Die traditionsreiche Schuhmarke Peter Kaiser aus Pirmasens hat jüngst eine Schuhbörse aufgebaut, über die alle Bestellungen, die im eigenen Online-Shop eingehen, zur Abwicklung an einen stationären Händler in der Nähe des Kunden weitergeleitet werden. „Trotz solcher Ansätze ist uns aber klar, dass Zalando und Amazon die entscheidenden Online-Player sind“, sagt Geschäftsführer Marcus Ewig. „Dem Sog kann sich kaum ein Hersteller mehr entziehen, der nicht die eigene Zukunft riskieren will.“
„Das Konsumverhalten der Kunden hat sich dramatisch verändert“, bilanziert auch Otto Christian Lindemann, Handelsexperte der Beratungsgesellschaft Ebner Stolz. „Zalando hat diesen Trend genutzt und durch Werbung und eine optimierte Bestellabwicklung noch verstärkt.“
"Schrei vor Glück"
Anfangs sorgte das Unternehmen mit einer Flut an TV-Spots dafür, dass die überwiegend junge und weibliche Kundschaft überhaupt auf den Gedanken verfiel, Schuhe im Internet zu ordern.
Inzwischen hat sich der Werbeslogan „Schrei vor Glück“ ins Gedächtnis gebrannt. 95 Prozent aller Deutschen kennen die Marke. Die volle Werbewucht spielt das Unternehmen allerdings im Netz aus. „Kein anderer Modeanbieter ist bei Google ähnlich präsent wie Zalando“, sagt Wolfgang Thomas, Chef der Hamburger Online-Agentur NetzwerkReklame.
Für die WirtschaftsWoche hat der Experte das Online-Marketing der großen Modeshops in Deutschland verglichen. Resultat: Das Web-Aufgebot von Zalando lässt selbst das millionenschwere Engagement von Fashion-Giganten aussehen wie die Handzettelkampagnen örtlicher Nähstübchen. Der sogenannte Sistrix-Wert, ein Maßstab für die Sichtbarkeit einer Web-Seite bei Google, erreicht bei Zalando 154 Punkte, Hennes&Mauritz (H&M) folgt auf Platz zwei mit 10,6 Punkten.
Optimiert für die Google-Suche
Der Abstand ist gewaltig und bedeutet, dass ein Kunde, der bei Google nach Neuware für den Kleiderschrank fahndet, an den Berlinern kaum vorbeikommt. „Jedes einzelne Produktangebot ist für die Google-Suche optimiert, zudem gibt es extrem viele Links von anderen Internet-Seiten auf Zalando“, sagt Thomas. Als noch entscheidender, um Interessenten auf die Seite zu lotsen, gelten sogenannte AdWords. Sucht ein Google-Nutzer etwa nach „Adidas Bikini“ oder „Stiefeletten Größe 39“ erscheinen im Umfeld der Trefferliste Werbeanzeigen von Anbietern, die das Gewünschte liefern. Bei Mode ist fast immer Zalando dabei.
Insgesamt an die 129 000 Suchbegriffe soll der Berliner Großversender direkt bei Google geschaltet haben, H&M kommt nur auf 4700, C&A auf 2300 AdWords. Die Stichwörter versteigert Google an die Meistbietenden. Sobald ein Nutzer auf die Werbung klickt, wird ein Betrag fällig, der je nach Attraktivität des Suchworts von wenigen Cent bis zu mehr als 1,50 Euro pro Seitenabruf reicht. Dafür ist egal, ob die Kunden dann wirklich Bikinis oder Stiefeletten shoppen. Doch Zalando tut alles dafür, dass aus dem Klick auch ein Geschäft wird, und setzt dabei vor allem auf Technik.