Otto Group Inkasso... find’ ich gut

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Handel mit Daten und Konsummerkmalen

3. Mai 2013: Ich frage bei Otto nach, was mit meinen Daten passiert ist. Wenige Tage später kommt die Antwort: Adress- und Bonitätsdaten seien „ggf. an die Schufa“ und an EOS weitergeleitet worden. Für Marketingzwecke wurden meine Daten zudem an die Otto-Töchter bonprix, Schwab Versand, Baur Versand, SportScheck und die Baur-Marke I’m walking übermittelt. Immerhin, die EOS-Beteiligung Bürgel scheint nichts von meinem Babywaagen-Bezahlrückstand zu wissen. „Bürgel liegen keine Negativinformationen vor“, schreibt mir die Auskunftei und stuft die Wahrscheinlichkeit, dass ich Rechnungen begleiche, mit 95,9 Prozent ein. Allerdings durfte sich der Adresshändler Schober über meinen Datensatz aus dem Hause Otto freuen.

Die Beziehungen zwischen EOS und Schober mit Sitz in Ditzingen bei Stuttgart sind eng. Gemeinsam betreiben die Unternehmen das Joint Venture Schober Direct Media, das laut Selbstdarstellung über „eine der umfangreichsten Haushaltsdatenbanken Deutschlands“ verfügt.

Schober ist einer der größten Anbieter für Dialogmarketing. Hinter dem Wort verbirgt sich der schwunghafte Handel mit Daten und Konsummerkmalen von Verbrauchern. Im Klartext: Die Adressen von Kunden, die bei Otto Accessoires oder Anzüge ordern, können andere Unternehmen bei Schober für ihre Werbesendungen kaufen. 50 Millionen Privatanschriften können Unternehmen, die nach potenziellen Neukunden fahnden, online durchforsten und nach Dutzenden Zusatzmerkmalen wie Altersgruppen, Geschlecht, Haushaltsgröße und Kaufkraft sortieren.

Ob EOS und Schober auf lange Sicht weiter eng zusammenarbeiten werden, ist fraglich. Während Online-Werbung boomt, hat das Interesse an Postadressen nachgelassen. EOS verdiene mit „Marketinginformationen zwar noch Geld“, sagt Scherer, der Bereich sei aber „nicht das große Zukunftsgeschäft der EOS-Gruppe“.

Entscheidend bleibt der Inkassomarkt, wo neue Wettbewerber den Platzhirschen EOS angreifen. Die Branche habe sich professionalisiert und industrialisiert, sagt Kay Uwe Berg, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen. Kleinere Anbieter werden geschluckt, weltweit agierende Inkassokonzerne entstehen. So hat Ende April die Bertelsmann-Tochter Arvato den norwegischen Inkassospezialisten Gothia Financial übernommen. Kurz zuvor hatte wiederum EOS den Inkassodienstleister SAF Forderungsmanagement von der Deutschen Telekom gekauft. Teil des Deals: Im Laufe der kommenden Jahre darf die Otto-Tochter nun einen Großteil der Telekom-Forderungen eintreiben.

14. Mai 2013: Der Hauck Shopper Sport 2011, ein Buggy-Kinderwagen für 59,99 Euro, soll es sein – gefunden auf Otto.de. Ich packe das Gefährt in den virtuellen Warenkorb, klicke auf das Kassensymbol und tippe Benutzernamen und Passwort in die Anmeldemaske. Statt der Bestellbestätigung leuchtet in roten Lettern eine Warnung auf: „Ihr Kundenkonto wurde an die Firma EOS Deutscher Inkasso-Dienst GmbH abgetreten. Wir können daher Ihren Bestellwunsch nicht mehr entgegennehmen.“ Im Klartext: Das Unternehmen hat mich rausgeschmissen, ein virtuelles Hausverbot verhängt. Otto findet mich nicht mehr gut.

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