Outdoormode Was Salewa besser als Jack Wolfskin macht

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Größe und Glaubwürdigkeit

Auch The North Face, der zum US-Multi VF Corporation gehört, bietet seine warmen Winterjacken in Deutschland inzwischen schon beim Modekaufhaus Peek & Cloppenburg feil. Im Geschäftsjahr 2015 setzte der Konzern mit der einst vom Hippiekletterer Doug Tompkins gegründeten Marke 2,3 Milliarden Dollar um. Ob es allerdings gelingt, im laufenden Jahr die angepeilten 3,3 Milliarden zu erreichen, ist fraglich. Die Marke verliert, je breiter sie sich verkauft, offenbar an Zugkraft.

Das sind Europas größte Modekonzerne
Platz 10: CalzedoniaDie Fachzeitschrift „TextilWirtschaft“ untersucht jedes Jahr die Umsätze der größten europäischen Bekleidungshersteller. Die Analyse zeigt: Der Markt steht vor großen Herausforderungen. Zwar konnten die meisten Konzerne wie zum Beispiel Calzedonia wachsen, doch die Krise in Russland und der Ukraine dürfte sich früher oder später in den Bilanzen niederschlagen.Umsatz 2013: 1,60 Milliarden EuroUmsatz 2014: 1,85 Milliarden EuroVeränderung: + 15,4 Prozent Quelle: imago images
Platz 9: Georgio Armani1975 gründete Georgio Armani das Modelabel Armani. Mittlerweile gehört der Konzern zu den Größten der Modebranche. Für Armani arbeiten rund 6500 Menschen. Neben Kleidungsstücken vertreibt Armani außerdem Home-Artikel und Parfüms. Seit 2002 verkauft der Konzern auch Konfiserie-Artikel sowie verschiedene Honig- und Marmeladensorten. Acht Jahre später entstand im Burj Khalifa in Dubai das erste Hotel im Armani-Stil.Umsatz 2013: 1,75 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,00 Milliarden EuroVeränderung: + 14,2 Prozent Quelle: REUTERS
Platz 8: EspritEhemals etablierte Marken sind zu teuren Restrukturierungen gezwungen. So muss sich Esprit auf die Ansprüche der Kunden im digitalen Zeitalter einstellen, heißt es in der Studie von „TextilWirtschaft“. Auch Gerry Weber ist davon betroffen. Darüber hinaus leiden die Modekonzerne auch unter dem starken Dollar, der die Beschaffung verteuert. Esprit trifft es besonders hart. Bei keinem anderen Modekonzern in den Top-20 ist der Umsatz derart stark geschmolzen.Umsatz 2013: 2,35 Milliarden Euro *Umsatz 2014: 2,10 Milliarden Euro**Veränderung: - 10,7 Prozent*Geschäftsjahr 2013/14**Geschäftsjahr 2014/2015 Quelle: REUTERS
Platz 7: KeringDas französisch-italienische Modeunternehmen Kering dürften nur den Wenigsten bekannt sein. Doch mit Labels wie Puma oder Gucci erreicht der Konzern ansehnlich Umsätze. 2014 konnte Kering seinen Umsatz um knapp zwölf Prozent erhöhen.Umsatz 2013: 2,13 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,38 Milliarden EuroVeränderung: + 11,6 Prozent Quelle: REUTERS
Platz 6: Hugo BossDie Edelmarke Hugo Boss ist das zweitgrößte Modeunternehmen Deutschlands. Gegründet wurde es 1924 in Metzingen durch Hugo Ferdinand Boss. Ursprünglich stellte Hugo Boss Berufskleidung her. Unrühmlich ist die Vergangenheit des Konzerns. Im Zweiten Weltkrieg stellte der Konzern die Uniformen für SA, SS und die Wehrmacht her. Dafür wurden unter anderem Zwangsarbeiter aus West- und Osteuropa eingesetzt. Erst nach dem Krieg und dem Tod des Gründers 1948 wurde Hugo Boss zum Modekonzern. Unter der Leitung von Hugo Ferdinand Boss' Schwiegersohn Eugen Holy begann das Unternehmen damit, Herrenanzüge herzustellen.Umsatz 2013: 2,43 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,57 Milliarden EuroVeränderung: + 5,8 Prozent Quelle: dpa
Platz 5: Tommy HilfigerModedesigner Tommy Hilfiger rief 1984 in New York sein eigenes Modelabel ins Leben. Dass der Konzern im Ranking europäischer Modekonzerne gelistet ist, hat er seinem Firmensitz zu verdanken. Tommy Hilfiger sitzt seit 1997 in Amsterdam. 13 Jahre später wurde das Unternehmen durch den US-Konzern Phillips-Van Heusen übernommen.Umsatz 2013: 2,56 Milliarden Euro*Umsatz 2014: 2,70 Milliarden Euro*Veränderung: + 5,3 Prozent*Geschäftsjahr 2013/14**Geschäftsjahr 2014/15 Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 4: Christian DiorDirekt nach dem Krieg gegründet, trug Christian Dior maßgeblich dazu bei, dass sich Paris als Modehauptstadt der Welt etablieren konnte. Insgesamt beschäftigt das Unternehmenskonglomerat über 100.000 Mitarbeiter. Für die Modesparte von Dior arbeiten knapp 3600 Menschen.Umsatz 2013: 2,26 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,70 Milliarden EuroVeränderung: + 19,6 Prozent Quelle: dpa

