Paul Polman Wie der Unilever-Chef die Welt retten will

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An Einsparungen führt kein Weg vorbei

Die Ertragsentwicklung bei Unilever war im ersten Halbjahr verhalten. Woran liegt das?

Uns hat die Wechselkursentwicklung in Schwellenländern wie etwa Indien geschadet. Die Rupie hat gegenüber dem Euro rund 20 Prozent eingebüßt. Da wir in Euro bilanzieren, sah es nicht so gut aus. Wir sind aber langfristig in diesen Ländern engagiert und verfallen daher nicht in Panik.

Es gibt also keinen Bedarf für weitere Kostensenkungen?

Die muss man immer machen. In Europa und den USA haben die Verbraucher weniger verfügbares Einkommen, die Regierungen bürden uns höhere Kosten auf, das Wachstum in diesen Ländern ist schwach. Ja, wir müssen dort die Kosten reduzieren und unsere Belegschaft verringern. Es wird aber kein konzernweites Restrukturierungsprogramm geben.

Sie haben angekündigt, den Umsatz bis 2020 zu verdoppeln. Glauben Sie daran?

Vorsicht! Wir haben nie ein Datum genannt. Wenn wir sagen, dass wir den Umsatz verdoppeln wollen, dann ist das mehr der Hinweis auf unsere Grundeinstellung als ein Ziel. Wir haben unseren Umsatz schon um 25 Prozent erhöht...

...in vier Jahren.

Natürlich würden wir lieber den Umsatz in 10 statt in 15 Jahren verdoppeln. Und es wäre schön, wenn das noch in meiner Amtszeit gelänge. Unilever hatte von 2001 bis 2004 eine Phase des Niedergangs, in der die Erlöse von 52 auf 37 Milliarden Euro fielen. Bei meinem Amtsantritt im Januar 2009 habe ich gesagt, es gibt keinen Grund, warum wir unseren Umsatz nicht verdoppeln können, wir müssen wieder eine Wachstumsmentalität entwickeln. Wir haben dann in den vergangenen vier Jahren mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz draufgepackt – das ist fast das Geschäftsvolumen des Waschmittelherstellers Henkel. Dieses gesamte Wachstum kam aus Entwicklungs- und Schwellenländern.

Aber ohne Zukäufe wird die Verdopplung trotzdem kaum machbar sein.

95 Prozent des Unilever-Wachstums ist organisch. Wir haben einige Zukäufe gemacht, aber auch Bereiche verkauft, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehören. Die Gewerkschaften sind darüber unglücklich, klar. Aber nur so können wir überleben.

Unilever macht heute rund 55 Prozent des Umsatzes in Schwellenländern. Bis 2020 sollen es 75 Prozent sein. Ist das nicht eine riskante Strategie?

Als die Wirtschaft in Brasilien oder Indien stark wuchs, sagten alle: Es ist ein großes Plus für Unilever, dort präsent zu sein. Als dann die Konjunktur und die Währungen in diesen Ländern schwächelten, ging das Geschrei los: Es ist ein großer Nachteil, dass Unilever in diesen Märkten so stark ist. 80 Prozent der Weltbevölkerung werden künftig in Schwellenländern leben. Die Europäer haben sich nun mal entschieden, sich nicht mehr fortzupflanzen.

In Deutschland liefern sich Markenartikler wie Nestlé, Danone oder Henkel sowie Handelskonzerne wie Rewe, Edeka oder Aldi mit ihren Eigenmarken einen erbitterten Kampf. Wie reagiert Unilever?

Wir müssen neue, innovative Produkte auf den Markt bringen, die nicht so schnell kopierbar sind. Sehr gut laufen zum Beispiel die sogenannten Compressed Deos, die wir zu Beginn des Jahres unter den Marken Dove und Rexona eingeführt haben.

Und die was können?

Sie sind mit einem grünen Streifen gekennzeichnet und halten bei einer kleineren Verpackungsgröße von 75 Millilitern – und damit rund 20 Prozent weniger Verpackungsmüll – genauso lange wie die bisher erhältlichen 150-Milliliter-Sprays. Und das zum gleichen Verkaufspreis.

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