Onlinehändler AO aus Großbritannien „Wir sind deutschen Händlern um Jahre voraus“

Onlinehändler aus dem Ausland wollen deutsche Kunden erobern –  auch der britische Waschmaschinenverkäufer AO. Warum deutsche Versandhändler wie Otto oder Redcoon sich in Acht nehmen müssen.

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Vor Typen wie Kevin Monk haben sie gewarnt. Mit aller Macht werden Onlinehändler aus dem Ausland versuchen, auch deutsche Kunden für sich zu gewinnen, predigen Handelsexperten. "Die Gefahr für den deutschen Handel ist der Onlineshop aus dem Nachbarland", sagt Gerrit Heinemann Leiter des eWeb Research Centers und Professor für BWL, Managementlehre und Handel an der Hochschule Niederrhein im Gespräch mit WiWo Online.

Monk, neuer Deutschland-Chef des Online-Händlers AO, wirkt wie der Prototyp dieser Gefahr. Seit 15 Jahren verkauft AO - kurz für Appliances Only - im Vereinigten Königreich Waschmaschinen, Kühlschränke, Musik-Anlagen, Computer und TV-Geräte - ausschließlich über das Netz. Damit ist der Pure-Player ziemlich erfolgreich und zählt unbestritten zu den erfolgreichsten Onlinehändlern der Insel.

So wichtig wird der grenzübergreifende Handel

Vor acht Monaten hat das Unternehmen den Schritt auf den Kontinent gewagt. AO hat seit Oktober 2014 nicht nur eine eingedeutschte Website, sondern beliefert die Kunden auch aus einem eigenen Logistikzentrum. Damit kämpft er gegen Amazon, Otto, Redcoon und Notebooksbilliger um die Kunden. 

Bis 2018, rechnet der europäische Branchenverband EMOTA vor, werden grenzübergreifende Verkäufe 20 Prozent des weiterhin steigenden Onlinehandelsumsatzes in Europa ausmachen: insgesamt 116 Milliarden Euro.

Für Käufer spielt es kaum eine Rolle, ob der Shop nun aus Deutschland oder England stammt, so lange Preis und Lieferkonditionen stimmen. Zudem hat die EU-Kommission im Mai angekündigt, sich für einen europäischen Binnenmarkt stark zu machen, Hürden abzubauen und insbesondere den Umgang mit unterschiedlichen Gesetzen in den einzelnen Mitgliedsländern zu erleichtern.

Wie stark der grenzübergreifende Handel ist

„Der Handel war bislang eine der Branchen, die am lokalsten gedacht hat“, sagt Dirk Homberg vom auf Handelssoftware spezialisierten Unternehmen JDA und intimer Branchenkenner. „Das mag im Lebensmittelhandel funktionieren. Aber für Waren wie Notebooks und Waschmaschinen brauche ich keine Regionalität.“

Niedrige Erwartungen der Kunden

Davon will auch AO profitieren. Warum der Händler seine Expansion in Deutschland startet, ist leicht erklärt: Die Bundesrepublik ist der größte Markt für elektronische Haushaltsgeräte in ganz Europa. Und die Bedeutung des Onlinehandels wächst auch in diesem Segment.

Der Plan, den deutschen Markt zu erobern, läuft gut an, beteuert AO-Chef Kevin Monk. Die Zahl der Kunden steige, ihre Zufriedenheit mit dem Anbieter liegt auf Rekordniveau. Bei seiner Expansion kommt AO zugute, dass sich der deutsche und der britische Käufer sich lediglich in zwei Punkten unterscheiden: An der Energiebilanz eines Kühlschranks ist der Brite offenbar nur mäßig interessiert. „In Deutschland gibt es ein viel höheres Interesse an technischen Daten und Einzelheiten“, sagt Monk.

Entscheidender für den Erfolg ist aber der zweite Unterschied: „Die Erwartungen der Kunden an einen Onlinehändler sind in Deutschland deutlich niedriger“, glaubt Monk. „Vor allem im Bereich des Kundenservices.“ Anders formuliert: Die Deutschen kennen bislang  gar keinen reibungslos funktionierenden Versandhandel.

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