Das kennt man auch bei Mammut, einer Schweizer Kernmarke der Szene. Dort sorgte im vergangenen Herbst für Aufregung, dass der Konzern seine Seilfabrikation schloss. Arbeiter montierten die Maschinen am Stammsitz in Seon im Kanton Aargau ab und bauten sie im Auftrag des österreichischen Käufers in Tschechien wieder auf, der niedrigeren Löhne wegen. Dabei war die Seilerei einst das Kerngeschäft von Mammut, das heute von der Mütze über die Jacke bis zu Schuhen und Eispickeln alles für den Bergsport anbietet und lange Zeit erfolgreich war. Zuletzt aber musste Vorstandschef Rolf Schmid gehen. Zukunft? Ungewiss.

Bei Salewa in Bozen und auch am zweiten Standort in Aschheim bei München, wo die Entwickler an Rucksäcken, Schlafsäcken und Zelten tüfteln, hat man sehr genau registriert, wie die Schweizer Federn ließen. Größe, und das unterscheidet die Branche von den meisten anderen Wirtschaftszweigen, kann in diesem Fall schnell etwas Negatives bekommen, weil sie meist auf Kosten der Glaubwürdigkeit in den Spezialnischen geht: „Diese Industrie ist sehr stark durch Individualisierung geprägt“, sagt Andreas Bartmann, Geschäftsführer bei Europas größtem Outdoorkaufhaus Globetrotter, „die Kunden wollen sich mit Marken präsentieren, die für ihre Community und ihr Umfeld stehen. Sie zeigen mit ihrer Markenwahl ihre Zugehörigkeit.“

Größe – oder Glaubwürdigkeit

Oben am Hochgernhaus liegt hoch der Schnee. Auf der schmalen Terrasse hat sich Chris Mannel inzwischen in die Sonne gesetzt. Fast zum Greifen nahe ragt im Süden der Wilde Kaiser empor. Doch bevor er seinen Hunger stillt, zuppelt er noch am Reißverschluss seiner Jacke herum, stellt fest, dass sein Unterziehshirt trocken geblieben ist: „Prima, das funktioniert.“

Wandern ist wieder sexy

Bei Salewa haben sie den Konflikt zwischen Größe und Glaubwürdigkeit erkannt und eine Entscheidung getroffen: „Wir sind der größte unter den Kleinen“, sagt Mannel, „aber der kleinste unter den Großen – wir wollen nicht um jeden Preis wachsen.“

Darum will Salewa etwa die Kollektion drastisch eindampfen. Sechs von zehn Teilen nehmen sie raus, Ende 2017, sagt Mannel, sei die gesamte Kollektion um 60 Prozent kleiner als noch vor zwei Jahren. Und stets lassen sie weniger Ware herstellen, als die Händler ordern. Was noch Gnade findet in der Kollektion soll entweder besonders funktional sein. Oder dolomitisch-eigen – im Herbst will Salewa Jacken in die Läden bringen, die statt mit Kunstfasern mit der Wolle von Tiroler Bergschafen gefüttert sind. „Die Kunden haben doch schon fast alles“, sagt Mannel, „in Wahrheit braucht da draußen doch niemand noch eine vierte Softshelljacke.“



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