Pick'n Pay-Aufseher „Ich hoffe nicht, dass Aldi und Lidl kommen“

Der südafrikanische Supermarkt-Unternehmer Gareth Ackerman sieht in Afrika Chancen für deutsche Anleger – und für den Mittelstand. Er warnt jedoch davor, auf dem Kontinent innerhalb weniger Jahre Profit machen zu wollen.

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Der Sohn des Gründers im Handelsblatt-Interview. Quelle: Reuters

Kapstadt Gareth Ackermann ist der Sohn des Pick n Pay-Gründers Raymond Ackerman, der einer der Handelspioniere des Landes ist. Gareth Ackerman beaufsichtigt für die Familie die Geschicke des börsennotierten Händlers. Zudem ist er seit Jahren stark in der internationalen Branchenorganisation CGF engagiert. Der Lohn: In dieser Woche treffen sich 800 Teilnehmer in Ackermans Heimatstadt.

Herr Ackerman, Sie haben es geschafft, das Jahrestreffen des Konsumgüterforums nach Südafrika zu bringen. Ein interessanter Zeitpunkt: Die großen Hoffnungen für Afrika erfahren gerade einen Dämpfer…
Es ist wichtig, dass das Treffen hier stattfindet, um zu zeigen, welche Chancen es hier gibt. Zuletzt hat der Verfall der Rohstoffpreise das Wachstum sicherlich gedrückt. Aber Afrika bleibt die letzte ungenutzte Chance für viele. Etliche afrikanische Volkswirtschaften gehören immer noch zu den am stärksten wachsenden der Welt – sicherlich von einer niedrigen Basis.
Was ist Ihr Eindruck von der Stimmung unter den globalen Spitzenmanagern für Afrika?
Offensichtlich sind sie interessiert, sonst wären sie nicht hier. Afrika mit 1,2 Milliarden Menschen ist die letzte ungenutzte große Wachstumschance. In vielen Ländern entsteht eine Mittelschicht, die Technologien überspringt: etwa direkt zu Mobilfunk und Tablet-Computers ohne den Weg über Festnetz und PC. Das macht es möglich, die Konsumenten zu geringeren Kosten zu erreichen als in anderen Teilen der Welt. Zugleich sind den Konsumenten die großen Weltmarken sehr bewusst – auch wenn sie sie sich oft nicht leisten können.

Gibt es auch Chancen für Mittelständler – etwa als Hersteller vor Ort?
Wir als Pick‘n Pay ermutigen kleinere Unternehmen zu investieren – auch als Lieferanten für unsere Eigenmarken. Doch wer hierherkommt, muss den Markt verstehen. Es geht um langfristige Investitionen. Man wird in Afrika keinen schnellen Profit machen. Wir reden von zehn bis 20 Jahren. Wer einen Zeithorizont von drei bis vier Jahren hat, wird es nicht schaffen. Deshalb beginnen viele Hersteller als Importeure, um erst einmal ihre Marke zu testen, bevor sie Vor-Ort-Produktion aufbauen. Dazu kommen die Infrastrukturprobleme: Es gibt zu wenig Straßen, Strom und Wasser. Und viele Grenzkontrollen dauern sehr lang. Der Kontinent ist komplex: Afrika hat 54 Länder, jedes ist unterschiedlich – bis hin zum Rechtssystem.

Sie wollen in Nigeria Supermärkte eröffnen. In welchen Zeiträumen planen Sie denn selbst?
Wir analysieren den Markt seit zwei Jahren. Kürzlich haben wir ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem lokalen Partner geschlossen. Jetzt wird es ein weiteres Jahr dauern bis zur ersten Eröffnung. In einige Länder gehen wir allein, in andere lieber mit Partnern.

Ab wann glauben sie, dort Geld zu verdienen?
Wir werden sicherlich einige Jahre keine Gewinne machen. Wir brauchen zugleich genug Läden, um einen kritische Masse zu erreichen, um Gewinne zu machen. Erst die nächste Generation im Unternehmen wird die Gewinne daraus einfahren.


„Einzelhandel in Afrika ist anders“

Ihr südafrikanischer Konkurrent Woolworths hat sich aus Nigeria wieder zurückgezogen. Was wollen Sie besser machen?
Wir machen etwas ganz anderes. Sie hatten Bekleidungsläden, wir Supermärkte. Sie haben einen Alleingang gemacht, wir haben einen lokalen nigerianischen Partner.

Welches Risiko nehmen Sie dafür in Kauf? Der südafrikanische Mobilfunker MTN musste wegen nicht registrierter SIM-Karten eine Milliarden-Dollar-Strafe in Nigeria zahlen. Drohen Ihnen ähnliche unkalkulierbare Risiken von Staatsseite?
Das waren sehr andere Probleme. Ich glaube nicht, dass sie damals alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt haben. Uns hilft in solchen Fragen wieder der lokale Partner, der sich mit all diesen Dingen bestens auskennt. Zudem ist das Risiko relativ zu unseren Gesamtinvestitionen gesehen relativ klein.

Sie haben diese Woche angekündigt, Ihre Aktienstruktur zu ändern, um attraktiver für Anleger zu werden. Ist das auch ein Titel für Deutsche und andere Europäer, die an der Entwicklung in Afrika teilhaben wollen?
Auf jeden Fall. Wir sind schon jetzt in sechs Ländern außerhalb Südafrikas. Nächstes Jahr eröffnen wir auch in Ghana, dann in Nigeria. Allerdings ist der Gewinnanteil aus dem Geschäft außerhalb Südafrikas noch klein.

Glauben Sie, dass Aldi und Lidl eines Tages nach Südafrika kommen werden?
Ich hoffe nicht. Aber ich denke, Aldi und Lidl sind sehr erfolgreich in der entwickelten Welt. Einzelhandel in Afrika ist anders – allein schon wegen der völlig anderen Bevölkerung. Falls sie hierherkommen, müssen sie viel lernen. Ein weiterer Grund für den Erfolg von Aldi und Lidl in vielen Märkten ist, dass dort die Supermärkte hohe Margen aufschlagen. Hier in Südafrika sind diese Margen ziemlich niedrig. Das macht den Markteintritt schwerer. Aber wir beobachten, was sie weltweit machen.

Es gibt viele informelle selbstständige Händler in Südafrika, die sogenannten Spaza-Shops. Glauben Sie, dass deren Anteil abnimmt?
Es gibt eine steigende Formalisierung. Am unteren Ende des Marktes gibt es immer mehr Franchise-Lösungen. Die selbstständigen Läden kaufen zudem immer öfter in den Großhandelsmärkten der großen Händler ein. Wir arbeiten selbst mit diesen kleinen Shops zusammen und helfen ihnen, sich zu modernisieren.

Wie machen Sie das?
Wir haben ein Franchise-Modell, damit diese Läden formaler werden – mit Training, Geld für Renovierungen und so weiter. Das ist noch im Test-Modus – wir schauen, wie es klappt.

Nutzen diese Partner dann Ihre Supermarkt-Logos?
Nein, aber sie haben unsere Eigenmarken im Laden.
Herr Ackerman, vielen Dank für das Interview.

Gareth Ackerman ist Chairman der Supermarktkette Pick n Pay mit 1410 Filialen in sechs afrikanischen Ländern, 60.000 Mitarbeitern und umgerechnet 4,2 Milliarden Euro Umsatz. Er ist Sohn des südafrikanischen Supermarkt-Pioniers Raymond Ackerman, der die Kette 1967 gegründet hat. Pick'n Pay ist börsennotiert, die Stimmenmehrheit hält aber die Familie.

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