Paul Polman Wie der Unilever-Chef die Welt retten will

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Weltverbesserer und Aktionäre

Im November 2010 haben Sie mit dem Unilever Sustainable Living Plan (USLP) einen Zehn-Jahres-Masterplan für nachhaltiges Wachstum gestartet. Wie klappt es mit der Umsetzung?

Lassen Sie mich zunächst erklären, worum es bei unserem Fokus auf Klimawandel, Ernährungssicherheit sowie Wasser- und Sanitärversorgung geht. Die Welt ist aus der Balance geraten: Einige konsumieren zu viel, andere können gar nicht teilhaben. Das begünstigt Bürgerproteste wie wir sie in Brasilien oder in der Occupy-Bewegung gesehen haben. Wir wollen mit unserem nachhaltigen Geschäftsmodell zeigen, dass man es ganz anders machen kann.

Und wie genau?

Wir wollen den Umsatz verdoppeln, gleichzeitig aber schädigende Folgen unseres Geschäfts auf die Umwelt reduzieren und unseren Beitrag zu einer positiven gesellschaftlichen Entwicklung erhöhen. Wir wollen den Zusammenhang zwischen Wachstum und den normalerweise steigenden negativen Auswirkungen auf die Umwelt entkoppeln. Wir übernehmen die Verantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette vom Bauern bis zum Konsumenten. Die meisten Unternehmen beginnen erst bei der Produktion im eigenen Haus, auf die Umwelteinflüsse zu achten.

Aktien-Info Unilever. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Wo steht Unilever bei den USLP-Zielen?

2010 bezogen wir nur 14 Prozent unserer landwirtschaftlichen Rohstoffe aus nachhaltigem Anbau, jetzt sind wir schon bei 48 Prozent. Bis 2020 sollen es 100 Prozent sein. Unilever hat 303 Millionen Menschen geholfen, ihre Gesundheit mit Handwasch-Kampagnen, Trinkwasseraufbereitung und Mundhygiene-Initiativen zu verbessern, während es 2010 nur 52 Millionen waren. Unser Ziel sind eine Milliarde Menschen. 75 Prozent unserer Fabriken produzieren heute keinen Abfall mehr. In ganz Europa verwenden wir nur noch umweltfreundliche Energiequellen.

Sie verbessern also die Welt. Das klingt gut. An der Börse zählen aber vor allem harte Fakten – was sagen die Aktionäre?

Diese Bemühungen haben sich nicht zum Nachteil ausgewirkt. Unser Umsatz ist von 2009 bis 2013 um 25 Prozent gewachsen, unsere Gewinne nehmen zu, unser Aktienkurs hat sich verdoppelt. Der Plan hilft uns, Geld zu sparen, Risiken zu minimieren und Innovationen voranzutreiben. Jetzt nutzen wir die Größe von Unilever – weltweit verwenden rund zwei Milliarden Konsumenten unsere Produkte jeden Tag, man findet sie in sieben von zehn Haushalten –, um einen echten Wandel anzustoßen.

Die Weltbevölkerung wächst, die Agrarflächen schwinden. Steuern wir weltweit auf eine Lebensmittelknappheit zu?

Die Flächen verschwinden nicht, wir zerstören sie. Weltweit haben wir inzwischen 1,2 Milliarden Hektar an verödeten Böden. Die könnte man wieder für die Landwirtschaft nutzbar machen und so weitere 300 Millionen Menschen ernähren. In den kommenden 30 Jahren wird die Weltbevölkerung um 1,7 Milliarden Menschen wachsen, die Mittelschichten jedes Jahr um etwa 160 Millionen Menschen. Wir werden etwa 70 Prozent mehr Nahrungsmittel produzieren müssen wegen der steigenden Geburtenraten und um die Ansprüche derjenigen zu befriedigen, deren Essgewohnheiten sich mit einem wachsenden Lebensstandard ändern.

Was kann man dagegen tun, dass knapp eine Milliarde Menschen hungert?

Der Club of Rome hat gesagt, wir können nicht genug Essen für alle produzieren. Ich bin anderer Meinung. Man benötigt nur 80 Milliarden Dollar. Das Problem lässt sich lösen, indem man die Verschwendung abbaut, sowohl auf den Transportwegen als auch durch unverhältnismäßige Mindesthaltbarkeitsdaten. Wir verschwenden heute etwa 30 bis 40 Prozent aller Lebensmittel, das kostet die Welt 750 Milliarden Dollar. Gleichzeitig müssen wir unsere Essgewohnheiten ändern. So wird aus Knappheit Überfluss.

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