnet sich der nächste große Schritt ab: der Börsengang. Ende 2014, spätestens Anfang 2015 könnte die Z-Aktie starten, heißt es in Finanzkreisen. Schon operieren Analysten mit teils schwindelerregenden Zahlen und taxieren den Zalando-Wert auf mehr als fünf Milliarden Euro.

Die Geschäftsentwicklung von Zalando

Angesichts solcher Dimensionen geraten Wettbewerber in Wallung: Umsatzschübe schön und gut, am Ende muss der Verkauf von Blusen, BHs und Ballerinas aber auch Geld einbringen. Doch daran hapert es. Seit der Gründung 2008 ziert allein die Trendfarbe Rot die Bilanzen. Das Ganze funktioniere nur, solange Investoren bereit seien, Rückschick-Orgien, Werbewahn und ungehemmte Expansion zu alimentieren, lautet die Dauerkritik der Zalando-Zweifler.

Modemärchen oder Fashion-Flop – was taugt Zalando wirklich? In den kommenden Monaten entscheiden Investoren und Gründer, Wettbewerber und Kunden über den Ausgang der größten Internet-Wette Deutschlands. Das Casting fürs Börsenparkett hat begonnen – wenn auch mit verstolpertem Start.

2013 ist der Verlust auf 100 Millionen Euro gestiegen. Wichtiger noch: Der Umsatz ist nur um 52 Prozent auf 1,76 Milliarden Euro geklettert. An sich ein beeindruckender Wert, doch die Branche hatte rund zwei Milliarden erwartet.

Mehrere Tausend Bestellungen pro Tag

Mit einem fliptop.de getauften Shop für Freizeit-Schlappen starteten die Studienfreunde Robert Gentz und David Schneider Mitte 2008 ins Schuhgeschäft. Vorbild war der US-Anbieter Zappos, der später von Amazon übernommen wurde. Anfangs ließen sich die Gründer noch jede neue Bestellung aufs Handy weiterleiten, um sich rund 15 Mal am Tag am Klang des Erfolgs zu erfreuen. Wenige Monate später legten Gentz und Schneider mit dem eigentlichen Zalando-Shop los und schalteten ihre Telefon-Weiterleitung schnell wieder ab – zu groß war der Andrang.

Heute würden ihre Smartphones mehrere Tausend Mal am Tag klingeln. Rund 15 Millionen Zalando-Kunden in 15 Ländern können aus 150.000 Artikeln wählen, darunter auch Kleidung, Accessoires sowie Heimtextilien wie Bettwäsche und Gardinen. Die Sturm-und-Drang-Ära mit ungestümer Expansion scheint vorüber. Jetzt steht das Upgrade zum Konzern an.

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