Outlet-Center Städte hoffen auf die Schnäppchen-Paradiese

Viele Städte wollen mit Outlet-Centern die heimische Wirtschaft ankurbeln. Im Bergischen machen sich Nachbarstädte Konkurrenz. In Duisburg soll der größte Fabrikverkauf Deutschlands entstehen. Experten sind skeptisch.

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Auf dem ehemaligen Güterbahnhof-Areal in Duisburg soll ein Designer-Outlet-Center entstehen. Quelle: dpa

Duisburg Es ist ein erbitterter Kampf, den zahlreiche Städte und Gemeinden in Deutschland untereinander ausfechten. So etwa im Bergischen Land und im Ruhrgebiet. Dort sind derzeit gleich mehrere Outlet-Center in Planung.

Im City Outlet in Wuppertal entstehen 150 Läden mit 30.000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Ende des Jahres sollen die ersten 65 Shops mit 10.000 Quadratmetern eröffnen. Das Designer Outlet Remscheid soll bis zu 130 Shops mit 20.000 Quadratmetern geben. Die Eröffnung ist für Ende 2017 anvisiert. In Solingen stocken die Pläne für ein „Urban Outlet“. In Duisburg soll nun der deutschlandweit größte Fabrikverkauf entstehen.

Outlets gelten für Bürgermeister, Stadtentwickler und Investoren als Ausweg. Im Kampf gegen sinkende Umsätze in stationären Geschäften durch den boomenden Online-Handel gelten die Schnäppchen-Paradiese als Trumpfkarte. „Wir sehen da einen Boom“, sagt Marco Atzberger, Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts EHI.

Denn angesichts zurückgehender Einnahmen in vielen Innenstädten wecken Fabrikverkaufszentren Hoffnungen auf neue Arbeitsplätze und Umsätze auch über die Stadtgrenzen hinaus – und damit auf steigende Steuereinnahmen.

Gestartet als Fabrikverkauf, in dem B-Ware und Teile aus der Vorjahreskollektion verramscht wurden, hat sich der Vertrieb über Outlets bei auch vielen Firmen zum dritten Absatzkanal neben dem normalen und dem Onlinegeschäft gemausert.

Adidas etwa betrieb Ende vergangenen Jahres 851 sogenannte Factory Outlets – überall, nur nicht in den tatsächlichen Fabriken in Fernost. Der Sportartikelhersteller erzielte damit 2014 einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro, gut zehn Prozent von den gesamten Erlösen des Konzerns.

Die Sorgen um die Innenstädte, die noch bis vor Jahren in den Rathäusern der Republik vorherrschten, gehören in zahlreichen Städten und Gemeinden mittlerweile der Vergangenheit an, sagt Handelsforscher Atzberger. „Negative Konsequenzen werden in Kauf genommen. „Outlets sollen zum Rettungsanker werden, wenn der eigene Einzelhandel nicht mehr läuft“, pflichtet ihm auch Experte Joachim Stumpf von der Handelsberatung BBE bei.


„Die Leute müssen in ein Urlaubsgefühl versetzt werden“

Neben dem Versprechen auf billige Preise können die neuen Outlet-Center nach Einschätzung der Fachleute vor allem als touristische Ausflugsziele punkten. „Die Leute müssen in ein Urlaubsgefühl versetzt werden“, meint Joachim Will vom Wiesbadener Planungsbüro Ecostra. Will hat im Auftrag des Berliner Grundstückseigentümers Krieger die Planungen für Deutschlands größtes Outlet-Center auf einem ehemaligen Güterbahngelände in Duisburg begutachtet. Auf einer Sitzung am Mittwoch hat der Rat der Stadt nun mit breiter Mehrheit dem Großprojekt mit einer geplanten Verkaufsfläche von bis zu 30.000 Quadratmetern zugestimmt.

Betreiber des Outlets soll die spanische Neinver-Gruppe werden, die zu den größten Outlet-Betreibern in Europa gehört. Zwischen 140 und 175 Läden sollen in einer Bebauung im „Village Stil“ mit kleinen Plätzen und nachempfundenen Gassen vor allem Mode, Sportartikel und Schuhe anbieten.

Wuppertal, Remscheid, Solingen und Duisburg – vor allem im bevölkerungsreichen Bundesland Nordrhein-Westfalen laufen derzeit Planungen für Outlet-Centren auf Hochtouren. „Wir sehen derzeit einen hektischen Wettlauf der Kommunen“, sagt Atzberger. Neidisch blicken viele Politiker etwa auf den Erfolg des Outlet-Centers im niederländischen Roermond, das wegen seiner grenznahen Lage nach Einschätzung von Beobachtern von vielen deutschen Kunden besucht wird.

Doch im Bergischen wie auch in Duisburg spalten die Bau-Projekte heute schon Gegner wie Befürworter. „Das Einwohner-und Kaufkraftpotenzial ist sensationell“, sagt Will angesichts der Lage des geplanten Centers in einem der größten Ballungsräume Europas. Was die Mehrheit der Outlet-Projekte eint, ist die zentrale Lage: eine fußläufige Entfernung zum Bahnhof und eine direkte Anbindung an eine stark befahrene Autobahn.

Wilhelm Bommann vom Einzelhandelsverband Niederrhein sieht die Innenstadt am Beispiel Duisburg in akuter Gefahr, wenn die Pläne umgesetzt werden sollten. Ob die Kunden des neuen Outlet-Centers den rund 2,5 Kilometer langen Weg in die Duisburger Fußgängerzone in Kauf nehmen würden, sei durchaus zweifelhaft, meint er. „Einkaufen, Einpacken, Davonbrausen“, beschreibt er ein mögliches Szenario. Das Nachsehen hätte der stationäre Einzelhandel. Das Schicksal der Ruhrgebietsstadt könnte auch die bergischen Großstädte ereilen.

Auch Handelsexperte Stumpf macht den örtlichen Einzelhändlern nur wenig Hoffnung. „Jeder Cent, der dort ausgegeben wird, fehlt anderswo“, sagt er. Kundenströme werden umgeleitet, heißt es Brancheninsidern zufolge. Ein Rettungsanker für finanziell notleidende Städte wie Wuppertal, Remscheid, Solingen oder Duisburg sieht anders aus.

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